Liverpools Transfer-Blamagen: Wie konnte Jürgen Klopp die Rennen um Moisés Caicedo UND Roméo Lavia gegen Chelsea verlieren?!

Kurz nach dem Spiel an der Stamford Bridge gegen den FC Chelsea (1:1) am Sonntag erfuhr Liverpools Trainer Jürgen Klopp, dass sein Chelsea-Kollege noch einige Spieler holen möchte, bevor das Transferfenster geschlossen wird. Der Ex-BVB-Trainer erklärte: "Das ist es, was jeder Chelsea-Trainer will und normalerweise bekommen sie die dann auch." Die Medien verpackten Klopps Antwort als Stichelei gegen die Blues, was nicht gerade überraschte.

Die beispiellose Höhe an Transferausgaben des FC Chelsea seit dem Sommer 2022 und dem Wechsel der Klub-Eigentümer bringt die gesamte Fußballwelt gegen die Blues auf - inklusive Klopp und Liverpool.

Chelseas Transfer-Ausgaben seit Sommer 2022

TransferfensterAusgaben ChelseaAusgaben Liverpool

Sommer 2022

282 Mio. Euro

95,3 Millionen Euro

Winter 2023

329,5 Mio. Euro

42 Millionen Euro

Sommer 2023

323 Mio. Euro (bisher)

383 Mio. Euro (mit Lavia)

127 Millionen Euro

Insgesamt bisher

934,5 Mio. Euro

264,3 Millionen Euro

Im gleichen Zeitraum nahmen die Blues "nur" 322,7 Millionen Euro ein. Das ergibt ein Minus von 611,8 Millionen Euro. Wenn demnächst die Verpflichtung von Roméo Lavia vom FC Southampton offiziell gemacht wird, kommen weitere rund 60 Millionen Euro dazu - als wäre es nichts. Und fast wäre es auch noch Michael Olise für 41 Millionen Euro von Crystal Palace geworden. Die Namen, die der Klub nach Westlondon holt, sind den meisten Fans weltweit dabei nicht mal ein Begriff.

Zwei Talente entschieden sich zuletzt für die Blues, obwohl sie auch zu Liverpool hätten gehen können: Erst Moisés Caicedo, mit dessen Klub Brighton die Reds bereits einig waren, und dann auch noch Roméo Lavia.

Wie konnte es so weit kommen, dass der FC Liverpool bei jungen Spielern als weniger attraktives Ziel als der FC Chelsea gilt?

  • Jurgen Klopp Liverpool 2022-23Getty Images

    FC Liverpool: Ein peinliches Chaos

    Es ist keine Schande, von Chelsea überboten zu werden. Es ist schwer, einen Verein zu übertrumpfen, der nicht nur übermäßig viel Geld für Spieler bezahlt, sondern ihnen auch lächerlich lange und lukrative Verträge anbietet. Wie jeder Berater bestätigen wird, ist die Höhe des angebotenen Gehalts meist der entscheidende Faktor für den Abschluss eines Deals.

    Chelsea hat Liverpool zwar daran gehindert, das Problem im defensiven Mittelfeld zu lösen, aber die Blues haben es nicht verursacht. Jamie Carragher und Alan Shearer haben die Ereignisse der letzten Tage aus Liverpooler Sicht zurecht als "peinlich" bezeichnet, denn die Reds haben den Schlamassel selbst verursacht.

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  • Alexis Mac Allister LiverpoolGetty

    FC Liverpool: Vielversprechender Start

    Das ist schockierend, wenn man bedenkt, wie gut die längst überfällige Erneuerung des Mittelfelds begonnen hatte. Liverpool hatte bis Ende Juni sowohl den Deal für Alexis Mac Allister (für 42 Millionen Euro von Brighton) als auch für Dominik Szoboszlai (70 Millionen Eurovon Leipzig) perfekt gemacht.

    Die Qualität dieser beiden Neuen - und das Tempo, mit dem die Verpflichtungen abgeschlossen wurden - hatten das Vertrauen der Fans in die Transferstrategie in Anfield gestärkt.

    Damit war vergessen, dass die Reds viel zu lange warteten, bis sie beim Top-Transferziel Jude Bellingham ernst machten. Der Dortmunder landete schließlich bei Real Madrid - für weniger Geld, als Liverpool nun für Moisés Caicedo bot.

    Als dann sowohl Fabinho als auch Jordan Henderson nach Saudi-Arabien wechseln durften, ging man davon aus, dass Liverpool bereits mindestens einen hochkarätigen Ersatz in der Hinterhand hatte.

  • Moises Caicedo Chelsea 2023-24Getty

    FC Liverpool vs. FC Chelsea: Unwirkliche Wendungen und mehr Geld als Verstand

    Lavia war eindeutig die erste Wahl Liverpools, aber die Verantwortlichen der Reds waren der Meinung, dass der Belgier die von Southampton geforderte Ablösesumme in Höhe von 58 Millionen Euro nicht wert war - was auch verständlich ist, wenn man bedenkt, dass es sich um einen 19-Jährigen handelt, der erst eine gute Premier-League-Saison hinter sich hat.

    Doch als Chelsea sich einmischte, reagierte Liverpool, schaute sich noch einmal um und einigte sich mit Brighton auf ein ebenso erstaunliches wie rätselhaftes Angebot in Höhe von 128,5 Millionen Euro für Caicedo. Der Ecuadorianer ist ein besserer und etwas erfahrenerer Spieler als Lavia - aber er war noch überteuerter.

    Zur Erinnerung: Sandro Tonali, ein italienischer Nationalspieler, der die AC Mailand in der letzten Saison bis ins Halbfinale der Champions League geführt hat, wechselte für fast die Hälfte des Preises (70 Millionen Euro) nach Newcastle.

    Hätte Liverpool also früh sowohl die Verpflichtung von Caicedo als auch die von Lavia wegen der überhöhten Ablösesummen ausgeschlossen, hätten die Fans zwar wieder einmal über die Sparsamkeit und Umsicht von FSG schimpfen können, nicht aber über die Konsequenz, mit der der Verein auf dem Transfermarkt vorgeht.

    Jetzt aber werden die Reds zurecht ausgelacht, weil es so aussieht, als hätten sie plötzlich mehr Geld als Verstand - eine erstaunliche Entwicklung für einen Verein, der unter dem ehemaligen Boss Michael Edwards als 'Meister des Transfermarkts' bezeichnet wurde.

  • Romeo Lavia 2023-24Getty

    FC Liverpool: Panik, am Ende leer auszugehen

    Die Reds waren sich ursprünglich einig: Roméo Lavia ist nicht mehr als 58 Millionen Euro wert. Mehr wollten sie nicht bieten, doch Southampton blieb hartnäckig.

    Die Zeit verging und Liverpool ging im Transferrennen um Caicedo leer aus. Also wandten sich die LFC-Verantwortlichen erneut an Southampton und boten mehr als die 58 Millionen Euro.

    Das deutet darauf hin, dass in Liverpool in der Zwischenzeit Panik ausgebrochen war. Die Reds haben Angst, am Ende mit leeren Händen dazustehen. Jeder potenzielle Verhandlungspartner von Liverpool, der noch einen Sechser im Angebot hat, weiß nun: Liverpool ist so verzweifelt, dass auch deutlich über Marktwert bezahlt wird. Die Reds haben ihre Hand im Pokerspiel mit dem überteuerten Angebot für Caicedo gezeigt - und die Verhandlungsgegner werden diese Schwäche genüsslich ausnutzen. Eine Lage, die nicht beneidenswert ist.

  • Juergen Klopp, Manager of LiverpoolGetty Images

    FC Liverpool: Ist Jürgen Klopp für das Chaos mitverantwortlich?

    Die Arbeit des neuen, deutschen Sportdirektors Jörg Schmadtke steht nun auf dem Prüfstand. Denn seit er im Juni 2023 die Nachfolge von Julian Ward angetreten hatte, hat er nur eine einzige Verpflichtung getätigt - und das auch nur, indem er die Ausstiegsklausel von Leipzigs Szoboszlai gezogen hat. Doch auch die Sinnhaftigkeit der Schmadtke-Verpflichtung wird nun in Frage gestellt, ebenso wie Klopps Rolle bei dieser.

    Unabhängig davon, wie die letzten beiden Wochen des Transferfensters verlaufen, sollte Klopp die Rollenverteilung an der Anfield Road einmal genauer erklären, damit ihm nicht die Schuld an den Transfer-Misserfolgen gegeben wird. Es gibt bereits einige, die glauben, dass der Wunsch des Managers nach mehr Mitspracherecht bei den Transfers zu den ständigen Unruhen hinter den Kulissen beigetragen hat.

  • John Henry 2022Getty

    FC Liverpool: Der Fan-Frust erreicht den Siedepunkt

    Vorerst wird man sich natürlich darauf konzentrieren, mindestens einen neuen defensiven Mittelfeldspieler zu verpflichten - die Notwendigkeit eines besseren Absicherers vor der Viererkette wurde am Sonntag gegen eben Chelsea schmerzlich deutlich.

    Mac Allister ist ein vielseitiger Mittelfeldspieler, der gegen Chelsea eine gute Leistung zeigte und eine Schlüsselrolle bei der Vorarbeit zu Luis Díaz' Tor hatte, aber er ist kein Sechser. Wenn Liverpool in dieser Saison auch nur den Hauch einer Chance haben will, wieder unter die ersten Vier der Premier League zu kommen, geschweige denn um den Titel mitzuspielen, muss ein echter Fabinho-Ersatz her.

    Eine Neuverpflichtung ist aber auch dringend notwendig, um dem Frust der Fans entgegenzuwirken, der gefährlich nahe am Überkochen ist - mal wieder. Klopp selbst ist mit der Situation nicht glücklich. Nach dem 1:1 bei Chelsea war er positiv gestimmt und machte sogar noch ein paar Witzchen. Aber aktuell lacht die Fußball-Welt über Liverpool. Um den Ruf einer Lachnummer ohne Transfer-Anziehungskraft schnell wieder loszuwerden, muss viel getan werden. Nur dann kann der Ruf wiederhergestellt werden, der nun Schaden genommen hat.

    Reds-Eigentümer John Henry war am Sonntag an der Stamford Bridge zu Gast. Er wird sich der Tatsache bewusst gewesen sein, dass nach dem gescheiterten Angebot für Caicedo etwas passieren muss und er zusammen mit den Transfer-Verantwortlichen schnell Ergebnisse präsentieren muss.

    Denn Klopp weiß, was er will - und was er braucht. Die Frage ist nur, ob er es auch bekommen wird.