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614 Tage Leidenszeit für den "nächsten Iniesta": Charly Musonda bei Chelsea vor dem Märchencomeback


HINTERGRUND

Es gibt schlechte Diagnosen, es gibt niederschmetternde Diagnosen und dann gibt es das, was die Ärzte Charly Musonda 2019 mitteilten. Nach chronischen Knieproblemen musste sich das damalige Supertalent des FC Chelsea einer Operation unterziehen und die Mediziner zerstörten die Hoffnungen ihres 22-jährigen Patienten auf die Fortsetzung seiner Profikarriere.

Musonda erinnerte sich daran in einem Instagram-Post im vergangenen Oktober: "Die Ärzte sagten mir, dass die lange Ausfallzeit das Ende bedeutet. Im Wortlaut meinten sie, es sei unmöglich, diesen Berg zu erklimmen."

Charly Musonda wechselte von Anderlecht zum FC Chelsea

Zu dem Zeitpunkt hatte der belgische Junioren-Nationalspieler sieben Partien für Chelseas Profis bestritten, war an der Seite von Top-Stars wie Eden Hazard aufgelaufen und hatte 2017 im League Cup seine ersten Scorerpunkte gesammelt. Musonda hatte aber auch bereits drei lange Verletzungspausen hinter sich. Leihgeschäfte zu Real Betis nach Sevilla, wo er Stress mit Trainer Gustavo Poyet hatte, Celtic und Vitesse Arnheim entwickelten sich zu Fiaskos.

Musonda war 2012 von Anderlecht zu Chelsea gewechselt. Nun stand er unverschuldet vor dem Scherbenhaufen seiner Laufbahn. Der einst so quirlige und pfeilschnelle Mittelfeldspieler dachte aber nicht darüber nach, die Brocken hinzuwerfen. Er akzeptierte die Herausforderung und begann fortan, für sein Comeback zu schuften. "Ich trainiere weiter, ich will bereit sein. Egal, wie die Aussichten sind, eines Tages will ich zurück sein."

Tag für Tag fuhr ihn seine Mutter zu den Reha-Einheiten in Chelseas Trainingszentrum Cobham, wo für seinen Traum von der großen Profikarriere mühselig arbeitete. Dem Independent berichtete er Anfang 2020, es sei "das schlimmste Jahr" seines Lebens gewesen: "Manchmal fühle ich mich sehr einsam."

Die Schufterei aber zahlte sich in kleinen Etappen aus. Musonda konnte sein Knie Schritt für Schritt stärker belasten und erlangte immer mehr Beweglichkeit zurück. Im Herbst engagierte der mittlerweile 24-Jährige einen privaten Fitnesscoach.

In besagtem Beitrag bei Instagram schrieb er: "Es ist vier Jahre her, dass ich ein Profispiel bestritten habe, drei Jahre, seit ich das letzte Mal für meinen Verein gespielt habe - und zwei dieser letzten vier Jahre habe ich mit meiner Verletzung am hinteren Kreuzband gekämpft. Nichts als Herzschmerz und Kummer."

Charly Musonda trainiert bei Chelsea wieder mit der U23

Im Dezember vergangenen Jahres war es mit Herzschmerz und Kummer vorbei. Musonda kehrte er in das Mannschaftstraining von Chelseas U23 zurück. Nun steht offenbar der Tag bevor, an dem Musondas Schuftereien sich auszahlen und an dem er die Wahrscheinlichkeit vollends besiegt. Am vergangenen Freitag kündigte er unter einem Trainingsvideo, in dem er leichtfüßig mit der Kugel jongliert, an: "Ich liebe Fußball und ich werde zurückkommen."

Charly Musonda, ChelseaGetty

Noch gibt es keinen Termin für eine Rückkehr. Sicher ist aber, dass sie nach 614 Tagen (!) Leidenszeit so nah ist wie nie zuvor.

Einer, der trotz der schlimmen Verletzungshistorie stets an ein Comeback geglaubt hat, ist Yannick Ferrera. Er trainierte Musonda einst in der Anderlecht-Jugend und im Gespräch mit Goal und SPOX schwärmte er im Vorjahr von seinem einstigen Schützling: "Ich erlebte ihn als Zehn- oder Elfjährigen und ich dachte: 'Das ist ein Spieler, der es unter die Top Fünf schaffen kann. Er wird wie Iniesta.' Nie habe ich einen meiner Spieler so hoch eingeschätzt."

Ferrera sagte weiter: "Zuallererst war er technisch unglaublich begabt. Dazu kamen seine Übersicht und seine Reife. Mit zehn spielte er wie ein 30-jähriger Profi. Er hatte Abgeklärtheit, Ruhe und Führungsqualitäten. Das erwartet man bei einem Kind nicht, und ich habe es später auch nicht mehr erlebt."

Chelsea: Auch Barcelona und die Manchester-Klubs wollten Charly Musonda

Kein Wunder, dass 2012 die Creme de la Creme des europäischen Fußballs scharf auf den Youngster war. Neben dem FC Barcelona waren auch Chelseas Premier-League-Rivalen Arsenal, Manchester City und Manchester United scharf auf den Angreifer, die Blues gewannen schließlich den Transferpoker.

Musonda (Vertrag bis 2022) brauche nun "ein, zwei Jahre Fußball und auch etwas Glück mit Verletzungen, der richtigen Mannschaft und dem richtigen Trainer", um seine Karriere wieder in Schwung zu bringen, mutmaßte Ferrera. Er sagte abschließend: "Ich glaube weiter an ihn, noch ist es nicht zu spät."

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