Marco Reus Georgia v Germany EURO 2016 Qualifiers 03292015Bongarts

DFB macht's in Flitzer-Manier

Wenn man es als Flitzer bei Profispielen bis auf das Spielfeld schaffen will, muss man vor allen Dingen zweierlei Aspekte beherzigen: zielstrebig auftreten und Durchsetzungsstärke beweisen. Am Sonntagabend schafften es gleich mehrfach allzu euphorisierte Anhänger im Boris-Paichadzis-Stadion von Tiflis, die Sicherheitskräfte zu überrumpeln und in die Nähe ihrer heißgeliebten Stars zu gelangen.

Im Vorfeld zum Qualifikationsspiel der deutschen Nationalmannschaft in Georgien  (0:2) hatte Bundestrainer Joachim Löw von seinen Akteuren ebenfalls eben diese beiden Attribute eingefordert. Zu groß war die Sorge davor, durch einen weiteren Ausrutscher Punkte im Kampf um ein Ticket zur EM 2016 in Frankreich liegen zu lassen – zumal als amtierender Weltmeister, der ganz andere Maßstäbe an das eigene Auftreten anlegt. Der gebürtige Schwarzwälder sah sich gar genötigt, seine Kicker zu ermahnen. "Der Ernst der Lage war ja nicht zu übersehen, wenn man vor dem Spiel auf die Tabelle geschaut hat", wie er nach den gespielten 90 Minuten gestand.

Die Stimmen zum Spiel

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Und seine Spieler taten ihrem Übungsleiter im 900. Pflichtspieleinsatz des DFB diesen Gefallen und gingen seriös zu Werke. Vom Anpfiff weg nahmen sie das Heft des Handelns im Hexenkessel der georgischen Hauptstadt in die Hand, ließen im Duell gegen den 126. der Weltrangliste keine Zweifel daran aufkommen, wer dieses Spiel dominieren wird.

Löw bietet Bestbesetzung auf

DFB-Coach Löw hatte angesichts der ernsten Umstände darauf verzichtet, in dieser richtungsweisenden Partie seine Taktikexperimente weiter voranzutreiben. So verzichtete er auf einen Dreier-Abwehrriegel, sondern beorderte stattdessen eine Viererkette aufs Feld, deren Außenpositionen rechts der Hoffenheimer Sebastian Rudy und auf der linken Seite Jonas Hector vom 1. FC Köln bekleideten.

Daneben nominierte der 46-Jährige Manuel Neuer, Jerome Boateng, Mats Hummels, Toni Kroos, Thomas Müller und den erstmals offiziell als Kapitän auflaufenden Bastian Schweinsteiger für die Startelf. Sie alle hatten noch im jüngsten Test gegen die australischen Socceroos nicht von Beginn an mitgewirkt.

Erst kurz vor Halbzeit bricht der Bann

Erwartungsgemäß verfolgten die Hausherren einen ultradefensiven Matchplan: Sie boten in der Abwehr ein dichtgestaffeltes Fünfer-Bollwerk auf, ließen davor zwei defensive Mittelfeldspieler das Spielfeldzentrum verbarrikadieren und hofften, einzelne Nadelstiche in Kontersituationen setzen zu können, die der alleinige Angreifer Mchedlidze vergolden sollte.

Bereits in der ersten halben Stunde hatten Reus (5.), Müller nach einer einstudierten Eckballvariante (13.), Götze (26.) und abermals Aktivposten Reus (29.) die Führung auf dem Fuß. Ihre Versuche aus jeweils vielversprechender Position verfehlten jedoch ihr Ziel denkbar knapp.

Tipico

So war es an Offensivakteur Marco Reus in seinem 24. Länderspiel die Deutschen auf die Siegerstraße zu bringen und den georgischen Schlussmann Loria erstmals zu überwinden. Nach einer der vielen Dribblings von Edeltechniker Götze war das Spielgerät etwas glücklich vor seinen Füßen gelandet. Der ehemalige Klubkamerad Götzes ließ sich nicht zwei Mal bitten und vollstreckte eiskalt. Als dann Bayern-Eigengewächs Thomas Müller kurz vor dem Halbzeitpfiff in seiner ihm ganz eigenen Art noch den zweiten Treffer nachlegte, war das Spiel im Grunde gelaufen.

Mit Sicherheit im Rücken geht Konsequenz verloren

"Mit der ersten Hälfte bin ich zufrieden, das waren ein paar gute Kombinationen mit Zielrichtung Tor", resümierte Löw nach Spielende vor laufenden Kameras. "Nach der Pause haben wir das Spiel dann zu sehr verwaltet. Da haben wir wieder die ein oder andere Chance liegengelassen", kritisierte er jedoch zu Recht die allzu nachlässige Herangehensweise seiner Mannschaft im zweiten Durchgang.

Kapitän Schweinsteiger argumentierte nachher, dass es eben schwer sei, gegen einen derart tief gestaffelten Kontrahenten zu klaren Torchancen zu kommen. Insbesondere angesichts der derzeitigen Tabellensituation ist jedoch davon auszugehen, dass die Gegner der Deutschen in den nächsten Gruppenspielen eine ganz ähnliche Taktik verfolgen werden. Aktuell liegt der Weltmeister mit zehn Punkten auf Rang drei, gleichauf mit den überraschend stark aufspielenden Schotten. An der Tabellenspitze trohnt derweil Polen, das einen Punkt Vorsprung aufweist. Zudem sitzen die kampfstarken Iren dem DFB mit zwei Zählern Rückstand weiterhin im Nacken. 

Dem 30-Jährigen war in Arbeitsteilung mit dem neben ihm postierten Madrilenen Kroos die Aufgabe zugefallen, das Spiel aus dem Mitteldrittel heraus zu dirigieren. Immer wieder pendelten sie im eigenen Spielaufbau in Richtung des Innenverteidigerpärchens Boateng und Hummels, um die Kugel abzuholen und eigene Angriffe einzuleiten.

Vielfach wählten sie dabei den Weg über die Außenbahnen, um so das Zentrum zu meiden, in dem sich angesichts einer Vielzahl an Spielern kaum bespielbare Räume auftaten. Die weit aufrückenden Außenverteidiger hinterliefen dabei regelmäßig die auf die Halbpositionen ausweichenden Flügelspieler und schalteten sich als weitere Anspielstationen ins Offensivspiel ein.

Erfolgsrezept animiert Nachahmer

Nach dem Wiederbeginn verlegte sich die DFB-Auswahl mit dem beruhigenden Vorsprung im Rücken dann weitestgehend auf Spielkontrolle. Zwar kamen sie noch vereinzelt zu Torchancen, aber die Hausherren mühten sich nach Kräften, ein weiteres Gegentor zu verhindern. Die größte Einschussgelegenheit ließ abermals Reus verstreichen, dessen Schuss nach mustergültiger Vorarbeit durch Rudy nicht den Weg ins Tor fand, sondern ans Aluminium des georgischen Gehäuses klatschte.

"Es war nicht ganz so leicht, die letzten Pässe zu spielen. Gerade in der zweiten Halbzeit hätten wir es uns leichter machen können", pflichtete Thomas Müller seinem Mannschaftsführer und Vereinskameraden später bei.

So war es den etlichen Platzstürmern vorbehalten, für Aufsehen im Verlauf des zweiten Spielabschnitts zu sorgen. Sie hatten sich scheinbar ein Vorbild an der über lange Zeit zielstrebig und durchsetzungsstark agierenden deutschen Mannschaft genommen und so dazu ermutigt gefühlt, ihr kühnes Vorhaben in die Tat umzusetzen. Wie für alle Beobachter ersichtlich, war auch ihr Unterfangen an diesem Abend gleich mehrfach von Erfolg gekrönt.

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