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Türkei-Überraschungsmannschaft Yeni Malatyaspor: In zwei Jahren aus der zweiten Liga nach Europa


HINTERGRUND

Januar 2019: Es ist ein kalter Tag in Istanbul, die Sonne verschwindet langsam hinter dem Bosporus, die Scheinwerfer des Sükrü-Saracoglu-Stadion erleuchten den Himmel in der Dämmerung, als über 32.000 frenetische Zuschauer Zeuge eines spektakulären Spiels werden.

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Der Tabellen-15. fordert den Drittplatzierten, Fenerbahce empfängt Yeni Malatyaspor. Doch nicht der große, ruhmreiche Klub aus Istanbul mischt in der Tabellenspitze mit, sondern die Gäste aus Ostanatolien sind nach 19 Spieltagen die große Überraschung der Süper-Lig-Saison. Fener hingegen kämpft zu diesem Zeitpunkt gegen den Abstieg.

Es entwickelt sich ein Schlagabtausch, Malatyaspor kontert zweimal eine Führung der Hausherren, doch ein Abstaubertor von Mehmet Topal kurz vor dem Schlusspfiff lässt das Stadion toben und besiegelt schließlich die erst fünfte Saisonniederlage der Gäste.

Nach der Hinrunde lag Yeni Malatyaspor auf Rang zwei, die Mannschaft spielte teilweise atemberaubenden Fußball und beendete die Saison auf Rang fünf, gleichbedeutend mit dem Qualifikationsplatz für die Europa League. Das Besondere daran? Für den 1986 gegründeten Verein war 2018/19 erst die zweite erstklassige Spielzeit in der Klubgeschichte.

Yeni Malatyaspor in der Europa League: Drei Quali-Runden bis zur Gruppenphase

Nach dem Aufstieg 2017 hatte der Klub in der Premierensaison souverän die Klasse gehalten, ehe das Team im zweiten Jahr richtig durchstartete. "Im Endspurt der vergangenen Saison wurde regelrecht darauf hingefiebert, dass wir den Quali-Platz erreichen", erinnert sich Defensivspieler Robin Yalcin im exklusiven Gespräch mit Goal und SPOX vor dem ersten internationalen Auftritt am Donnerstag gegen NK Olimpija. "Der Verein hat in seiner Geschichte noch nie eine bessere Platzierung erreicht, da wird im Stadion schon Einiges los sein", ist sich der 25-Jährige sicher.

Drei Qualifikationsrunden müssen die Türken überstehen, um die Gruppenphase zu erreichen. Nichtsdestotrotz wurde dies intern als Ziel ausgegeben, "nachdem man jetzt schon so weit gekommen ist", so Yalcin. Gegen den slowenischen Pokalsieger geht Malatyaspor zunächst jedenfalls als leichter Favorit in die Partie.

Mithelfen soll beim möglichst erfolgreichen Bewältigen der Herausforderung auch ein bekanntes Gesicht aus der Bundesliga: Der ehemalige HSV-Profi Gökhan Töre, in seiner Karriere zuvor außerdem für Chelsea, Rubin Kazan, Besiktas und West Ham United aktiv, hat Mitte Juli einen Vertrag bei Malatyaspor unterzeichnet.

Töre-Transfer beweist steigende Attraktivität Yeni Malatyaspors

"Ich habe schon ein paar Mal gegen ihn gespielt, als er noch bei Besiktas war. Er ist auf jeden Fall ein Qualitätsspieler und deshalb ein Gewinn für uns", ist sich Yalcin sicher, schiebt jedoch hinterher: "Man muss hoffen, dass er gesund bleibt, das war in den letzten Jahren leider nicht immer der Fall. Im Training hat er aber schon gezeigt, dass er viel Qualität mitbringt."

Dass ein solch gestandener Spieler, der bereits 26 Länderspiele für die Türkei absolviert hat und in der Blüte seiner Karriere einst eine zweistellige Millionensumme Wert war, sich mit 27 Jahren für Yeni Malatyaspor entscheidet, ist laut Yalcin auch ein Zeichen, dass sich der Verein innerhalb der Türkei "zu einer attraktiven Adresse" entwickelt hat.

GERMANY ONLY Robin Yalcin Yeni Malatyaspor Ryan Donk Galatasaray

Yalcin selbst, einstiger Gewinner der U17-Fritz-Walter-Medaille in Silber und ehemaliger deutscher Junioren-Nationalspieler, hatte sich derweil zunächst im Sommer 2015 für einen Wechsel vom VfB Stuttgart zu Caykur Rizespor entschieden. In der Süper Lig bestritt er mittlerweile 72 Pflichtspiele.

Seit Januar läuft Yalcin für Malatyaspor auf. Dabei wurde ihm nach dem Wechsel schnell klar, was seinen künftigen Verein aus der 800.000-Einwohner-Stadt ausmacht. "Vom ersten Tag an ist mir aufgefallen, dass es innerhalb des Teams keine Gruppen gibt. Das ist durchaus selten im Profifußball", erzählt er. "Der Zusammenhalt ist top, das war schon ein Schlüssel zum Erfolg in der vergangenen Saison, weil alle an einem Strang ziehen. Auf dem Platz müssen wir sowieso funktionieren, aber es ist doch umso schöner, wenn neben dem Platz Freundschaften daraus entstehen."

Mit diesem Teamgeist sollen nun die Qualifikation für Europa gemeistert und in der Liga erneut die Top-Teams geärgert werden. Dort wartet zum Auftakt allerdings ein schweres Programm mit Spielen gegen Vizemeister Basaksehir und den Vorjahres-Viertplatzierten Trabzonspor. Dennoch will man bei Yeni Malatyaspor nicht als One-Season-Wonder in die Ligageschichte eingehen.

Yalcins Traum: Mit Yeni Malatyaspor gegen Manchester United

"Die vorderen Plätze belegen eigentlich immer die großen Vereine aus Istanbul, auch wenn Fenerbahce vergangene Saison komplett geschwächelt hat. Dennoch gibt es immer eine oder zwei Mannschaften, die ganz vorne mitmischen", sagt Yalcin. Die Liga sei "ziemlich ausgeglichen, dort kann jeder jeden schlagen. Durch unsere Platzierung in der Vorsaison werden wir nun sicherlich auch mit der nötigen Ernsthaftigkeit wahrgenommen. Nun geht es darum, diese Leistung zu bestätigen oder wenn möglich sogar zu verbessern".

Zuvor liegt der Fokus beim Team von Trainer Sergen Yalcin jedoch voll und ganz auf der Europa-League-Qualifikation. Denn wenn Ende August in Monaco die Auslosung für die Gruppenphase stattfindet, soll sich der Name Yeni Malatyaspor im Lostopf befinden.

Aufgrund seiner langen Vergangenheit in Deutschland wäre ein Kontrahent aus der Bundesliga eine schöne Sache für Yalcin. Sein Wunschgegner ist allerdings ein Klub aus der Premier League. "Wie viele Spieler haben schon die Chance, einmal bei Manchester United im Old Trafford zu spielen? Das klingt schon sehr verlockend", so Yalcin.

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