Gianluigi Donnarumma beginnt gerade seine dritte Saison bei PSG. In dieser Spielzeit ist er erneut der Stammkeeper, so wie er es bereits im Jahr zuvor war. In seiner ersten Saison in Paris hatte er sich die Einsatzzeiten noch mit Keylor Navas teilen müssen. "Gigi" ist also in seiner Rolle unbestritten. In seinen Leistungen zeigt der lange Torhüter jedoch nichts von dem, was ein Stammkeeper in einem europäischen Top-Klub zeigen sollte, nämlich Stabilität, Sicherheit und Konstanz.
GettyIst Donnarumma wirklich für PSG geeignet?
Vor etwas mehr als zwei Jahren führte Donnarumma die Squadra Azzurra zum EM-Titel. Er zeigte außergewöhnlich gute Leistungen und wurde sogar zum besten Spieler des Turniers gewählt. Das ist noch gar nicht lange her und doch hat man den Eindruck, dass es eine ganz andere Zeit war. Seitdem hat sich der ehemalige Milan-Keeper, da sind sich alle Experten einig, kaum weiterentwickelt. Im Gegenteil, er ist anscheinend deutlich schwächer geworden.
Auch wenn er noch nie der perfekte Schlussmann war, da sein Spiel mit dem Fuß immer wieder fehlerhaft war, gehörte "Gigi" zu den herausragenden Keepern. Heute ist dies nicht mehr der Fall. Aktuell wäre es sogar übertrieben, ihn als sehr guten Torwart zu bezeichnen. Ein einfaches "gut" reicht jetzt schon aus, um ihn zu bewerten. Ein Keeper, der ab und zu sehr gute Paraden zeigt, aber selten entscheidend ist.
Technisch gesehen hat Donnarumma allem Anschein nach keine Rückschritte gemacht. Bei einigen Aktionen kann man immer noch sein Talent und das, was ihn zum jüngsten Torwart in der Geschichte der AC Mailand gemacht hat (er wurde mit nur 16 Jahren ins kalte Wasser geworfen), erahnen. Das Problem liegt jedoch im mentalen Bereich. Der Italiener hat nicht mehr das große Selbstvertrauen. Er erscheint wie ein Spieler, der Selbstzweifel hat. Dies gilt sowohl für seine Auftritte im PSG-Trikot als auch für die in der Nationalmannschaft.
Getty ImagesSein Patzer gegen Benzema - der Beginn der Probleme
Die Luft ist bei Donnarumma irgendwie raus. Was war der Wendepunkt? Natürlich könnte man an das Achtelfinal-Rückspiel in der Champions League gegen Real Madrid in der Saison 2021/22 denken. An diesem Abend ließ sich Donnarumma von Karim Benzema im eigenen Strafraum den Ball abluchsen, als er gerade klären wollte, und leitete damit das Aus seines Teams und damit eine große Krise ein. Als der in Castellammare di Stabia geborene Donnarumaru diese Szene kommentieren musste, schien es, als hätte er seinen Fauxpas schnell verdaut. Offensichtlich sah man aber nur seine heile Fassade. Der Fehler hatte ihn aber in Wirklichkeit hart getroffen.
Seitdem hat die PSG-Führung alles getan, um ihrem Torhüter die besten Voraussetzungen zu bieten, damit er Leistung bringen kann. Insbesondere bestand die Gefahr durch die Nummer zwei, Keylor Navas, eine Saison lang nicht mehr. Da er keinen echten Ersatzmann mehr hatte, musste Donnarumma nicht mehr befürchten, bei einem schlechten Spiel sofort bestraft und auf die Bank gesetzt zu werden. Dies reichte jedoch nicht aus, um ihn wieder in zu alter Form zu verhelfen. Seine Saison 2022/23 verlief mittelmäßig bis gut. Die Spiele, in denen er komplett fehlerlos spielte, lassen sich an einer Hand abzählen.
(C)Getty ImagesDer Schatten von Keylor Navas schwebt wieder über allem
Mit der Verpflichtung von Trainer Luis Enrique im Sommer und dem PSG-Bestreben, alle Positionen doppelt zu besetzen, um damit die Konkurrenz zu erhöhen, ist Donnarumma nun nicht mehr unantastbar. Er behielt zwar seinen Platz als Stammkeeper, wurde aber wieder ersetzbar, da Keylor Navas wieder eine Alternative im Kader ist. Eine Änderung, die den Ex-Mailänder in seinem Stolz hätte treffen und ihn dazu bringen können, die Ärmel nun wieder hochzukrempeln. Doch auch hier trat eher der negative Effekt ein: Donnarumma wurde wackliger als je zuvor.
Nach sechs gespielten Spielen in dieser Saison hat Paris eine Niederlage auf dem Konto. Ein Rückschlag, für den Donnarumma einen Großteil der Verantwortung trägt. Am Abend der Niederlage gegen Nizza (2:3) lieferte er eine relativ schlechte Leistung ab. Wieder einmal fehlte es ihm an der nötigen Ruhe bei der Ballannahme, den Befreiungsschlägen und sogar bei den Paraden. Nach dem Spiel blieb er nicht von Kritik verschont. Der bekannte Kolumnist Daniel Riolo sprach bei RMC Sport vom "Loser-Stempel", der ihm schwer zu schaffen mache, während der französische Ex-Nationaltrainer Raymond Domenech betonte: "Selbst wenn er versucht, lang zu spielen, gelingt es ihm nicht. Er kommt nicht aus dem Pressing heraus." Der ehemalige französische Meister Ludovic Obraniak sagte, dass "seine Teamkollegen jetzt zögern, ihn anzuspielen."
(C)Getty imagesDie Hoffnung auf ein Comeback besteht noch
Auch in Italien gibt es Kritik an Donnarumma. Die Kommentare dort sind sogar noch drastischer, da man dem Mann, der es gewagt hatte, seinem Herzensverein den Rücken zu kehren, nichts erspart. Außerdem sind seine seltsamen Auftritte im Trikot der Azzurri nicht gerade hilfreich. Das letzte Spiel gegen Nordmazedonien, bei dem er für den Ausgleichstreffer (1:1) verantwortlich war, hat seinem Ruf großen Schaden zugefügt. Trainer Luciano Spalletti musste sich zu Wort melden, um ihn zu unterstützen und ihn zu ermutigen, wieder auf die Beine zu kommen. Aber das wird er mit Sicherheit nicht nach jedem verpatzten Spiel tun.
Donnarumma würde es helfen, wenn er die Negativspirale schnell durchbrechen könnte. Er ist erst 24 Jahre alt und es wäre schade, wenn seine Karriere so früh in die falsche Richtung laufen würde. Vielleicht braucht er nur einen Dosenöffner, eine starke Leistung in einem wichtigen Spiel, um das verlorene Vertrauen zurückzugewinnen. Sein Verein glaubt auf jeden Fall an ihn. Andernfalls hätte er in den letzten Tagen nicht die Gespräche über eine Vertragsverlängerung aufgenommen. Ein besseres Zeichen der Unterstützung angesichts des böigen Gegenwinds kann es nicht geben. Nun liegt es an "Gigi" zu beweisen, dass seine hervorragende EM nicht nur ein Strohfeuer war.

