Lionel Messis WM-Titelverteidigung mit Argentinien beginnt jetzt - aber wird der 36-Jährige auch 2026 noch dabei sein?

Weltmeister-Trainer Lionel Scaloni und Argentinien stehen derzeit vor der fast unlösbaren Aufgabe, die auch jeder Weltmeister vor ihnen hatte: Sie müssen herausfinden, wie sie den Titel verteidigen können. Es ist eine Aufgabe, an der die meisten vor ihnen gescheitert sind.

Für jeden Trainer ist es ein Balance-Akt, herauszufinden, ob die altgedienten Spieler noch ihre Leistungen bringen können und ob die neuen Talente schon in der Lage sind, Verantwortung zu übernehmen.

Didier Deschamps und Frankreich haben genau das geschafft, vier Jahre nach dem Titel in Russland 2018 drangen sie auch 2022 in Katar bis ins Finale vor. Doch dieser Fall ist eine Ausnahme.

In den meisten Fällen erweist sich der zweite Anlauf als Desaster, da die Trainer oft nicht wissen, wann sie die Weltmeister-Generation besser außen vor lassen sollten - oder den neuen Leuten zu schnell zu viel zutrauen, wie Deutschland seit 2018.

Diese Aufgabe wird für Scalonis Argentinien jedoch noch schwieriger. Denn man muss entscheiden, welche Rolle der wohl beste Spieler aller Zeiten noch einnehmen kann und soll.

Am Freitag gelang Argentinien gegen Ecuador (1:0) ein Auftaktsieg in der Qualifikation für die WM 2026 in den USA, Mexiko und Kanada. Messi erzielte erneut das entscheidende Tor. Nun steht am Dienstag ab 22 Uhr in Bolivien die nächste Aufgabe für die Weltmeister an - in über 3.500 Höhenmetern. Wie viel Spielzeit der 36-Jährige diesmal bekommt und ob er in fast drei Jahren auch noch im Kader steht, ist völlig offen.

Klarer scheint jedoch, dass Messi im Sommer 2024 seine Copa América verteidigen will, die er 2021 gewonnen hatte.

Messi hat sicherlich die Fähigkeiten und die Motivation dazu, aber irgendwann wird eine der beiden Eigenschaften nachlassen. Und das bringt uns zu der großen Frage: Wie lange kann sich Argentinien noch auf seine Legende verlassen, um weiterhin legendär zu spielen?

  • Lionel Messi World Cup FinalGetty

    Lionel Messi: Eine legendäre WM mit Argentinien

    Wir haben es alle gesehen, also müssen wir nicht zu sehr ins Detail gehen. Was Messi in Katar vollbracht hat, wird in die Geschichte eingehen und - je nachdem, wen man fragt - seinen Platz als größter Fußballer aller Zeiten festigen.

    Nach jahrelangen Enttäuschungen hat Messi Argentinien zu seiner begehrten WM-Trophäe geführt. Er gewann den Goldenen Ball des Turniers als bester Spieler - und war der Erste, der in jedem einzelnen K.o.-Spiel ein Tor erzielte. In dem unvergesslichen Finale gegen Frankreich (3:3, 4:2 i. E.) erzielte er zwei Treffer, bevor er seinen Versuch im Elfmeterschießen verwandelte.

    In den Monaten danach war er bei sämtlichen Feierlichkeiten zu sehen. Im März 2023 kehrte er als Weltmeister nach Argentinien zurück und erreichte im Rahmen von zwei Freundschaftsspielen die 100-Tore-Marke.

    Nach diesen Spielen richtete sich der Fokus schon auf die Weltmeisterschaft 2026. Zu Beginn dieses Zyklus hat Messis Qualität nicht nachgelassen.

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  • messi inter miami goal(C)Getty Images

    Lionel Messi: Starke Form in der MLS

    Die Welt hat zugeschaut, als Messi seinen viel diskutierten Wechsel zu Inter Miami vollzog. Und die Welt hat weiter zugesehen, wie er die MLS in seinen persönlichen Spielplatz verwandelt hat.

    Nach elf Spielen in allen Wettbewerben hat Messi bereits elf Tore erzielt und einen Titel gewonnen - den ersten in der kurzen Geschichte des Vereins. Außerdem hat er die Herons mit dem Einzug ins Finale des U.S. Open Cups auf den Weg zu einer weiteren Trophäe gebracht und den Rest der Liga davon überzeugt, dass er das bis kürzlich letztplatzierte Inter Miami auf wundersame Weise in die Playoffs führen könnte.

    Das hat natürlich seine Tücken. Die MLS ist nicht mit der Ligue 1 oder LaLiga vergleichbar. Und der Leagues Cup ist keine Champions League. Die Qualität der Defensiven ist nicht die gleiche wie in Europa, um es vorsichtig auszudrücken.

    Allerdings ist dieser Spieler erst weniger als ein Jahr von einer der dominantesten WM-Leistungen aller Zeiten entfernt. Er ist immer noch einer der besten Spieler der Welt, auch wenn er vielleicht nicht mehr der Beste ist. Bei seiner derzeitigen Form besteht kein Zweifel, dass er der wichtigste Spieler Argentiniens bleibt.

    Die Frage ist allerdings, wie lange das noch der Fall sein wird.

  • Scaloni Messi Argentina 2022Getty

    Lionel Messi: Rücktritt bei Argentinien steht bevor

    Messi hat sich schon einmal von Argentinien abgewandt. Nach der Niederlage bei der Copa América Centenario 2016 verkündete Messi, dass er zurücktritt. Ganz Argentinien wird dankbar sein, dass es sich dabei um eine emotionale Erklärung handelte und nicht um etwas Dauerhaftes. Messi kehrte schließlich zurück und führte sein Land zum Ruhm. Doch das unvermeidliche Ende naht, das weiß auch Messi.

    "Aus Altersgründen wird es schwierig werden, 2026 zu spielen", sagte Messi im Juli gegenüber der argentinischen Zeitung Olé. "Ich liebe es, Fußball zu spielen, und solange ich das Gefühl habe, dass ich in guter Form bin und es genieße, werde ich weitermachen. Es scheint eine lange Zeit bis zur nächsten Weltmeisterschaft zu sein, aber es hängt davon ab, wie meine Karriere verläuft."

    Im selben Monat bestätigte er gegenüber seinem heimischen Sender TV Publica, dass er über seinen internationalen Rücktritt nachdenkt. "Ehrlich gesagt, weiß ich nicht, bis wann ich noch spielen werde", sagte er. "Ich denke, er [der Rücktritt] wird kommen, wenn er kommen muss. Nachdem ich in letzter Zeit alles erreicht habe, bleibt mir nur noch, alles zu genießen. Gott wird sagen, wann dieser Moment kommen wird."

    "Aufgrund meines Alters bin ich mir sicher, dass es bald so weit sein wird. Aber ich weiß nicht genau, wann der richtige Zeitpunkt sein wird. Ich denke an den Alltag und genieße alles Schöne. Wir mussten in der Nationalmannschaft sehr harte Zeiten durchmachen. Wir hatten das Glück, Weltmeister und Copa-América-Sieger zu werden. Es ist Zeit, das zu genießen."

    Es scheint jedoch so, dass Messi nicht damit rechnet, bei der argentinischen Mission Titelverteidigung 2026 dabei zu sein. Sehr wohl scheint er aber bereit, Argentinien bei der Copa América im nächsten Sommer anzuführen. Das könnte dann durchaus sein letzter großer Auftritt auf der internationalen Bühne sein.

    "Ich glaube nicht [dass ich die WM 2026 spielen werde]", sagte er gegenüber dem chinesischen Medium Titan Sports. "[Katar] war meine letzte Weltmeisterschaft. Ich werde sehen, wie es weitergeht, aber so wie es im Moment aussieht, werde ich nicht an der nächsten Weltmeisterschaft teilnehmen."

  • Lionel Messi Argentina 2022-23Getty Images

    Lionel Messi: Oder doch nicht?

    Messi hat natürlich das letzte Wort, wann und wo er seine Karriere beendet. Aber die Verantwortlichen in Argentinien können sich ein Leben ohne ihn noch nicht vorstellen.

    Claudio Tapia, Präsident des argentinischen Fußballverbands, hofft, dass Messi noch für eine letzte Überraschung sorgen kann. Er hofft, dass der legendäre Angreifer davon überzeugt werden kann, noch bis zur kommenden WM zu bleiben.

    In seiner Rede auf dem Sportgipfel Leaders sagte Tapia: "Er will immer mehr. Er lässt dich nie im Stich. Er überrascht dich immer, er will immer mehr. Sie können es sich vorstellen. Wie könnte man sich das nicht vorstellen? Ich möchte, dass er dabei ist. Unter den Umständen, die er hat, könnte er locker mitspielen."

    Tapia zog dabei eine Parallele zu anderen Weltstars: "Luka Modrić macht es für sein Team, Andrés Iniesta einst für Barcelona. Es hängt von ihm ab, davon, was er fühlt. Ich sehe ihn bei der Weltmeisterschaft auf der Position spielen, die er möchte. Er kann es schaffen. Es wird davon abhängen, was er will. Davon träume ich."

    Ein weiterer Grund für diesen Optimismus ist der Austragungsort der nächsten Weltmeisterschaft: die Vereinigten Staaten von Amerika. Mit seiner Entscheidung, in die MLS zu kommen, hat sich Messi, ob er will oder nicht, als das neue Gesicht des amerikanischen Fußballs etabliert. In den nächsten Jahren wird er den Sport in den USA weiter repräsentieren, während die MLS hofft, dass er sie in eine völlig neue Stratosphäre führt.

    Messis Vertrag bei Inter Miami läuft bis 2025. Schon vor der WM könnte es also zu Ende sein. Wenn seine Zeit in der MLS jedoch so weitergeht, wie sie begonnen hat, und wenn er weiterhin auf dem Niveau spielen kann, könnte er seinem Land ein letztes Mal helfen.

  • Messi-Almada-ArgentinaGetty

    Lionel Messi: Die Youngster bei Argentinien integrieren

    Die Aufgabe eines Nationaltrainers besteht darin, den Spielerpool ständig zu erneuern. Scaloni hat diesen Prozess sicherlich eingeleitet. "Was passiert ist, ist jetzt vorbei. Es war schön, aber jetzt müssen wir weitermachen", sagte Scaloni. "Es liegt in der DNA der argentinischen Spieler, immer zu kämpfen und zu gewinnen. Es wird jetzt schwieriger sein, aber dieses Trikot, dieses Logo und dieses Land verlangen, dass man sich ständig verbessert."

    Der Weltmeister-Coach fuhr fort: "Wir entscheiden über die Nominierungen und denken dabei an die bestmögliche Mannschaft. Wenn Weltmeister dabei sind, ist das gut, aber wenn nicht, werden wir mit den Spielern spielen, die einen Platz im Kader wollen. Wir werden mit den Besten spielen, die wir haben."

    Um sich auf den unvermeidlichen Generationswechsel vorzubereiten, umfasst Scalonis neuester Kader 33 Spieler, von denen gleich neun Spieler 23 Jahre oder jünger sind. Darunter sind Weltmeister wie Enzo Fernández, Julian Álvarez und Thiago Almada, aber auch aufstrebende Stars wie Facundo Buonanotte, Alejandro Garnacho und Alan Velasco. Insgesamt gibt es vier SpielerNeulinge im Kader: Velasco, Bruno Zapelli, Lucas Esqivel und Lucas Beltran.

    Almada und Velasco trafen erst kürzlich auf Vereinsebene auf Messi, als Messis Inter Miami in der Gruppenphase des Ligapokals gegen Almadas Atlanta United 4:0 gewann. Der junge Mittelfeldspieler ist nach wie vor einer der talentiertesten Jungstars Argentiniens und war im vergangenen Winter in Katar der jüngste Spieler im Team.

    In der K.-o.-Phase lieferten sich Messi und Velasco vom FC Dallas dann einen Acht-Tore-Krimi (4:4, 5:3 n. E.), den Messi für sich entschied. Beide Argentinier trafen, bevor sie nach dem Spiel ihre Trikots tauschten. Es ist klar, dass Velasco an diesem Tag einen Eindruck auf Messi und Scaloni gemacht hat.

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    Argentinien: Altstars außen vor

    Messi ist der auffälligste "Veteran" im argentinischen Kader, aber er ist nicht der einzige Weltmeister, der vielleicht nicht mehr allzu lange dabei sein wird.

    "Niemand darf schlafen, dieses Trikot und dieses Wappen bedeuten kontinuierliche Verbesserung, und wir haben eine gute Chance, weiterhin gut zu sein. Den Spielern geht es gut, wir haben eine Basis, die uns schon lange begleitet und wir fügen Spieler hinzu, von denen wir glauben, dass sie die Mannschaft verbessern und es anderen schwer machen können."

    In Scalonis 26-köpfigem Kader für Katar standen zehn Spieler, die über 30 Jahre alt sind. Einer davon ist natürlich Messi, sowie die drei Torhüter Emi Martinez, Franco Armani und Geronimo Rulli. Feldspieler wie Nicolas Otamendi, Ángel Di María, Papu Gomez, Marcos Acuna und Nicolas Tagliafico dürften ebenfalls langsam aber sicher auf ihre letzten Einsätze im argentinischen Trikot zusteuern.

    Im nun 33-köpfigen Kader für die anstehenden Qualifikationsspiele stehen noch acht Spieler, die älter als 30 Jahre sind. German Pezzella ist der einzige Nicht-Weltmeister, während Otamendi und Di María neben Messi die erfahrensten Spieler im Kader sind.

    Die beiden haben in letzter Zeit einen Rückschritt in ihrer Vereinskarriere gemacht, der Außenstürmer ging von PSG zu Benfica Lissabon. Da die Copa América vor der Tür steht, könnten sie durchaus bis zum nächsten Turnier im Sommer bleiben. Aber es ist klar, dass Scaloni auf der Suche nach neuen Spielern auf jeder Position ist.

  • Lionel ScaloniGetty Images

    Argentinien: Dünne Luft gegen Bolivien in der WM-Quali

    Die WM-Qualifikationsspiele in dieser Woche sind der Beginn einer langen und anstrengenden Reise für alle Teams der CONMEBOL, des südamerikanischen Verbandes.

    Argentinien startete erfolgreich gegen Ecuador (1:0) auf dem Weg zur WM 2026, Bolivien wartet am Dienstag (22 Uhr). In der gesamten Quali sind wie gewohnt 18 Spiele zu absolvieren, zu Hause und auswärts also je neun.

    Weil die kommenden Weltmeisterschaften mit 48 statt 32 Teams ausgetragen werden, ist der Weg zum Turnier etwas einfacher geworden. Gleich sechs Mannschaften aus Südamerika nehmen künftig teil und eine weitere Mannschaft kann sich einen Platz in den Play-offs verdienen. Aber wer den südamerikanischen Fußball kennt, weiß, dass diese Spiele nie einfach sein werden.

    Mitten in der Quali findet dann die Copa América statt, bei der Argentinien seinen Titel verteidigen will, bevor es sich weiterhin auf die Verteidigung seines Weltmeistertitels konzentrieren kann. Die Copa wird vom 20. Juni bis zum 14. Juli 2024 ausgetragen und umfasst 16 Mannschaften aus den Verbänden CONCACAF (Nord- und Mittelamerika) und CONMEBOL (Südamerika).

    Vor diesem Hintergrund werden die neuen argentinischen Spieler viele Gelegenheiten haben, ihre Nominierung zu rechtfertigen. Aber auch die alte Generation wird ihre Chancen bekommen, um zu beweisen, dass sie immer noch eine wichtige Rolle spielen kann.

    Der Wiederaufbau einer Nationalmannschaft ist höchst kompliziert. Viele Trainer haben es nicht geschafft, diese Wissenschaft zu beherrschen. Scaloni wird in den nächsten Jahren seine Chance bekommen - mit oder ohne Messi.