Jamal Musiala und Florian Wirtz bald vereint beim FC Bayern? Wie die beiden Supertalente zusammen funktionieren könnten

"Ich und Flo haben eine ganz gute Beziehung, wir sind gute Freunde", erklärte Jamal Musiala jüngst auf der Länderspielreise des DFB in den USA: "Auf dem Platz haben wir immer Spaß zusammen. Wir kombinieren gut und suchen uns. Wir beide haben einfach Spaß, zusammen Fußball zu spielen."

Bald auch beim FC Bayern München? In den vergangenen Jahren gab es immer mal wieder Gerüchte, dass Florian Wirtz beim Rekordmeister nicht nur auf einem Zettel stehe, sondern man an der Säbener Straße großes Interesse daran habe, ihn bald zu verpflichten.

Auch in dieser Saison begleiten die Medienberichte rund um einen möglichen Wechsel nach München den 20-Jährigen mal mehr und mal weniger stark. Doch wie könnte das hypothetisch auf dem Platz aussehen? Und sind sich die beiden kommenden Topstars Musiala und Wirtz nicht zu ähnlich, um beim FCB gemeinsam erfolgreich zu sein?

  • Jamal MusialaGetty

    Florian Wirtz und Jamal Musiala: Sehr ähnliche Spieler

    Achter, Zehner, Halbraumspieler - die beiden Talente spielen in ihren Vereinen in ähnlichen Rollen und Positionen. Beide haben zudem einen starken rechten Fuß und sind mit ihren technischen Fähigkeiten wichtig für ihre Teams. Denn sie machen regelmäßig den Unterschied, bewegen sich zwischen den Linien des Gegners clever und lösen Drucksituationen auf.

    Musiala kommt in dieser Saison auf drei Assists und zwei Tore in zehn Einsätzen, bei Wirtz sind es sieben Torvorlagen und vier Treffer in zwölf Spielen. Ihre Positionierung auf dem Platz ist recht ähnlich, wobei Wirtz in Leverkusen derzeit stärker in das Ballbesitzspiel eingebunden wird, sich Bälle tiefer abholt als Musiala.

    Das ist aber ein taktischer Unterschied. Über die Einbindung des Bayern-Stars kann derzeit lebhaft diskutiert werden. Von der Anlage her sind beide Spieler in denselben Situationen stark. Sie sind das, was in der Fachsprache gern als Nadelspieler bezeichnet wird. Überspitzt formuliert: Je mehr Gegenspieler sie unter Druck setzen, desto besser werden sie. Mit einer beeindruckenden Eleganz sind sie in der Lage, den gegnerischen Fokus auf sich zu ziehen und im Sinne anderer oder für sich selbst auszunutzen.

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  • Florian Wirtz Bayer Leverkusen 2023Getty Images

    Florian Wirtz und Jamal Musiala: Was sie voneinander lernen können

    Doch hier gibt es durchaus auch Unterschiede zwischen Wirtz und Musiala. Der Bayern-Star sucht noch häufiger das Risiko. Er geht zehnmal pro 90 Minuten ins Dribbling und gewinnt 54,5 Prozent der Duelle. Wirtz steht aktuell bei 5,4 Dribblings und einer Quote von 55,9 Prozent. Musiala zockt einen Tick mehr, kann es sich mit seiner unvergleichlichen Agilität und Beweglichkeit aber auch erlauben. Selbst in schwächeren Phasen überwiegen bei ihm die erfolgreichen Aktionen.

    Trotzdem hat Wirtz ihm als etwas rationalerer Spieler etwas voraus: Er wirkt in seiner Spielanlage reifer, trifft häufiger die richtigen Entscheidungen. Auch der Leverkusener hat die Qualität, Gegenspieler auf dem Bierdeckel auszutanzen. Doch er macht gewählter davon Gebrauch, sucht stattdessen auch mal die einfacheren Lösungen oder geht ins Doppelpassspiel mit seinen Teamkollegen.

    Musiala fehlt das Gespür dafür manchmal noch. Nach dem 4:3-Sieg gegen Manchester United in der Champions League erklärte Thomas Tuchel: "Sein nächster Step ist in Phasen, wo es nötig ist, einfach zu spielen und nicht jedes Mal ins Dribbling zu gehen oder die Drehung zu machen. Wenn er das noch dazu bekommt, dann geht's noch weiter." Andersherum ist Musiala auf sehr hohem Niveau vielleicht nochmal eine Nuance stärker als Wirtz, wenn es darum geht, sich aus Drucksituationen zu befreien.

  • Wirtz Musiala Germany 14102023Getty

    DFB-Team als Testlabor: Funktionieren Wirtz und Musiala zusammen?

    Und beide zusammen sind dann unschlagbar? Der Gedanke ist verlockend. Doch die bisherigen gemeinsamen Auftritte beim DFB lassen den einen oder anderen Zweifel zu. Einen bleibenden Eindruck hinterließen sie im Zusammenspiel unter dem ehemaligen Bundestrainer Hansi Flick nicht.

    Stattdessen wirkten sie häufig deplatziert, nahmen sich gegenseitig Räume weg oder kamen gar nicht erst ins Kombinationsspiel miteinander. Jeder war auf sich allein gestellt. Eine große Stichprobe gab es aber noch nicht. Nur bei der 0:1-Niederlage gegen Polen liefen sie gemeinsam von Anfang an auf, in vier weiteren Länderspielen wurden sie mit gemeinsamer Spielzeit eingewechselt.

    Unter Julian Nagelsmann soll sich das verändern. "Es sind zwei Fußballer, die extremes Talent haben, in den Halbräumen vor der Kette die Bälle zu bekommen, aufzudrehen, zu dribbeln, andere Spieler einzusetzen", schwärmte der neue Bundestrainer in den USA: "Beide sind noch jung und werden einige Länderspiele machen."

    Gegen die USA standen sie zum zweiten Mal gemeinsam von Beginn an auf dem Feld - diesmal auch mit deutlich mehr gemeinsamen Aktionen. Beispielsweise als Pascal Groß in Folge einer Kombination der beiden den Pfosten traf (11.). "Ich habe irgendwann mal gelesen vor ein paar Monaten, dass es nicht möglich ist, dass beide spielen", sagte Nagelsmann: "Ich finde, das ist eine sehr gute Idee."

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  • Thomas Tuchel Leroy Sane Bayern MunichGetty

    FC Bayern München: Philosophiewechsel für Florian Wirtz?

    Auch für den FC Bayern? In München gehen die Uhren seit jeher ein wenig anders. Spätestens seit Franck Ribéry und Arjen Robben war man beim FCB stets auf der Suche nach Flügelspielern, die das Offensivspiel prägen. Nagelsmann war der erste Trainer, der aktiv versuchte, den Flügelfokus aufzulösen und mehr über die Halbräume und das Zentrum zu kommen - mit durchwachsenem Erfolg.

    Kingsley Coman, Serge Gnabry und Leroy Sané sind nominell auf den Außenbahnen zu Hause. Zumindest Sané hat in den letzten Monaten mehrfach bewiesen, dass er sich auch zentraler wohlfühlt. Doch klar ist: Sollte Wirtz kommen, müsste sich die Statik des Bayern-Spiels verändern.

    Tuchel müsste dann zwei Mittelfeldpositionen an nominelle Zehner vergeben. In einem System mit Viererkette würde das bedeuten, dass entweder nur noch für einen Sechser Platz ist oder die Flügel anders besetzt werden müssen. Mit einer Mittelfeldraute gäbe es die klassischen Außenstürmer zum Beispiel nicht mehr.

    In einer Grundordnung mit Dreierkette hätte Bayern die Freiheit, zwei zentrale Mittelfeldspieler hinter Musiala und Wirtz aufzubieten, um die Defensive zu stabilisieren. Auch dann würde die Breite im Spiel aber von offensiven Flügelverteidigern kommen und nicht von klassischen Flügelstürmern.

    Es wird im Fall Wirtz eine philosophische Grundsatzentscheidung des FC Bayern sein. Auch mit Blick auf die sehr wechselhaften Leistungen von Gnabry und die Verletzungsanfälligkeit von Coman kann es Sinn ergeben, sich mit einem Szenario zu befassen, in dem man sich noch mehr vom Flügelfokus verabschiedet.

    Dass Musiala und Wirtz nicht zusammenspielen können, ist unwahrscheinlich. Beide haben zwar ein ähnliches Profil, können sich mit unterschiedlichen Stärken aber auch gut ergänzen. Die große Frage wird sein, ob es Nagelsmann beim DFB gelingt, beide so einzubinden, dass sie das auf dem höchstmöglichen Niveau umsetzen können.

    Für den FC Bayern wird das das bestmögliche Anschauungsmaterial sein. Sollte das Vorhaben des Bundestrainers von Erfolg gekrönt sein, wird man an der Säbener Straße großes Interesse daran haben, die laut Musiala "guten Freunde" auch in München zu vereinen.

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