Kein Geld, schwacher Kader und aufmüpfiger Präsident: Vor diesen Problemen steht Trainer Xavi nach seiner 180-Grad-Wende beim FC Barcelona

Xavi hat sich dazu entschieden, doch beim FC Barcelona zu bleiben. Weniger als drei Monate nach seiner eigentlich unmissverständlichen Ankündigung, die Katalanen am Ende der Saison zu verlassen, hat er sich umentschieden und will mindestens bis zum Ende seines Vertrages im Jahr 2025 bleiben.

In der Woche nach seiner Ankündigung herrschte eine gute Stimmung im Verein. Eine Legende des Klubs, die die Champions League gewonnen hat, will erneut LaLiga gewinnen. Dabei vergaßen einige Fans sogar, dass Barça weiterhin finanziell angeschlagen ist.

Doch irgendwann muss jeder der Realität ins Auge blicken. Xavi hat zwar geschworen, seinen Vertrag zu erfüllen - aber dazu muss er auch erfolgreich spielen lassen. Und obwohl er die Rückendeckung des Vorstands, die Gnade eines Teils der Fans und die offensichtliche Unterstützung aus der Kabine hat, geht es auch um eine Weiterentwicklung.

Es handelt sich in der Tat um eine sehr schwierige Aufgabe, die in den nächsten zwölf Monaten wahrscheinlich noch schwieriger werden wird. Xavi wird bei Barça weiterhin vor einigen großen Problemen stehen.

  • Xavi Barcelona 2024Getty Images

    Xavi muss die Fans und Kritiker von sich überzeugen

    Die ersten Reaktionen der Fans auf Xavis Entscheidung, den Verein zu verlassen, waren gleichgültig. Die Anhänger der Blaugrana hatten eine Mannschaft gesehen, die in den ersten fünf Monaten der Saison ideenlos wirkte - da die Methoden des Trainers, die bis Mai 2023 zum Gewinn der Meisterschaft gereicht hatten, nicht mehr funktionierten. Die Zeit von Xavi schien vorbei zu sein.

    Inzwischen hat sich das Blatt natürlich gewendet. Die Fans riefen Xavis Namen während Barças Sieg gegen den FC Valencia (4:2) am Montag. Dennoch ändert das wenig an der Tatsache, dass die Fans sowohl verärgert als auch verwirrt sind.

    Die Blaugrana ist nur noch ein Schatten ihrer selbst, ohne katalanische Identität und ohne die großen, erfahrenen La-Masia-Stars.

    Da hilft es auch nicht, dass der laute Nachbar Girona immer besser wird und Real Madrid wieder auf dem Vormarsch ist. Die Barça-Fans brauchen etwas, worüber sie sich freuen können. Dafür muss Xavi sorgen.

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  • PedriGetty Images

    Xavi muss die Einsatzzeiten besser verteilen - und Verletzungen meiden

    Jürgen Klopp behauptete kürzlich, dass er wegen einer Verletzungskrise beim FC Liverpool dachte, dass auf dem Trainingsgelände der Reds eine "Hexe im Haus" sei. Die Fitnessprobleme waren natürlich eher auf eine Kombination aus Pech und schlechtem Kadermanagement zurückzuführen als auf übernatürliche Vorkommnisse. Xavi steht derweil vor dem selben Problem.

    Barças Verletzungsprobleme waren in dieser Saison zeitweise lähmend. Gavi hat den Großteil der Saison verpasst, nachdem er sich im November 2023 einen Kreuzbandriss zugezogen hatte; Alejandro Balde ist seit Januar außer Gefecht, nachdem er an der Kniesehne operiert worden war; Frenkie de Jongs Knöchelprobleme werden zu einem echten Problem und Pedri kann immer noch nicht über die vollen 90 Minuten gehen.

    Es gibt so etwas wie Pech, aber im Großen und Ganzen muss Xavi vielleicht einfach klüger mit seinem Kader umgehen. Barça hat jahrelang junge Spieler mit hohen Einsatzzeiten belastet. Xavi kann sich über die Kadertiefe und die Anzahl der Spiele beschweren, muss die Einsatzzeiten aber besser verteilen.

  • Deco Joan Laporta Xavi Hernendez BarcelonaFC Barcelona

    Xavi muss Präsidente Laporta bändigen

    Präsident Joan Laporta hat in letzter Zeit einen wahren PR-Krieg geführt und sich mit jedem in der spanischen Fußballlandschaft angelegt. Allein in den letzten zwölf Monaten hat er sich mit LaLiga-Präsident Javier Tebas gestritten, ein Video veröffentlicht, in dem er Real Madrid verurteilt, und Schiedsrichter in der Presse angegriffen.

    Er scheint jede Woche mit einem neuen Drama oder einem neuen Vergehen die Öffentlichkeit zu suchen. Barça ist ein riesiger Medienzirkus und Laporta steht im Mittelpunkt des Geschehens. Xavi will eigentlich einen ruhigeren Weg. Entweder er schließt sich Laporta an, oder die beiden finden einen Mittelweg. Schließlich wäre er ohne die Unterstützung seines Präsidenten längst weg.

  • Raphinha Barcelona 2023-24Getty Images

    Geringes Budget, schlechterer Kader für Xavi?

    Eine Nachricht, die wohl niemanden mehr schockieren wird: Barça hat finanzielle Probleme. Laporta mag zwar alle Hebel in Bewegung gesetzt haben, aber der spanische FCB ist immer noch hoch verschuldet und wird weiter sparen müssen, um sich über Wasser zu halten.

    Wie genau sich das auf dem Spielfeld äußert, bleibt abzuwarten. Aber es sieht so aus, als gäbe es im Moment nicht viel Raum für Investitionen in den Kader. Barça hatte im Januar Schwierigkeiten, Neuzugang Vitor Roque zu verpflichten - und konnte den Deal erst abschließen, weil sich Gavi verletzte und sich somit Spielraum im Gehaltsgefüge ergab. Für das Sommer-Transferfenster macht dieser Umstand alles, nur keine Hoffnung.

    Wahrscheinlich müssen erst einige Spieler gehen, wenn neue kommen sollen. Raphinha, der eine ansehnliche Ablösesumme einbringen kann, könnte gehen müssen. Es gibt sogar Gerüchte, dass Gavi oder Pedri verkauft werden könnten, um das Budget zu erhöhen. Es scheint auch unwahrscheinlich, dass das Leih-Duo João Cancelo und João Félix dauerhaft verpflichtet wird. Xavi muss in der neuen Saison also vielleicht mit einem schwächeren Kader arbeiten.

  • Xavi Robert Lewandowski Barcelona 2023-24Getty Images

    Xavi muss den Generationenwechsel managen - und trotzdem immer gewinnen

    Es gibt jedoch einige Spieler, die einfach nicht zu einem Abgang zu bewegen wären - egal wie sehr Barça es auch versuchen würde. Robert Lewandowski ist schon weit über 30, ebenso wie Ilkay Gündogan, Marc-André ter Stegen, Sergi Roberto.

    Bei ter Stegen und Gündogan scheint das kein Problem zu sein, denn beide spielen weiterhin auf einem hohen Niveau. Aber es gibt ein Problem mit Lewandowski, das es zu lösen gilt. Der polnische Stürmer hat noch zwei Jahre Vertrag und ist als Spieler zweifelsohne über seinem Zenit. Zeitweise wirkte er zu unbeweglich für den Offensivstil, den Xavi spielen lassen will.

    Irgendwann wird eine schwierige Entscheidung zu treffen sein - vor allem, weil Roque und sein Jugendkollege Marc Guiu in den Startlöchern stehen.

  • Oriol Romeu Shakhtar Donetsk Barcelona Champions League 2023-24Getty Images

    Xavi muss einen defensiven Mittelfeldspieler auf Topniveau finden

    Ein Problem, das Xavi während der gesamten Saison geplagt hat, ist, dass Barça Sergio Busquets nach dessen Abgang zu Inter Miami im letzten Sommer nie wirklich ersetzt hat. Der Regista erlebte in seiner letzten Saison in Spanien eine Wiedergeburt.

    In Anbetracht der finanziellen Probleme konnte Barça nicht direkt einen würdigen Nachfolger finden. Routinier Oriol Romeu war eine Enttäuschung und Andreas Christensen ist nicht mehr als ein umfunktionierter Innenverteidiger, der auf dieser Position nicht gerade die beste Besetzung ist.

    Die Blaugrana braucht also einen neuen defensiven Mittelfeldspieler. Martin Zubimendi von Real Sociedad wäre der Wunschspieler, aber Barça kann ihn sich nicht leisten. Und San Sebastian will ihn sicher nicht gerne abgeben.

    Es gibt Gerüchte über einen Deal mit dem erfahrenen Mittelfeldspieler Guido Rodriguez von Real Betis - aber auch das wäre für einen Klub, der höhere Ziele anstrebt, nicht ausreichend. Kann Xavi also in einer weiteren Saison ohne Topspieler auf dieser Position auskommen?

  • 1920 x 1080 Bellingham Vinicius Real MadridGetty Images

    Xavi muss den FC Barcelona wieder besser machen als Real Madrid

    Am besorgniserregendsten ist jedoch, was sich jenseits der katalanischen Grenzen abspielt. Real Madrid sollte Karim Benzema bald erfolgreich mit Kylian Mbappé ersetzen. Carlo Ancelotti hat die Blancos neu erfunden und sie in LaLiga und der Champions League auf Titelkurs geführt - mit
    Jude Bellingham als potenziellem Ballon d'Or-Gewinner und Herzstück der Mannschaft.

    Für Barça ist es besorgniserregend, dass Real praktisch nur noch besser werden kann. Mbappé wird in diesem Sommer endlich kommen, zu ihm gesellen sich das brasilianische Wunderkind Endrick und möglicherweise der bei Bayern München unter Vertrag stehende Alphonso Davies.

    Zusammen mit diesem Trio und den jungen Spielern Bellingham, Rodrygo, Vinicius Jr., Aurelien Tchouameni und Eduardo Camavinga, die alle noch keine 23 Jahre alt sind, könnte Real die nächsten Jahre dominieren.