Der FC Chelsea hat am Samstagabend ein Statement seines langjährigen Klubbosses Roman Abramovich veröffentlicht. Darin teilt der russische Oligarch mit, dass er sich aus dem operativen Geschäft des Klubs zurückzieht - zumindest vorerst.
Abramovichs Statement im Wortlaut: "Während meiner fast 20-jährigen Eigentümerschaft vom Chelsea FC habe ich meine Rolle immer als Hüter des Klubs gesehen, dessen Aufgabe es ist, sicherzustellen, dass wir so erfolgreich sind, wie wir es heute sein können und auch für die Zukunft gerüstet zu sein, während wir auch eine positive Rolle für die Gesellschaft spielen."
"Ich habe Entscheidungen immer im besten Interesse des Klubs getroffen. Diesen Werten bleibe ich verpflichtet. Aus diesem Grund übertrage ich heute Treuhändern der Chelsea-Stiftung die Verantwortung und Fürsorge für den FC Chelsea."
"Ich glaube, dass sie derzeit am besten in der Lage sind, sich um die Interessen des Vereins, der Spieler, des Personals und der Fans zu kümmern."
Wer hat jetzt beim FC Chelsea das Sagen?
"Im Grunde hat sich nicht viel geändert", sagt Nizaar Kinsella, Chelsea-Korrespondent für GOAL. Vorstandsmitglied Marina Granovskaia leitet zusammen mit Ex-Keeper Petr Cech weiterhin die Geschicke der Fußballabteilung. Der übrige Vorstand um den Vorsitzenden Bruce Buck sowie die Direktoren Guy Laurence und Eugene Tenenbaum trifft die Entscheidungen in anderen Bereichen.
"Die Treuhänder werden eingreifen und alle Probleme lösen, die normalerweise der Eigentümer Roman Abramovich lösen würde", erklärt Kinsella.
Was sind die Gründe für Abramovichs Rückzug?
Die Invasion russischer Truppen in die Ukraine erwähnt Abramovich in seinem Statement mit keinem Wort. Doch das britische Parlament diskutierte zuletzt auch über Sanktionen für russische Firmen und Oligarchen. Im Parlament wurde bereits vorgeschlagen, Abramovichs Konten einzufrieren und Besitztümer inklusive Chelsea zu beschlagnahmen.
Mit seinem Rückzug versucht er nun, auf Distanz zum FC Chelsea zu gehen. "Es bleibt abzuwarten, ob dies ausreicht, um die Verbindung des Vereins mit Abramovich in den Augen der britischen Regierung zu beenden, die im Falle einer weiteren Eskalation der Gewalt durch den russischen Präsidenten Wladimir Putin Sanktionen gegen den Eigentümer des Vereins verhängen könnte", sagt Kinsella.
Ist Abramovich bei Chelsea Geschichte?
Abramovich bleibt trotz seines Rückzugs aus dem operativen Geschäft der Eigentümer des Klubs. In seinem Statement lässt Abramovich offen, ob sein Rückzug dauerhaft oder nur vorübergehend ist.
Wie die BBC berichtet, steht der Klub aktuell nicht zum Verkauf. Zudem werde das Darlehen in Höhe von 1,5 Milliarden Pfund (rund 1,8 Milliarden Euro), das Abramovich dem Klub gewährt hat, nicht eingezogen.
Das Gesamtvermögen des 55-Jährigen wird auf 8,4 Milliarden Pfund geschätzt. Seit 2003 besitzt er den FC Chelsea, mit dem er 2012 und 2021 die Champions League gewann.
Was sagt Chelsea-Coach Thomas Tuchel?
Die Abramovich-Debatte und die Invasion in der Ukraine überlagerte zuletzt auch Tuchels Vorbereitung auf das Finale im League Cup gegen den FC Liverpool am Sonntag (17.30 Uhr im LIVE-TICKER).
"Wir sollten nicht so tun, als sei dies kein Thema. Die Situation für mich und meine Mitarbeiter, die Spieler ist schrecklich", sagte Tuchel vor Abramovichs Statement. Für den Klub bringe es eine große "Unsicherheit", ergänzte Tuchel, "viel schlimmer ist es aber für die wirklich betroffenen Menschen. Unsere besten Wünsche, unsere Gedanken sind bei ihnen, das ist das absolut Wichtigste".
Tuchel war bereits zuvor nicht detaillierter auf die Situation an der Stamford Bridge eingegangen: "Es gibt so viele Ungewissheiten rund um unseren Klub und die Situation in Großbritannien, dass es keinen Sinn macht, wenn ich dies kommentiere." Er räumte allerdings ein, dass die Gesamtsituation "unsere Gedanken" und "Vorfreude auf das Endspiel" verhülle.
Was sind die finanziellen Folgen für den FC Chelsea?
Das ist momentan schwer abzusehen. Sollte die britische Regierung tatsächlich Abramovichs Vermögen beschlagnahmen, dann zählt dazu auch der FC Chelsea. Inwieweit sich das dann auf die Finanzierung des Klubs auswirkt, hängt dann wiederum mit der Dauer der Sanktionen, beziehungsweise der Dauer des Konflikts in der Ukraine zusammen.


