Die Tabelle lügt ja bekanntlich nicht, und sie stellt Thomas Tuchel ein sehr ordentliches Zwischenzeugnis aus. Der gar nicht mehr so neue Coach hat aus einem Punkt Rückstand nach dem 25. Spieltag einen Punkt Vorsprung gemacht. Drei Spieltage vor dem Ende hat der FC Bayern den Titelgewinn wieder in der eigenen Hand.
Zur Wahrheit gehört allerdings auch, dass sich von den beiden entscheidenden Parametern des Fußballs nur einer verändert hat - und zwar deutlich zu Ungunsten der Bayern. Während die Gegentorquote unter Tuchel (1,16 pro Spiel) nur unwesentlich schlechter ist als jene unter Nagelsmann (1,08 pro Spiel), ist die Zahl der erzielten Tore krass eingebrochen.
72 Treffer schossen die Bayern in 25 Liga-Spielen unter Nagelsmann und damit 2,88 pro Spiel. Mit Tuchel als Trainer ist der Wert auf 1,83 gesunken. Pro Partie schießen die Bayern aktuell also ein Tor weniger als noch vor dem Trainerwechsel.
Die Probleme in der Offensive werden mittlerweile Wochen für Woche und gegen jeden Gegner nur noch sichtbarer. Sobald sich die Gegner tiefer positionieren und aus einem kompakten Block in einer Mischung aus Mittelfeld- und Abwehrpressing agieren, fehlt es der Mannschaft an Ideen und Abläufen, um diesen Block auseinanderzuspielen. Vereinzelt kommt noch einer von Joshua Kimmichs Chipbällen hinter die Abwehr an. Ansonsten lahmen die Halbräume und das Zentrum und die Münchener Standards verpuffen einfalls- und wirkungslos.
Obwohl die Zahlen es nicht hergeben, scheint immerhin Bayerns defensive Stabilität und Absicherung besser als über weite Strecken der Saison. Im Gegenpressing fallen nicht mehr so viele Spieler durch.
GOAL und SPOX haben bei Noussair Mazraoui nachgefragt: Was hat sich denn nun konkret am Spielstil der Mannschaft unter Thomas Tuchel verändert? „Wir versuchen von hinten heraus mit hohem Tempo zu spielen, aber auch geduldig. Mit Momenten im Mittelfeld, in denen die Spieler auch viel dribbeln dürfen, wenn sich die Gelegenheit dazu ergibt. Das hat er der Mannschaft vermittelt.“
Bayerns Rechtsverteidiger erklärt das nachvollziehbar und schlüssig. Nur ist auf dem Platz davon immer noch recht wenig zu sehen. Da bleibt Vieles sehr fehlerhaft. Sobald der Gegnerdruck im Übergangsdrittel oder in der Zone vor dem gegnerischen Tor größer wird, schleichen sich Ungenauigkeiten in allen Bereichen ein: Im Passspiel, beim Freilaufverhalten, in der Entscheidungsfindung, beim Torabschluss.