Vom Linksverteidiger zum Spielmacher: Deshalb sind die Topklubs hinter Boca Juniors' Valentin Barco her

Barco wuchs in der Stadt Veinticinco (25) de Mayo in der Provinz Buenos Aires auf und spielte zunächst als Stürmer für seinen Heimatverein Atletico Sportivo. Er erregte die Aufmerksamkeit der Scouts von Boca und wurde im Alter von neun Jahren von dem hoch angesehenen Ramon Maddoni unter Vertrag genommen, der unter anderem Carlos Tevez, Juan Roman Riquelme, Esteban Cambiasso und Fernando Redondo entdeckt hatte.

Barco entschied sich jedoch, bei seiner Familie zu bleiben und jeden Tag die 450 Kilometer lange Hin- und Rückfahrt von seiner Heimatstadt zum Trainingszentrum La Candela von Boca in der Hauptstadt anzutreten. "Ich ging morgens zur Schule und trainierte nachmittags. Die Fahrt dauerte drei oder vier Stunden. Um 10 oder 11 Uhr abends war ich zu Hause", erinnert er sich.

"Ich bin meiner Familie sehr dankbar, denn sie hat von klein auf große Opfer für mich gebracht. Deshalb bin ich auch schneller gereift. Was sie getan haben, war sehr schwierig, sie haben alles für mich aufgegeben. Ihr Traum war es, mich in der Bombonera debütieren zu sehen, und sie sagten, wenn ich das geschafft hätte, könnten sie glücklich sterben."

Barco debütierte 2021 im Alter von 16 Jahren gegen Union de Santa Fe und war damit der viertjüngste Spieler in der Geschichte des Vereins.

Barco hat seinen Platz in der Mannschaft von Trainer Jorge Almiron zu Beginn des Jahres 2023 gefestigt und seine Qualität und Reife in einem Gruppenspiel der Copa Libertadores gegen Deportivo Pereira unter Beweis gestellt. Nach dem 0:1-Rückstand buhten die lautstarken Fans von Boca ihre Mannschaft aus, die kaum einen guten Pass zustande brachte.

Die einzige Ausnahme war Barco, der in allen Statistiken die Nase vorn hatte: Er hatte mehr Ballkontakte, mehr Zweikämpfe, mehr Dribblings und wurde häufiger gefoult als jeder andere seiner Mitspieler. In der 89. Minute gelang Boca der Ausgleich, ehe Barco in der Nachspielzeit mit einer punktgenauen Flanke auf Alan Varela, der seinen jugendlichen Mitspieler als "ein Phänomen" bezeichnete, den Siegtreffer vorbereitete.

In einem anderen Libertadores-Spiel gegen Monagas gelang Barco dann auch sein erster eigener Treffer. Beim 2:1-Ligasieg gegen die Newell's Old Boys war er zudem der Spieler des Spiels: Er erzielte das erste Tor und bereitete das zweite mit einer Flanke auf seinen Teamkollegen Cristian Medina vor.

Innerhalb von etwas mehr als sechs Monaten hat sich Barco von einem beeindruckenden Teenager zu Bocas einflussreichstem Spieler entwickelt und war ausschlaggebend für den Einzug ins Finale der Copa Libertadores.

Er begann zwar einst als Linksverteidiger, doch als Almiron das wahre Ausmaß seines Talents erkannte, formte er ihn zu einem offensiven Spielmacher im Mittelfeld um. Obwohl er weiterhin die Nummer 19 trägt, hat Barco die prestigeträchtige Rolle der Nr. 10 von Boca übernommen und tritt damit in die Fußstapfen von Diego Maradona und Riquelme. Wettbewerbsübergreifend hat er zwei Tore und acht Assists beigesteuert.

Barco wird - wie schon viele starke argentinische Dribbler vor ihm - oft gefoult. Er ist bemerkenswert geschickt mit beiden Füßen und kann mit links ebenso gut flanken wie mit rechts schießen. Außerdem hat er sein Passspiel weiterentwickelt - einer der Gründe, warum er vom Linksverteidiger zum Spielmacher befördert wurde.

"Ich fühle mich in beiden Rollen wohl und werde spielen, wenn der Trainer oder die Mannschaft mich braucht", sagte er gegenüber dem argentinischen Sender TyC Sports. "Viele Leute sehen mich als Mittelfeldspieler, da meine Hauptqualität das Angriffsspiel ist, aber ich spiele auch gerne als Linksverteidiger, weil ich dann das ganze Spielfeld vor mir habe."

Der Teenager hat auch bewiesen, dass er in entscheidenden Momenten Nerven wie Drahtseile hat, indem er die entscheidenden Elfmeter bei den Siegen gegen Nacional in der Libertadores und Talleres de Cordoba in der Copa Argentina souverän verwandelte.

Barco hat noch einiges an körperlicher Arbeit vor sich. Seine schlanke Statur war einer der Gründe für seinen Wechsel vom linken Verteidiger, wo der Körper eines Spielers stark beansprucht wird, ins offensive Mittelfeld. Wenn er erst einmal zugelegt hat, wird er bereit sein, es mit den Besten Europas aufzunehmen.

Barco wurde mit dem ehemaligen argentinischen Nationalspieler Juan Pablo Sorin verglichen, da er sowohl als Mittelfeldspieler als auch als Linksverteidiger einsetzbar ist. Um ein moderneres Beispiel zu nennen: Er könnte der nächste Oleksandr Zinchenko sein, weil er von der Verteidigung ins Mittelfeld wechseln kann.

"Er hat ähnliche Eigenschaften wie Sorin, das ist der Spieler, der ihm am ähnlichsten ist. Er ist offensivstark und linksfüßig, kann aber mit beiden Füßen gut spielen", sagte Maddoni, der den Teenager entdeckt hatte.

Barco ist bereits ein etablierter Spieler in der argentinischen U20-Auswahl und seine erste Berufung in die A-Nationalmannschaft zu den Weltmeistern dürfte nicht mehr lange auf sich warten lassen. "Barco wird nicht untätig bleiben, er wird für Argentinien spielen", sagte Maddoni. "Jeder Verein wird ihn haben wollen. Er hat alles: Charakter, Schnelligkeit, Aggressivität und einen starken Fuß. Er wird bei der nächsten Weltmeisterschaft dabei sein."

Der 19-Jährige wurde bereits mit Manchester City und dem FC Liverpool in Verbindung gebracht. Auch Brighton, das mit südamerikanischen Neuzugängen wie Moises Caicedo und Julio Enciso großen Erfolg hatte, könnte ein weiterer möglicher Arbeitgeber in der Premier League sein.