Roy Essandoh: Der Matchwinner aus dem Teletext

Andy Warhol sagte jedem Menschen auf der Welt einmal voraus, 15 Minuten lang weltberühmt zu sein. Auf den Fußball übertragen, würde der Satz wohl lauten: Jeder Spieler hat dieses eine Spiel, das alle anderen überstrahlt. Bei Roy Essandoh ist sofort klar, welches dieses eine ganz besondere Spiel ist. 18 Profiklubs aus der zweiten, dritten und vierten Reihe durchlief der Stürmer aus Nordirland im Lauf seiner eher bescheidenen Karriere - aber nie machte er eine größere Schlagzeile als am 10. März 2001.

Dass sich die Presse nach seinem Auftritt an diesem Tag förmlich überschlug, hatte vor allem mit der seltsamen Vorgeschichte zu tun. Essandoh war nach Abstechern nach Österreich und Finnland gerade ohne Verein und damit arbeitslos. Sein Berater bemühte sich lange vergebens darum, einen neuen Job für den Angreifer zu finden.

Wycombe sucht im Internet nach einem Stürmer

Der englische Viertligist Wycombe Wanderers hingegen suchte dringend einen Angreifer. Mit dem Auswärtsspiel beim Premier-League-Klub Leicester im Viertelfinale des FA-Cups stand das Saison-Highlight an - und ausgerechnet kurz davor verletzten sich alle sechs Stürmer des Kaders. In großer Verzweiflung ging Wycombe einen ungewöhnlichen Schritt: Der Verein veröffentlichte auf seiner Homepage eine Stellenanzeige: Mittelstürmer gesucht, der in der laufenden Saison noch nicht im FA-Cup gespielt hat und damit gegen Leicester einsetzbar ist.

Diese Anzeige sahen aber weder Essandoh noch sein Berater, aber der Agent fand im Teletext eines Tages eine Meldung der BBC, die von der ungewöhnlichen Suche der Wanderers berichtete. Essandoh bewarb sich - und war laut Wycombe-Trainer Lawrie Sanchez der einzige Spieler, der auf die Anzeige reagierte. Der Angreifer bekam einen Probevertrag über zwei Wochen.

ROY ESSANDOHGetty Images

Nach zehn Tagen stand das große Spiel in Leicester an. Essandoh begann auf der Ersatzbank, wurde aber in der zweiten Halbzeit beim Stand von 1:1 eingewechselt. In der Nachspielzeit landete eine Flanke im Leicester-Strafraum, wurde quergelegt - und ganz hinten stand Roy Essanoh und köpfte wuchtig zum sensationellen Sieg des Außenseiters ein. Der "Teletext-Stürmer" war der Matchwinner! "Ich habe gedacht 'Das glaub ich nicht'", blickte Essanoh zurück und fügte hinzu: "Auch heute denke ich noch an dieses Tor zurück. Verrückt, oder?"

Der Durchbruch für eine große Karriere gelang Essanoh aber mit dem Tor nicht, weder bei Wycombe noch bei den zahlreichen anderen Klubs, die noch folgen sollten. Sein 'Andy-Warhol-Tor', das ihn berühmt gemacht hat, hat er an diesem 10. März 2001 geschossen.

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