Albin Ekdal erzählte jüngst eine Anekdote über Giorgio Chiellini aus seiner kurzen Zeit bei Juventus Turin: "Er hat mich zum Training gefahren, als ich keinen Führerschein hatte", verriet der schwedische Mittelfeldspieler, bevor er mit den Tre Kronor auf die italienische Nationalmannschaft traf. Er ergänzte: "Auf dem Feld kann er (Chiellini, Anm. d. Red.) ein Schwein sein. Das weiß er selber. Aber im Prinzip will jeder einen solchen Spieler in seinen Reihen." Italien hat gleich drei von Chiellinis Sorte - allesamt spielen sie in der Abwehrkette der Squadra Azzurra.
Chiellini, Andrea Barzagli und Leonardo Bonucci bilden die beste Defensivreihe des Weltfußballs. Letzte Woche zeigte die Titelseite der Gazzetta dello Sport ein Bild, auf dem das Trio als Charaktere des Quentin-Tarantino-Films "Inglorious Basterds" zu sehen war. Warum? Ganz einfach: Barzagli, Bonucci und Chiellini machen keine Gefangenen; sie sind drei Krieger, die ebenso brutal wie genial sind - und sie sind der Grund, warum Italien guter Dinge ist, Spanien im EM-Achtelfinale (18 Uhr im LIVE-TICKER) bezwingen zu können.
Vorne wenig Glanz, hinten pures Gold
Die Azzurri reisten mit einem nominell wenig berauschenden Kader nach Frankreich. Bereits im Vorfeld mussten die Südeuropäer den Ausfall der Mittelfeld-Stars Marco Verratti und Claudio Marchisio hinnehmen, im Angriff fehlt ein echter Weltklasse-Knipser. Dass die Mannschaft über enorme Qualität in der Defensive verfügt, wurde hingegen nie bezweifelt.
Barzagli, Bonucci und Chiellini spielen seit 2011 zusammen bei Juve - Conte schaffte sich als Juve-Coach dieses Dreigespann an und erntet nun das, was er einst selbst säte. Der 46-Jährige, der ab kommender Saison den FC Chelsea trainieren wird, erkannte schnell, welch großes Potenzial darin steckte, auf eine Dreierkette umzustellen, warf seine vorherigen Pläne, mit einer flachen Viererreihe zu spielen, prompt über den Haufen. Das Ergebnis war beeindruckend: Mit Barzagli, Bonucci und Chiellini als "Defensiv-Wirbelsäule" gewann der Klub aus dem Piemont drei Scudetti in Folge - und zwei weitere unter dem aktuellen Coach Massimiliano Allegri.
Goal
94-mal standen sie für die Bianconeri zusammen auf dem Platz, gewannen davon 63 Spiele, holten 20 Remis und verloren lediglich elf Partien. 51-mal gelang es den leidenschaftlichen Kämpfern sogar, die Null zu halten.
Bonucci sagte vor einiger Zeit, dass die drei sich gemeinsam "nah an der Perfektion" bewegten. Er schwärmte weiter: "Andrea und Giorgio sind zwei echte Champions. Sie wissen, wie sie mit der nötigen Aggressivität in einer Dreierkette agieren müssen, während ich den beiden den Rücken freihalte, wenn sie hoch verteidigen. Sie sind zwei Bulldogen und gehören definitiv zu den besten Verteidigern der Welt."
In der Tat wissen Chiellini und Barzagli, dass sie in Bonucci einen extrem spielstarken Teamkollegen haben. In der Spieleröffnung wartet der ehemalige Inter-Akteur sicherlich mit der höchsten Begabung der Drei auf. Ein Beispiel gefällig? Der Pass zum Führungstreffer gegen Belgien, als er Mitspieler Emanuele Giaccherini quasi pirloesk bediente.
Morata mit großer Ehrfurcht
Spanien-Trainer Vicente del Bosque hat sich - trotz des italienischen Abwehrbollwerks - zuversichtlich gezeigt. Er glaubt fest daran, dass der Titelverteidiger, dem viermaligen Weltmeister ordentlich zusetzen kann. Alvaro Moratas Äußerungen im Vorfeld des Wiedersehens mit seinen Ex-Kollegen von Juventus, sprechen allerdings Bände.
Morata, der zwei Spielzeiten lang beim italienischen Rekordmeister auf Torejagd ging, nun aber zurück zu seinem Ex-Verein Real Madrid wechselt, weiß um die Klasse von Gareth Bale, Karim Benzema und Cristiano Ronaldo, bringt aber ebenso viel Bewunderung für das Turiner "BBC" auf: "Bonucci ist ein Leader, Chiellini verfügt über sehr viel Kraft und Barzagli hat eine exzellente Qualität", zeigte sich der Angreifer vor dem Achtelfinale ehrfürchtig, und schob nach: "Gegen diese Jungs ein Tor zu erzielen, ist nahezu unmöglich"
Auch Chiellini findet ausschließlich lobende Worte über den zukünftigen Madrid-Stürmer: "Ich hoffe, dass er sich bei Real durchsetzen kann, weil es immer sein Traum war, für diesen Verein zu spielen. Er besitzt das Talent und die Persönlichkeit, in den nächsten Jahren ein fester Bestandteil Reals und der Nationalmannschaft zu sein. Er hat es sich verdient."
"Auf dem Feld muss die Freundschaft ruhen"
Allerdings gab der 31-Jährige Abwehrrecke ebenfalls zu Protokoll, dass er und seine Teamkameraden Morata sicherlich nicht mit Samthandschuhen anfassen werden.
"Er ist ein guter Junge und wir haben ausschließlich gute Erinnerungen an unsere gemeinsame Zeit mit ihm", so Chiellini, um süffisant nachzulegen: "Aber obwohl wir ihn respektieren, muss die Freundschaft auf dem Feld ruhen."
