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Leon Goretzka vom FC Bayern enttäuscht gegen Luxemburg - "ein unfassbarer Spieler" steht als Nachfolger bereit

Bereits die erste Halbzeit der deutschen Nationalmannschaft beim alles andere als unwichtigen WM-Qualifikationsspiel in Luxemburg (2:0) sorgte bei der DFB-Fangemeinde für Entsetzen. Doch nach der Pause und trotz der fast schon überraschenden 1:0-Führung durch Nick Woltemade folgte sofort der nächste Schock: Erst zeigte sich Luxemburg komplett unbeeindruckt und tauchte erneut gefährlich vor dem Kasten von Oliver Baumann auf, dann rutschte Leon Goretzka in der 53. Minute mit ordentlich Schwung in Leandro Barreiro rein.

  • Leon Goretzka quittiert Auswechslung mit Kopfschütteln

    Der Sechser des FC Bayern München traf zwar erst den Ball, doch räumte seinen Gegenspieler gehörig ab - und war bereits mit Gelb verwarnt. Schiedsrichter John Brooks ließ sich Zeit, pfiff das Foulspiel ab und ignorierte die lauten Pfiffe und hektischen Diskussionen. Er verzichtete auf eine zweite gelbe Karte. 

    Es war die letzte Aktion von Goretzka. Noch während er mit dem Schiri diskutierte, ging an der Seitenlinie die Tafel hoch und Nationaltrainer Julian Nagelsmann bat seinen Schützling, sofort den Platz zu verlassen, um ihn vor einem Platzverweis zu schützen. Goretzka drehte sich und schüttelte den Kopf sichtbar, bevor er gemächlich den Weg zur Auswechslung antrat.

    Wem die Geste galt? Offen. Vielleicht Frust über den Schiri. Vielleicht Frust über Nagelsmann. Vielleicht aber auch Frust über sich selbst. Denn was der 30-Jährige bis dahin abgeliefert hatte, hätte durchaus eine noch frühzeitigere und leistungsbedingte Auswechslung gerechtfertigt.

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    Leon Goretzka überzeugt gegen Luxemburg nicht

    Dabei hatte der Mittelfeldmann seine klassischen Momente, in denen er seine Stärken ausspielte. In der 8. Minute war er im Kopf und in den Beinen schnell unterwegs, fing einen Einwurf hoch ab und brachte den Ball in aussichtsreicher Position zu Florian Wirtz. 

    Doch der Neuzugang des FC Liverpool hat seine Leichtigkeit verloren und schob eine bessere Rückgabe in Richtung des Luxemburger Kastens. Später fand ihn Goretzka erneut, diesmal jagte Wirtz den Ball weit über den Kasten.

    Im Konjunktiv hätten es zwei Assists sein können. Doch der besorgniserregende Part an der Leistung von Goretzka war nicht das, was hätte sein können oder das, was er tat. Es war all das, was er wieder einmal nicht tat. Er hatte zwar seine (über)motivierten Grätschen, er stand bei Luxemburger Abschlüssen aber auch gerne in der ersten Reihe und beobachtete die Schusskünste bestens und tatenlos. Und tatenlos war der Mittelfeldmann vor allem im Spielaufbau.

  • GoretzkaIMAGO / Maximilian Koch

    DFB-Spiel gegen Luxemburg ohne Goretzka "deutlich besser"

    In den ersten rund 40 Minuten war das Spiel der deutschen Mannschaft statisch und ideenlos. Wobei eine "Idee" dann doch recht häufig Anwendung fand: Rückpass zu Baumann. "Mich würde mal interessieren, wie viele Bälle wir heute zurückgespielt haben und wie viele nach vorne", grummelte Nagelsmann nach Abpfiff bei RTL. Die Innenverteidiger Jonathan Tah und Waldemar Anton überboten sich darin, wer von ihnen an diesem Freitag der größere Unsicherheitsfaktor werden würde.

    In der verzweifelten Suche nach Sicherheit fanden sie einzig den Weg nach hinten. Angebote aus dem Zentrum waren Fehlanzeige, Goretzka abgetaucht. Gerade einmal 30 Ballaktionen und 23 Pässe kamen beim Münchner zustande, der eigentlich Pluspunkte sammeln wollte. Vor der Partie hatte der Routinier noch angekündigt, er wolle die "vielen jungen Spieler" im Kader "ins Boot holen, ihnen etwas mitgeben und vorangehen". Auf dem Platz war Goretzka jedoch nur der Schatten eines Leaders. Die Mimik bei seiner Auswechslung zum Kopfschütteln.

    Bezeichnend zudem die nüchterne Nagelsmann-Analyse: "Wir haben das Spiel nicht beruhigt bekommen in der ersten Halbzeit. In der zweiten Halbzeit war das schon deutlich besser." In der zweiten Halbzeit, in der er Aleksandar Pavlovic tiefer zog, um ihm den Spielaufbau in die Füße zu legen und auf diese Weise zum Führungstreffer zu gelangen. In der zweiten Halbzeit, die größtenteils ohne Goretzka stattfand.

  • GoretzkaIMAGO / Jan Huebner

    Goretzka wurde von Nagelsmann der Teppich ausgerollt

    Dabei hätte das Zusammenspiel mit Pavlovic in der Goretzka-Theorie doch bestens klappen müssen. Schließlich sei ein starker Bayern-Block in der Nationalmannschaft "traditionell schon immer wichtig gewesen". Weiter führte der Mittelfeldmann vor Anpfiff aus: "Es hilft generell, wir kennen uns sehr gut. Das Thema Eingespieltheit wird dadurch etwas leichter." Zu sehen war davon in der Kombination aus ihm, Pavlovic, Serge Gnabry und Tah aber verdammt wenig.

    Goretzka schien in der Praxis vergessen zu haben, dass zwar sowohl er als auch Nebenmann Pavlovic für den FCB auflaufen, jedoch nur selten gemeinsam. Ein Platz auf der Doppelsechs gehört Joshua Kimmich, der daneben normalerweise Pavlovic. Wenn Goretzka reinkommt, wird so verschoben, dass er nur selten neben Pavlovic landet. 

    Kimmich, den Nagelsmann nach etlichen Rückwärtsrollen eh als Rechtsverteidiger sieht, fiel gegen Luxemburg mit einer Kapselverletzung aus. Argumente, dass die Sechserposition bei Goretzka gut aufgehoben ist, dürfte er nicht allzu viele gesehen haben. Dabei hatte der Bundestrainer dem Mittelfeldmann bereits den Teppich ausgerollt. Angelo Stiller musste ebenso von der Couch zuschauen wie Pascal Groß und Robert Andrich, die allesamt nicht nominiert wurden.

  • NmechaIMAGO / Jan Huebner

    Nagelsmann hat seinen Goretzka-Nachfolger gefunden

    So hatte Goretzka - neben sich selbst - nur noch einen Konkurrenten zu befürchten: Felix Nmecha. Und der lieferte. Es war zwar kein Glanz-Auftritt des BVB-Manns, doch es kam Energie aufs Feld. Ein Spaß für alle Hobbyanalysten der Körpersprache, wie Nmecha entschlossen dreinblickte, während Goretzka sich durch die Haare wischte und ihm langsam im Regen entgegenkam, um ihn bei der Auswechslung abzuklatschen. 

    Auf dem Feld war der Dortmunder sofort ein Spieler, der den Ball sichtbar haben wollte, der ihn forderte und sich in Räume bewegte. Natürlich war es ein anderer Spielverlauf und doch ist es bezeichnend, dass er als Joker auf mehr Ballaktionen als sein Vorgänger kam. 23 seiner 25 Pässe brachte er zudem an den Mann, mehrere Ballgewinne verzeichnete der Borusse, in letzter Minute folgte ein starker Abschluss. Es war ein Auftritt, den Nagelsmann durchaus zur Kenntnis genommen hat: "Ein unfassbarer Spieler, der Konstanz reinbekommen muss. Grundsätzlich von den Voraussetzungen her ist das schon oberstes Regal", lobte der Bundestrainer.

    Kaum erklangen seine Lobeshymnen, da stimmte Experte Edin Terzic problemlos ein: "Er bringt so viele Dinge mit, die man sich als Trainer wünscht", zeigte sich der ehemalige BVB-Coach begeistert. "Diese Physis, das Tempo, die Technik. Er kann enge Räume auflösen. Er kann aus der Distanz gefährlich werden." Eine Bedingung gibt es jedoch für Terzic: "Das Wichtigste ist, dass er gesund bleibt und in dem Rhythmus bleibt, in dem er gerade ist."

    Nmecha, der seit seinem 30-Millionen-Euro Wechsel vom VfL Wolfsburg zu den Schwarzgelben im Jahr 2023 bereits 30 Spiele für den BVB verpasst hat, ist aktuell in bester Verfassung. Und so schwärmte Weltmeister Christoph Kramer schon Mitte September: "Ich habe einen Hot Take! Ich hoffe, er bleibt verletzungsfrei, das ist sein größtes Problem - sonst sage ich, Stammspieler bei der WM 2026: Felix Nmecha." Allerspätestens nach der Partie gegen Luxemburg dürfte dies auf viel nickende Zustimmung treffen. Außer beim kopfschüttelnden Goretzka.

  • WM-Qualifikation: So steht es in der deutschen Gruppe

    • Deutschland: 5 Spiele - 4/0/1 - 10:3 Tore - 12 Punkte
    • Slowakei: 5 Spiele - 4/0/1 - 6:2 - 12
    • Norirland: 5 Spiele - 2/0/3 - 6:6 - 6
    • Luxemburg: 5 Spiele - 0/0/5 - 1:12 - 0