Lionel Messi und seine geplatzte Rückkehr zum FC Barcelona: Langfristig besser für Barça

Lionel Messi hat es selbst verkündet. Am Mittwoch gab der Argentinier ein langes Interview in den spanischen Zeitungen Sportund Mundo Deportivo. Darin gab er bekannt, dass er nicht nach Barcelona zurückkehren und stattdessen in Miami anheuern wird.

Er verriet, dass er in Paris unglücklich war, dass er zurück ins Camp Nou wollte. Doch Messi betonte auch, dass ihn einige Leute nicht gerne zurück bei Barça gesehen hätten.

Das ist schwer vorstellbar. Messi wird für immer mit dem FC Barcelona in Verbindung gebracht werden. Er führte den Verein wieder in das oberste Fußball-Regal, ist Rekord-Torschütze. Wer wäre so ignorant und selbstherrlich, ihn abzulehnen?

Doch die Kritiker haben vielleicht nicht ganz unrecht. Eine Rückkehr von Messi war in der Theorie immer verlockend und ein Traum für alle Fußballromantiker. Aber hätte es wirtschaftlich auch Sinn ergeben? Und wo hätte Messi seinen Platz im Team finden sollen?

Seine Entscheidung hat die Blaugrana trotzdem traurig gemacht. Eine Weile wird das sicher noch im allgemeinen Barça-Gedächtnis bleiben. Doch GOAL analysiert, warum es gut ist, dass Messi nicht zum FC Barcelona zurückkehren wird.

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    FC Barcelona und Messi: Was hätte sein sollen

    Der Barcelona wird natürlich nie zugeben, dass diese Absage letztlich gut für den Verein sein könnte.

    Bei diesem Transfer ging es ebenso sehr um Macht und Ego wie um den Sport an sich. Dass Messi 2021 keinen neuen Vertrag unterschreiben konnte, war eine selbst verschuldete Katastrophe, der Höhepunkt jahrelanger finanzieller Misswirtschaft. Barça wollte Messi, um der Fußballwelt zu zeigen, dass man nach Jahren des finanziellen Ruins seinen Star zurückholen kann, dass man stabil aufgestellt ist.

    Die aktuelle Form von Messi hätte Barcelona fußballerisch natürlich nicht unbedingt schlechter gemacht. Aber es schien mehr um die romantische Rückkehr zu gehen als um einen guten Transfer.

    Der Weggang von Messi hatte also der Marke Barcelona als Ganzes geschadet. Barçawird normalerweise von niemandem abgelehnt. Vor allem nicht von Vereinslegenden. Und von Lionel Messi erst recht nicht.

    Berichten zufolge war bereits alles für seine Rückkehr vorbereitet. Man rechnete mit neuen Sponsoren und hohen Trikot-Verkaufszahlen. Die Beziehung zu Messi sollte symbiotisch sein. Er würde dem Verein Geld einbringen, und der Verein würde einen Teil dieser Gewinne verwenden, um ihn zu bezahlen - zu gleichen Teilen Fußballer und Einnahmegarant.

    Auch der Kader wurde angepasst. Jordi Alba, Sergio Busquets und Gerard Piqué, die zu den bestverdienenden Spielern Barcelonas gehören, haben den Verein in den letzten sieben Monaten verlassen. Für Piqué war es sicherlich an der Zeit, weiterzuziehen. Die beiden anderen jedoch wurden vielleicht vor die Tür gesetzt und nahmen massive Gehaltskürzungen in Kauf - damit das Geld für die mögliche Ankunft von Messi vorhanden war. Die Blaugrana opferte die letzten Spieler aus Messis Generation, um ihn zurückzuholen.

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  • Lionel Messi BarcelonaGetty

    Barcelona und Messi: Die Uneinigkeit

    Aber Messi wollte sich nicht von Barcelonas Schwierigkeiten abhängig machen. Oder besser gesagt glaubte er wohl nicht zwingend, dass alles machbar sei. Er behauptete am vergangenen Mittwoch, Barçahabe ihm nie ein formelles Angebot unterbreitet. Der Verein konterte und betonte, dass Messis Vater ein solches Angebot vorgelegen habe.

    Es ist möglich, dass beide Parteien bis zu einem gewissen Grad Recht haben. Messi ist sich über die Finanzen des FC Barcelona im Klaren und konnte wahrscheinlich erkennen, dass der Verein die Wege zur Finanzierung seiner Rückkehr einleitete. Immerhin haben sie ihre Absichten öffentlich deutlich gemacht. Xavi, Sergi Roberto und Laporta sagten, dass sie ihn unbedingt haben wollten.

    Letztlich ersparte sich Messi eine mögliche peinliche Absage Barças, falls die Katalanen die Unterschrift finanziell nicht hätten stemmen können.

    Der FC Barcelona seinerseits war wütend. Man gab eine sarkastische Erklärung ab, in der man Messi viel Glück wünschte, da er in einer "Liga mit geringeren Anforderungen" spielen würde.

    Das waren die Worte einer Organisation, deren Ego verletzt worden war. Hier war ein Verein, der seinen neuen (alten) Superstar zur Schau stellen wollte. Er wies den Klub zurück, bevor es hätte konkret werden können. Das ist etwas, worüber Barçanicht sofort hinwegkommt und vielleicht auch nie hinwegkommen wird.

  • Lionel Messi Press ConferenceGetty

    Was Barcelona entgeht

    Im sportlichen Sinn hätte Messi jedes Mal für Aufregung gesorgt, wenn er das Spielfeld betreten hätte. Jetzt ist er zwar langsamer, seine magischen Beine stapfen durch den Rasen, über den sie einst flogen. Er berührt den Ball seltener und läuft weniger. Aber seine technischen Fähigkeiten sind immer noch da. Messi ist immer noch Messi - nur eine andere Version.

    Seine fußballerische Qualität und sein unbändiger Wille, für seinen FC Barcelona zu spielen, hätten der Blaugrana sicherlich tolle Momente beschert. Messi hat bei der Weltmeisterschaft gezeigt, dass er bei entsprechendem Willen immer noch die größten Titel gewinnen kann - und eine ganze Mannschaft mitreißt.

    Beide Parteien sind für immer untrennbar miteinander verbunden. Am liebsten wäre Messi ohnehin 2021 in Barcelona geblieben.

  • Lionel Messi BarcelonaGetty

    Darum macht es sportlich wenig Sinn

    Doch in diesem Jahr zeigte sich, dass der FC Barcelona nach 18 Monaten ohne Messi wieder eine großartige Mannschaft hatte. Trainer Xavi formte aus dem Kader erstmals seit vier Jahren einen spanischen Meister. Es läuft also auch ohne Messi.

    Messi ist natürlich zu gut, um Barçaschlechter zu machen - selbst mit seinen Defensivschwächen. Doch wenn er spielt, spielt ein anderer nicht - und die Entwicklung des Gesamten würde stagnieren. Pedri, Gavi oder Frenkie de Jong - einer der drei besten Mittelfeldspieler der vergangenen Saison in der spanischen Liga hätte dann auf die Bank gemusst.

    Außerdem hätte sich das Messi-Gehalt auf das Transfer-Budget ausgewirkt - und die Blaugrana hat eine sehr lange Wunschliste.

  • Barcelona La Liga trophy 2022-23 Sergio BusquetsGetty

    Das Barcelona ohne Messi

    Die Blaugrana kann nun Spieler verpflichten, die den Kader in den kommenden Jahren verbessern. Ganz oben auf der Liste soll der defensive Mittelfeldspieler Martin Zubimendi von Real Sociedad stehen, der in dieser Saison herausragte und zum spanischen Nationalspieler wurde. Der 24-Jährige soll die Nachfolge Busquets' antreten. Er wird zwar teuer werden, weil Real Sociedad ihn halten will - aber Barça wird Druck machen und Zubimendi will wohl kommen.

    Gabri Veiga ist ebenfalls im Gespräch. Der zentrale Mittelfeldspieler hat Celta Vigo in diesem Jahr elf Tore und vier Vorlagen eingebracht - und das im Alter von nur 21 Jahren. Sein Vertrag enthält eine Ausstiegsklausel in Höhe von 40 Millionen Euro.

    Es gibt noch weitere Optionen. Sollten sich die Blaugrana für einen neuen Rechtsverteidiger entscheiden, könnten sie sich um Bayerns Benjamin Pavard beschäftigen - der Weltmeister will München verlassen. Auch der aktuell an den FC Bayern ausgeliehene Joao Cancelo ist eine Option - Manchester City möchte ihn wohl verkaufen, die Bayern sind daran nicht interessiert.

    Das genaue Budget, das Barcelona zur Verfügung steht, ist nicht bekannt. Vielleicht kennt es nicht einmal der Verein selbst. Schließlich ist der FC Barcelona nicht gerade für seine finanzielle Umsicht oder sein tiefes Verständnis der spanischen Buchhaltungspraktiken bekannt.

    Dennoch wird jetzt Geld für eine Mannschaft zur Verfügung stehen, die sich weiterentwickeln kann.

  • Messi Inter Miami@FabrizioRomano

    Lionel Messi: Über den Teich zu Inter Miami

    Seine Rückkehr sollte eine Art Erlösung sein - nicht nur die Rückkehr einer Vereinslegende, sondern auch eine Wiedergeburt der Marke Barcelona. Stattdessen wird er nun in die Ferne jetten und für ein Team von Inter Miami auflaufen, das es in dieser Saison wahrscheinlich nicht in die MLS-Playoffs schaffen wird. Am 1. Juni wurde schon Trainer Phil Neville entlassen.

    Doch die Blaugrana muss sich nichts vorwerfen lassen. Wenn man Laporta glauben darf, hat Barcelona alles versucht, um Messi zurückzuholen. Doch sie hätten vor allem die Fußball-Romantiker damit überzeugt. Denn eine Garantie, dass Messi seinen Ex-Verein noch besser gemacht hätte, gibt es nicht. Den Talenten hätte er dafür allemal etwas beibringen können. Vielleicht wollte der Weltmeister all den Rummel nach 20 Jahren im Rampenlicht aber auch einfach nicht mehr.

    Das verletzte Ego des FC Barcelona wird heilen - und seine neue, junge Mannschaft wird sich durch mehr Spielpraxis und den Blick in die Zukunft statt in die Vergangenheit nur noch schneller verbessern.

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