HINTERGRUND
Erling Haaland war beim 5:2 des BVB gegen Eintracht Frankfurt der überragende Spieler. Was fiel noch auf? Die Erkenntnisse zum Spiel.
Erling Haaland ist der menschgewordene Cheatcode
Während anderswo in diesem Sommer Mannschaften zusammengekauft werden, die sich "wie meine Truppe" liest, "wenn ich beim Fußballmanager im siebten Jahr mit Jan Regensburg II im Champions-League-Finale stehe" (Danke, Tommi Schmitt und 11Freunde), benötigt der BVB genau einen Spieler, um Klub und Mitspieler auf eine andere Ebene zu hieven.
Erling Haaland in der Form vom Samstag ist wie ein menschgewordener Cheatcode. Er ist Ziel-, Wand- und Weiterleitungsspieler. Torjäger, Vorlagengeber, Architekt der Offensive und Chefantreiber in einem. Haaland hat einen Dampfwalzen-Körper, den nicht einmal abenteuerliche Grätschen von Makoto Hasebe wie vor dem 1:0 aus dem Tritt bringen können. Er geht mit dem Ball so geschmeidig um, als wäre er als Fantasista geboren.
Haaland zog am Samstag 36 Sprints an, mehr als jeder andere Spieler auf dem Feld, erreichte mit 35,94 Stundenkilomertern mit Abstand die höchste Geschwindigkeit, gab sechs der 13 Dortmunder Torschüsse und drei Torschussvorlagen ab.
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Erling Haaland der perfekte Hybridstürmer
Haaland ist der perfekte Hybridstürmer - und dabei ist er immer noch erst 21 Jahre alt. Wo soll das noch hinführen? BVB-Kapitän Marco Reus gab zwar nach dem 5:2 gegen Frankfurt, zu dem Haaland offiziell an vier Toren beteiligt gewesen war, eigentlich aber alle maßgeblich mit verantwortete, die Spaßbremse.
Er versuchte, die Euphorie um Haaland zu bremsen ("Man darf ihn nicht zu viel loben, weil er sich auch noch verbessern muss"). Doch auch Reus wird wissen, dass auch ihm solche Gala-Darbietungen wie gegen Frankfurt mit Haaland in der Nähe deutlich leichter fallen. Denn Haaland, der jetzt 62 Tore in 61 Pflichtspielen für den BVB erzielt hat, schafft es absurderweise sogar, seine Mitspieler in seinem Schatten glänzen zu lassen. "Erling ist ein unglaublicher Teamspieler", meinte Trainer Marco Rose.
Am Ende gab sogar Reus seine Zurückhaltung auf. "Er ist natürlich schon ein Paket. Heute darf er sich feiern lassen und wenn er weiter so die Leistung bringt, lassen wir ihn natürlich an der langen Leine."
BVB: Marco Rose hat Lieblingsschüler gefunden
Mahmoud Dahoud war schon in der vergangenen Saison einer der maßgeblich Verantwortlichen für den BVB-Aufschwung unter Edin Terzic. Doch die Ideen von Trainer Marco Rose scheinen dem Mittelfeldspieler sogar noch mehr zu liegen.
Hält er seine Form kann der 25-Jährige in seinem fünften Jahr beim BVB das Versprechen von einst erfüllen und den Sprung zum absoluten Stammspieler machen - und das in einem prominent besetzten Mittelfeld.
In Roses variabler Formation - gegen Frankfurt griff der BVB zunächst oft aus einem 4-3-3 an; im Verlauf der zweiten Halbzeit stellte Rose auf Empfehlung von Kapitän Reus auf 4-2-3-1 um - ist er das Bindeglied zwischen Defensive und Offensive und Organisator des Dortmunder Gegenpressings. Keiner auf dem Feld fing so viele Bälle ab wie er (12), niemand war so viel unterwegs (12,42 Kilometer) und von den Spielern, die durchspielten, erreichte keiner eine höhere Durchschnittsgeschwindigkeit (7,75 km/h).
Schon Ende Juli hatte Dahoud von Roses Spielideen geschwärmt: "Du merkst, dass du die ganze Zeit im Spiel aktiv bist. Du hast gar keine Zeit, um auch nur eine Minute abszuschalten. Ich mag das", hatte er gesagt. Wie sehr, bewies er während der Vorbereitung und den ersten zwei Pflichtspielen der Saison.
Getty ImagesBVB: Dahoud verzichtete bei Vertragsverlängerung auf Geld
Zudem soll Dahoud bei seiner jüngsten vorzeitigen Vertragsverlängerung um ein Jahr bis 2023 sogar zu einem Gehaltsverzicht bereit gewesen sein.
Wegen Rose? Der Trainer ist jedenfalls ebenfalls voll des Lobes. "Er ist ein toller Fußballer mit hoher individueller Qualität und der Bereitschaft, für das Team zu arbeiten und viel zu laufen", sagte Rose über den Mittelfeldspieler. "Es macht Spaß, mit ihm zu arbeiten. Dazu ist er noch ein guter Typ", fügte Rose hinzu.
Der gute Typ scheint so überzeugt von Roses System, dass ihn 90min zuletzt mit folgendem Satz zitierte: "Ich sag dir, selbst der schlechteste Verteidiger kann da nicht schlecht aussehen." Gegen Frankfurt funktionierte die Verlegenheits-Viererkette, in der nur Manuel Akanji auch bei voller Besetzung einen Stammplatz haben dürfte, über weite Strecken schon mal.
Eintracht-Offensive kann Spaß machen - aber Team braucht Stabilität
Auch wenn die Eintracht auch in der zweiten Halbzeit zwei Gegentore kassierte und noch einige Male mehr in arger Bedrängnis war: Zeitweise machte das, was Frankfurt vor allem in der Offensive veranstaltete, durchaus Lust auf mehr. Die 28 Bundesligatore von Andre Silva wird der Mittelstürmer-Neuzugang Rafael Borre alleine wohl nicht ersetzen. Aber der Kolumbianer ist emsig, geht weite Wege, kann den Ball halten, ist pressingresistent und kann auch im Spielaufbau eine wertvolle Rolle einnehmen.
Zudem scheint er gut zu den ebenfalls aktiven, spielstarken und auch nach hinten mitarbeitenden Neuzugängen Jesper Lindström und Jens Petter Hauge. Sowohl der Däne Lindström, als auch der Norweger Hauge belebten nach ihrer Einwechslung das Eintracht-Spiel, Milan-Leihgabe Hauge gelang das 2:5.
Doch die drei werden das schon beim Pokalaus im DFB-Pokal gegen Drittligist Waldhof Mannheim größte Frankfurter Problem - die fehlende Stabilität in Mittelfeld und Defensive - bei aller Bereitschaft zur defensiven Mitarbeit nicht lösen können. Gegen Dortmund funktionierten in Oliver Glasners 3-4-2-1-Grundordnung weder die Schienenspieler, noch die defensiven Mittelfeldspieler und Innenverteidiger.
Getty ImagesVor allem Makoto Hasebe, der für den verletzten Kapitän Sebastian Rode in die Startelf gerückt war, wirkte mit dem Dortmunder Pressing völlig überfordert. Individuelle Fehler wie Stefan Ilsankers Ballverlust vor Erling Haalands Tor zum 3:1 taten ihr übriges. Nur Djibril Sow konnte zeitweise das Tempo der Dortmunder mitgehen.
"Man muss einfach anerkennen, dass wir in der Verfassung, in der wir waren, heute keine Chance hatten. Wir haben drei Tore mit schlimmen Ballverlusten de facto selber verschuldet, und dann ist es hier schwierig", sagte Glasner hinterher. Die Eintracht hat grundsätzlich gut eingekauft im Sommer, doch ein Stabilisator im Mittelfeld würde noch helfen.