All diese einschneidenden Entwicklungen trugen sich in Europa zu, unser Kontinent war stets das unumstrittene Zentrum des Klub-Fußballs. Das droht sich durch den saudi-arabischen Kaufrausch zu ändern. Künftig wird erstmals seit der Globalisierung des Transfermarkts ein beträchtlicher Anteil der besten Fußballer nicht in Europa spielen - und dieser Anteil wird von Tag zu Tag größer. Ein Einschnitt von wohl nie dagewesenem Ausmaß.
Klar, auch in der Vergangenheit lockten regelmäßig außereuropäische Ligen mit fabelhaften Verdienstmöglichkeiten. Erstmals in den 1950er-Jahren die kolumbianische Rebellen-Liga, damals liebevoll "El Dorado" genannt. Hier spielte Real Madrids spätere Ikone Alfredo Di Stéfano, selbst bei Manchester United bediente man sich. In den 1970er-Jahren avancierte die nordamerikanische NASL zum Altstar-Mekka: Franz Beckenbauer, Pelé und Johan Cruyff ließen hier ihre Karrieren ausklingen und erklärten Einheimischen auch gerne die Abseitsregel. Später stieg die Ü30-Party in Katar oder China, wo man eigentlich gar nicht so toll feiern konnte, aber selbstverständlich sehr toll verdienen.
Saudi-Arabiens aktueller Kaufrausch hat aber eine ganz andere Dimension. Altstar-Mekka wird dem nicht gerecht. Nicht nur, weil sich in Saudi-Arabien ohnehin auch das echte Mekka befindet. Nie zuvor wechselten so viele berühmte und immer noch konkurrenzfähige Fußballer in eine außereuropäische Liga. Cristiano Ronaldo (38) und Karim Benzema (35) gehen zwar schon auf das Ende ihrer Karrieren zu, Neymar, Roberto Firmino und Sadio Mané sind aber alle erst 31 Jahre alt. Sie hätten noch das Potenzial, mit europäischen Topklubs die Champions League zu gewinnen.
Neben diesen Stars zog es auch haufenweise Spieler von gehobenem internationalem Niveau nach Saudi-Arabien, teilweise im besten Fußballer-Alter. Spieler, die in starken Nationalmannschaften wichtige Rollen spielen oder bis zuletzt bei europäischen Topklubs unter Vertrag standen. Spieler wie Riyad Mahrez, Kalidou Koulibaly, Édouard Mendy, Fabinho, Marcelo Brozovic, Franck Kessié oder N'Golo Kanté.
Marco Verratti, Aymeric Laporte und Mohamed Salah könnten noch folgen. Jeden Tag ein neuer Star und mit jedem weiteren scheint die Wechsel-Hemmschwelle für nachfolgende Spieler zu sinken. Eine Kettenreaktion, ausgelöst Anfang des Jahres von Cristiano Ronaldo.