Wo Dominik Szoboszlai für den FC Liverpool spielen wird: Jürgen Klopp hat diese 70 Millionen Euro exzellent investiert

Liverpools Sommerplanungen begannen mit einem Dämpfer. Für eine Weile hatten die Anhänger der Reds gehofft, dass sie Jude Bellingham von Borussia Dortmund während des Transferfensters holen könnten.

Dieser Traum platzte im April, als GOAL enthüllte, dass Liverpool sich nach anderen Transferzielen umsehen würde, die weniger als 100 Millionen Euro kosten. In den darauf folgenden Wochen haben die Reds ihr Budget bekanntlich anderweitig ausgegeben.

Zunächst gaben sie 42 Millionen Euro für den Brighton-Star und Weltmeister Alexis Mac Allister aus - dafür erhielten sie von allen Seiten viel Lob. Diesem guten Start in das Sommer-Transferfenster folgte nun ein weiterer interessanter Deal: Am Sonntagabend wurde der Wechsel von Dominik Szoboszlai von Leipzig bestätigt - gerade noch, bevor seine Ausstiegsklausel in Höhe von 70 Millionen Euro verflog.

Damit kostete der ungarische Nationalspieler zwar deutlich mehr als Mac Allister, doch die Begeisterung über seine Ankunft war ähnlich groß. GOAL zeigt auf, warum der Ex-Leipziger so gut in das System von LFC-Trainer Jürgen Klopp passt.

  • Dominik Szoboszlai RB Leipzig 2023Getty Images

    Dominik Szoboszlai: Mittelfeldspieler oder Angreifer?

    Szoboszlai ist ein Verwandlungskünstler. Daher ist es schwierig, seine "stärkste" Position festzulegen. Seit seinem Wechsel von Salzburg nach Leipzig im Januar 2021 zeigt er, wie konstant er auf verschiedenen Positionen performt.

    In seiner ersten Bundesliga-Saison wurde er in 32 Prozent seiner Einsätze als Linksaußen und zu 28 Prozent als zentraler Mittelfeldspieler eingesetzt. Aber er kam auch auf dem rechten Flügel und sogar als Mittelstürmer zum Zug.

    In der vergangenen Saison schien Szoboszlai zum ersten Mal in seiner Vereinskarriere einen festen Platz gefunden zu haben. In knapp 2.500 Ligaminuten - nur Verteidiger und Landsmann Willi Orban kam auf mehr - wurde er im 4-2-2-2 von Trainer Marco Rose überwiegend (77 Prozent) als rechter offensiver Mittelfeldspieler eingesetzt und kam nur sporadisch auf der linken Seite zum Einsatz.

    Im ungarischen Nationalteam war das allerdings anders: Szoboszlai wurde als linker offensiver Mittelfeldspieler in einem 3-4-3-System eingesetzt. Diese extreme Vielseitigkeit in so jungen Jahren spricht für seine Reife und taktische Intelligenz.

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  • Dominik Szoboszlais Auge für das Besondere

    Manchmal hatte man das Gefühl, dass Szoboszlais fußballerische Intelligenz unterschätzt wurde. Denn der 22-Jährige wurde meistens auf seine Distanzschüsse reduziert.

    Seine Technik bei Schüssen aus der Ferne ist außergewöhnlich. Wie bei einem olympischen Sprinter sitzt jede Bewegung. Er winkelt einfach sein Bein leicht an und schlägt dann voll und präzise durch.

    Das macht es schwer vorherzusagen, wann er seinen nächsten Blitzschuss abfeuert - wie Borussia Dortmund im Oktober erfahren musste. Nachdem er bereits Orban zum Führungstreffer verholfen hatte, bekam Szoboszlai kurz vor der Halbzeitpause etwas zu viel Platz vor dem Strafraum.

    Ansatzlos schoss die Leipziger Nummer 17 mit einem Schlenzer ins obere Eck zum 2:0. Es war der jüngste Teil einer immer länger werdenden Serie an 30-Meter-Toren. Die Winkel, aus denen er schießt, scheinen immer wieder den Gesetzen der Physik zu trotzen.

    Es wäre nicht gerade überraschend, wenn Szoboszlai in der Saison 2023/24 das schönste Tor der Premier League erzielt.

  • Trent Alexander-Arnold Liverpool 2023-24Getty Images

    Standartsituationen: Szoboszlai oder Alexander-Arnold?

    Laut Transfermarkt hat er in seiner bisherigen Vereinskarriere acht direkte Freistoßtore erzielt und drei weitere für Ungarn.

    Diese Zahlen sind das Ergebnis einer Obsession aus seiner Kindheit. In einem Interview mitThe Athletic gestand Szoboszlai, dass er in jungen Jahren jeden Tag etwa 200 Freistöße übte und schließlich die ideale Technik für sich selbst entdeckte, ohne dabei Hilfe zu bekommen.

    Das mag anstrengend gewesen sein, aber heute erntet er die Früchte dafür. Das Beeindruckende an seiner Schusstechnik ist die Variabilität. Bei einem genauen Blick erkennt man: Das Tempo, die Kurve und Richtung sind oft völlig verschieden. Darauf kann sich fast kein Torwart einstellen. Nur wer selbst flexibel ist hat eine Chance.

    Szoboszlai ist außerdem ein hervorragender Elfmeterschütze. Doch hier ist er weniger flexibel. Er zielt fast immer in die linke untere Ecke. Doch auch damit ist er erfolgreich: In seiner Karriere verschoss er bisher erst einen Elfmeter.

    Auch seine Ecken können eine starke kreative Waffe sein. Es wird interessant sein zu sehen, wer Freistöße, Ecken und Elfmeter in dieser Saison beim FC Liverpool treten darf. Der 22-Jährige wird die exzellenten Standard-Schützen Liverpools um Trent Alexander-Arnold noch verstärken.

  • Dominik Szoboszlai FBref sliceFBref

    Dominik Szoboszlai: König des letzten Passes

    Szoboszlai gehört zu den besten Spielmachern der Welt, doch seine Kreativität beruht nicht nur auf seiner eigenen Torgefährlichkeit. In der vergangenen Saison gab es keinen Bundesligaspieler, der im Durchschnitt mehr letzte Pässe vor einem Torschuss pro 90 Minuten spielte.

    Wenn man diese Statistik mit dem Rest Europas vergleicht, sticht der 22-Jährige heraus. Nur neun Spieler in den fünf besten Ligen des Kontinents hatten in der vergangenen Saison einen besseren sogenannten SCA-Wert. Drei der Spieler die ihn übertrafen heißen Lionel Messi, Kevin De Bruyne und Bruno Fernandes.

    Szoboszlais erster Assist in der Bundesliga musste ein raffiniert getretener Freistoß sein. Innenverteidiger Mohamed Simakan verpasste es dabei jedoch, den Ball zu berühren - und so ging Szoboszlais Flanke eben direkt ins Tor.

    Eine noch bessere Vorlage lieferte er einige Wochen später beim 4:1-Sieg gegen Greuther Fürth. Es hatte etwas von De Bruyne, wie er den Außenrist-Pass perfekt an den zweiten Pfosten zu Mitspieler Hugo Novoa spielte, der ungehindert einschieben konnte.

  • Szoboszlai Dominik Leipzigmandiner.hu

    Dominik Szoboszlai: Catch him if you can

    Dieser Treffer gegen Fürth zeigte eine weitere Stärke von Szoboszlai: seine überragende Ballbehandlung. Bevor er zu Novoa spielte, ließ er den Rechtsverteidiger von Greuther Fürth, Marco Meyerhofer, alt aussehen. Dank seines tollen ersten Ballkontaktes konnte er das Leder perfekt mitnehmen - und kam so schnell auf Hochtouren. Ist er einmal voll auf Trab, kann ihn praktisch niemand mehr einholen.

    Klar, diese Szene bezieht sich auf eine Aktion gegen das wohl schlechteste Bundesliga-Team der jüngeren Vergangenheit - aber der Ungar wusste genau was zu tun ist und erlaubte sich sogar einige Späße mit den Fürthern.

    Und auch heute marschiert er immer nach vorne: In der vergangenen Saison lief Szoboszlai pro 90 Minuten weit über 100 Meter mit dem Ball am Fuß in Richtung des gegnerischen Tores.

    Doch an einer Sache hapert es in der Offensive: Das Dribbling ist keine explizite Stärke von ihm - deshalb geht die Tendenz klar ins zentrale Mittelfeld und weniger auf die Flügel.

  • DOMINIK SZOBOSZLAI RB LEIPZIG Getty Images

    Dominik Szoboszlai: Deutlich verbessertes Zweikampfverhalten

    Trotz seiner vielversprechenden Offensivqualitäten gab es immer wieder Zweifel an seinem Zweikampfverhalten. Doch dank Trainer Marco Rose hat er sich auch in diesem Bereich deutlich verbessert.

    Daher sollte es für Szoboszlai kein Problem sein, Klopps hohen Ansprüchen beim Pressing und Verteidigen gerecht zu werden. Wenngleich der frühere BVB-Trainer ihm hier sicher noch einiges beibringen muss und wird.

    Laut Opta haben in der vergangenen Saison nur zehn Bundesliga-Spieler, die 2.000 Minuten oder mehr gespielt haben, im Durchschnitt mehr Sprints absolviert als er.

    Auch im Pressing agiert Szoboszlai nicht kopflos: In der Saison 2022/23 verzeichnete er 39 Ballgewinne im gegnerischen Drittel.

  • Jürgen-Klopp(C)GettyImages

    Dominik Szoboszlai: Ein typischer Klopp-Spieler

    Szoboszlai scheint also ein typischer Klopp-Spieler zu sein. Er kann nicht nur hoch pressen, sondern ist aufgrund seiner Vielseitigkeit auch in der Lage, von überall aus Tore schießen und sie vorzubereiten.

    Doch welche Rolle schwebt dem deutschen Trainer für seinen Neuzugang genau vor? Obwohl er in der letzten Saison in Leipzig auf der rechten Seite zu spielen schien, wird er Mohamed Salah nicht von seiner Position verdrängen können.

    Viel wahrscheinlicher ist, dass Szoboszlai die Position im rechten zentralen Mittelfeld einnehmen wird, die Jordan Henderson gegen Ende der letzten Saison bekleidete. Nach monatelanger taktischer Unflexibilität gab Klopp schließlich nach und bastelte im April ein wenig an seiner Aufstellung herum.

    Die größte Konsequenz: Trent Alexander-Arnold erhielt die Freiheit, im Mittelfeld zu spielen, wenn die Reds den Ball hatten. Diese Umstellung hatte zur Folge, dass Liverpool bei Ballbesitz in einer 3-2-5-Formation auflief, in der sich die beiden Mittelfeldspieler vor Fabinho nach vorne schoben, um Überzahlsituationen im letzten Drittel zu schaffen.

    Diese taktische Umstellung führte zu einer Siegesserie von sieben Spielen in der Premier League - und die Aussicht, dass Szoboszlai Henderson in dieser Formation ersetzen könnte, ist äußerst spannend und könnte sich als entscheidend erweisen.

    Henderson war ein hervorragender Spieler, aber so gut wie sein wahrscheinlicher Nachfolger ist er wohl nicht mehr. Die Stärken des Kapitäns sind vielmehr defensiv - die von Szoboszlai deutlich in der Offensive. Mit Szoboszlai, Luis Diaz, der nach seiner Verletzung zurückkehrt, Darwin Nunez und Cody Gakpo, werden die Reds sicherlich zu alter Offensivstärke zurückfinden.

  • Naby Keita Liverpool 2022-23Getty Images

    Dominik Szoboszlai: Wird er zum Haaland oder zum Keita?

    Auf dem Papier scheint der 22-Jährige also nahezu perfekt zu passen. Doch selbst den optimistischsten Liverpool-Fans wird es schwerfallen, das nagende Gefühl des Zweifels in ihrem Hinterkopf loszuwerden. Sie haben sich schon einmal an einer ähnlichen Verpflichtung verbrannt.

    Naby Keita kam 2018 inmitten einer noch größeren Hype-Welle aus Leipzig, für eine ähnlich gewaltige Ablöse. Wie Szoboszlai schien er ein perfekter Klopp-Spieler zu sein, bis ihn Verletzungen und schlechte Form nun zu einem unfreiwilligen Abgang verurteilten. Erendete er bei Bundesliga-Abstiegskandidat Werder Bremen.

    Auch andere Premier-League-Teams, die viel Geld in einstige Bundesliga-Stars investiert haben, wurden enttäuscht. Jadon Sancho, Kai Havertz und Christian Pulisic konnten ihre hohen Ablösesummen seit ihrem Wechsel nicht rechtfertigen. Nicht jeder Spieler kann eben ein Erling Haaland sein.

    Doch wie unsere Analyse aufzeigt: Alles deutet daraufhin, dass Klopp mit dem Ex-Leipziger einen exzellenten Fang gemacht hat.

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