Auch für den FC Bayern? In München gehen die Uhren seit jeher ein wenig anders. Spätestens seit Franck Ribéry und Arjen Robben war man beim FCB stets auf der Suche nach Flügelspielern, die das Offensivspiel prägen. Nagelsmann war der erste Trainer, der aktiv versuchte, den Flügelfokus aufzulösen und mehr über die Halbräume und das Zentrum zu kommen - mit durchwachsenem Erfolg.
Kingsley Coman, Serge Gnabry und Leroy Sané sind nominell auf den Außenbahnen zu Hause. Zumindest Sané hat in den letzten Monaten mehrfach bewiesen, dass er sich auch zentraler wohlfühlt. Doch klar ist: Sollte Wirtz kommen, müsste sich die Statik des Bayern-Spiels verändern.
Tuchel müsste dann zwei Mittelfeldpositionen an nominelle Zehner vergeben. In einem System mit Viererkette würde das bedeuten, dass entweder nur noch für einen Sechser Platz ist oder die Flügel anders besetzt werden müssen. Mit einer Mittelfeldraute gäbe es die klassischen Außenstürmer zum Beispiel nicht mehr.
In einer Grundordnung mit Dreierkette hätte Bayern die Freiheit, zwei zentrale Mittelfeldspieler hinter Musiala und Wirtz aufzubieten, um die Defensive zu stabilisieren. Auch dann würde die Breite im Spiel aber von offensiven Flügelverteidigern kommen und nicht von klassischen Flügelstürmern.
Es wird im Fall Wirtz eine philosophische Grundsatzentscheidung des FC Bayern sein. Auch mit Blick auf die sehr wechselhaften Leistungen von Gnabry und die Verletzungsanfälligkeit von Coman kann es Sinn ergeben, sich mit einem Szenario zu befassen, in dem man sich noch mehr vom Flügelfokus verabschiedet.
Dass Musiala und Wirtz nicht zusammenspielen können, ist unwahrscheinlich. Beide haben zwar ein ähnliches Profil, können sich mit unterschiedlichen Stärken aber auch gut ergänzen. Die große Frage wird sein, ob es Nagelsmann beim DFB gelingt, beide so einzubinden, dass sie das auf dem höchstmöglichen Niveau umsetzen können.
Für den FC Bayern wird das das bestmögliche Anschauungsmaterial sein. Sollte das Vorhaben des Bundestrainers von Erfolg gekrönt sein, wird man an der Säbener Straße großes Interesse daran haben, die laut Musiala "guten Freunde" auch in München zu vereinen.