"Er ist DER Spieler": Pierre-Emerick Aubameyang wandelt bei Olympique Marseille auf den Spuren von Didier Drogba

Pierre-Emerick Aubameyang nutzte einst seine Zeit bei Borussia Dortmund von 2013 bis 2018, um sich in die Kategorie "Top-Stürmer Europas" zu katapultieren. Danach ging er beim FC Arsenal und dem FC Barcelona erfolgreich auf Torejagd, beim FC Chelsea war der heute 34-Jährige 2022/23 allerdings auf dem absteigenden Ast. Der alternde Superstar schien seine Motivation und Magie verloren zu haben.

Doch dann klopfte Olympique Marseille aus seiner zweiten Heimat Frankreich an. Der Transfer wurde anfangs mit viel Skepsis gesehen, bei einer Auswechslung vom mittlerweile gefeuerten Trainer Gennaro Gattuso hagelte es für "Auba" sogar Pfiffe von den Rängen des Stade Velodrome. Doch dann zeigte es der mittlerweile 34-Jährige allen.

In der Europa League krönte er sich zwischenzeitlich zum Rekordtorschützen (34 Treffer) und steht in der aktuellen Saison mit zehn Buden in zehn Partien ebenfalls ganz vorne in der Torjägerliste.

Für Marseille ist Aubameyang der Stürmer, auf den der Verein eine Ewigkeit gewartet hat: Seit einem gewissen Didier Drogba, dessen Weltkarriere 2003/04 im Velodrome begann, hatte OM nicht mehr einen solch treffsicheren Neuner.

Wenn Aubameyang schon nach einer Saison als einer der besten OM-Torschützen aller Zeiten in Erinnerung behalten werden will, braucht es jedoch einen Titel: Den in der Europa League zum Beispiel, wo am Donnerstag ab 21 Uhr Benfica Lissabon nach dem 1:2 im Hinspiel zu Gast in Marseille sein wird.

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    Pierre-Emerick Aubameyang: Stolperstart und verpasste CL-Quali mit Marseille

    Aubameyang scheint momentan über das Wasser zu laufen. Das hätte man zu Beginn der Saison nur schwer vorhersagen können. Er kam von Chelsea, wo er in der letzten Saison kaum spielte (insgesamt 21 Einsätze), und hatte bei Marseille einen relativ komplizierten Start.

    Er war körperlich angeschlagen und blieb in sechs seiner ersten sieben Spiele für OM ohne Tor. Und das einzige Mal, dass er in dieser Zeit einen Treffer erzielte und einen Doppelpack schnürte, war nicht von großem Nutzen: Seine Tore gegen Panathinaikos Athen in der Qualifikation zur Champions League reichten nicht aus, um sein Team vor dem Ausscheiden im Elfmeterschießen zu bewahren.

    In der Ligue 1 musste der im französischen Laval geborene Stürmer sogar bis zum 8. Spieltag und einem Spiel gegen Le Havre (3:0) warten, um sein Premierentor für OM zu feiern. Sieben Spiele, in denen er kein Tor erzielen konnte, waren für einen Spieler seines Kalibers unwürdig.

    Diese Durststrecke warf zwangsläufig Fragen über den Nutzen seiner Verpflichtung auf. Die Kritiker fragten sich sogar, ob er sich nicht in die Liste der vielen Stürmer einreihen würde, die zuletzt am Vieux Port (dt. alter Hafen) gescheitert waren, wie Kostas Mitroglou, Valere Germain, Pipa Benedetto und Vitinha.

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  • Pierre Emerick Aubameyang Marseille Rennes Ligue 1 03122023Getty

    Pierre-Emerick Aubameyang will "demütig bleiben"

    Glücklicherweise hielt diese Durststrecke nicht lange an. Der beste afrikanische Spieler des Jahres 2015 konnte im Spätherbst seiner Karriere doch wieder liefern. Dazu trug sicherlich auch der Trainerwechsel bei: Der ruhige Spanier Marcelino ging freiwillig und der feurige Italiener Gennaro Gattuso kam. Der Aufschwung lag jedoch auch an "Auba" selbst.

    Der Abend seiner "Wiederauferstehung" war der 30. November 2023 in der Europa League gegen Ajax Amsterdam. An diesem Abend erzielte der ehemalige Spieler von Borussia Dortmund einen Hattrick gegen die Niederländer und verhalf OM zu einem spektakulären 4:3-Sieg.

    Bei einem seiner Jubel hielt er, anstatt seinen üblichen Salto zu schlagen, seinen Zeigefinger in den Himmel und zog eine finstere Miene auf. Er schien sagen zu wollen, dass er die Kritiker gehört habe und sie nun besser zuschauen sollten. Nach dem Spiel bestätigte der Stürmer: "Mein Jubel? Ich bin ein Mensch und in solchen Momenten muss man demütig bleiben."

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    Pierre-Emerick Aubameyang: Wieder einer der besten Stürmer Europas

    Von diesem Spiel an ging es für die Nummer 10 von Marseille nur noch bergauf. Vor der Winterpause hatte er sogar eine Serie von vier Spielen mit sieben Toren und drei Assists hingelegt, war der formstärkste Spieler Europas. Es bestand kein Zweifel mehr daran, dass er in der Provence angekommen war.

    Der Beginn des neuen Jahres war mit zwei Toren innerhalb von neun Spielen (zwischen dem 14. Dezember und dem 9. Februar) jedoch nicht gerade berauschend. Als Auba nicht mehr lieferte, half kein OM-Spieler aus - eine schwache Serie war die Folge, bis Gattuso entlassen wurde.

    Als OM unter seinem neuen Trainer Jean-Louis Gasset wieder in die Spur kamen, fand der Gabuner auf magische Weise zu seiner Effizienz zurück. Zwischenzeitlich traf der Gabuner in fünf Spielen in Serie, dreimal netzte er dabei sogar einen Doppelpack ein. Danach traf Aubameyang nicht mehr so zuverlässig - und schon verlor OM fünf Spiele in Serie. Ohne den Stürmer ist die Mannschaft schlicht zu schlecht. Nach 42 Saisonspielen steht der Star nun bei 25 Toren und neun Vorlagen - er ist wieder zurück in der Elite Europas.

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    Trainer Jean-Louis Gasset lobt "PEA" in höchsten Tönen

    Es ist also vor allem Aubameyang zu verdanken, dass Marseille noch eine kleine Chance hat, sich erneut für die Europa League zu qualifizieren - und in der Europa League die Chance auf das Halbfinale und den Titel wahrt.

    Es ist wohl schon sieben Jahre her, dass er so stark war. In seiner dritten Spielzeit bei Borussia Dortmund (2016/2017) kam er auf 40 Tore und 5 Assists in 46 Spielen.

    Sein aktueller Trainer Jean-Louis Gasset lobte zuletzt: "Er ist DER Spieler der Mannschaft. Also setzt man ihn dort ein, wo es ihm gefällt und dann baut man die Mannschaft auf. Er ist die Person, die uns gut spielen lässt, die uns die Tore schießt. Wenn wir nach hinten arbeiten müssen, kommt er zurück, um zu arbeiten. Er ist die Großzügigkeit in Person."

  • Pierre-Emerick Aubameyang Thionville Marseille Coupe de FranceGetty

    Pierre-Emerick Aubameyang: Meiste Europapokal-Saisontore für OM im 21. Jahrhundert

    Aubameyang ist eindeutig der Unterschiedsspieler von Marseille. Aber es ist schon lange her, dass die Mannschaft so sehr von der Effizienz eines Stürmers abhängig war: Zuletzt war das vor 20 Jahren, in der Saison 2003/04 der Fall, mit Stürmer Didider Drogba.

    Nur eine handvoll Spieler haben für OM im 21. Jahrhundert die 20-Tore-Marke überschritten. Da waren Arkadiusz Milik (2021/2022), Bafétimbi Gomis (2016/2017), André-Pierre Giganc (2013/2014 und 2014/2015), Djibril Cissé (2007/2008), Loïc Rémy (2021/2022) und Mamadou Niang (drei Spielzeiten in Folge, zwischen 2007 und 2010) und Didier Drogba, auf den wir gleich zurückkommen.

    Aubameyang war nach Marseille gekommen, um Alexis Sanchez zu ersetzen, der zurück zu Inter Mailand ging. Letzterer hatte in seinem einzigen Jahr in Frankreich sehr überzeugend gespielt und 18 Treffer geschossen. "PEA" hat auch ihn schon lange überholt.

    Mit 25 Treffern ist Aubameyang bereits der beste Torschütze OMs in einer Saison im 21. Jahrhundert. Damit überholte er Gignac, der 2014/15 auf 24 Tore kam.

    Auch in einer Europapokal-Saison ist "Auba" der beste OM-Torschütze im 21. Jahrhundert. Inklusive den beiden Treffern aus der CL-Quali steht der Gabuner bei zwölf Treffern, womit er Drogba überholte. Der Ivorer erzielte vor 20 Jahren elf Treffer und ging dann zum FC Chelsea.

  • Pierre-Emerick Aubameyang Marseille Villarreal Europa LeagueGetty

    Aubameyang kann es Drogba gleichtun

    Drogba steht aber weiterhin ganz oben auf der Liste: In seiner einzigen Saison beim OM erzielte er in 61 Spielen 37 Tore.

    Es sollte jedoch erwähnt werden, dass Drogba nicht nur mit seinen Toren in Südfrankreich Eindruck hinterlassen hat. Bevor er zum FC Chelsea wechselte und der teuerste Abgang des Vereins mit 38,60 Millionen Euro wurde, fiel er auch durch seine Persönlichkeit, seine Führungsqualitäten und seine Tore in großen Spielen auf.

    Das Publikum in Marseille liebte ihn. 20 Jahre mussten die OM-Fans nun auf einen Stürmer von ähnlichem Niveau warten, einen Gewinnertypen. Doch Drogba hat zwölf Tore mehr in seiner einzigen Saison im OM-Trikot geschossen - da kann Aubameyang nicht ganz mithalten.

    Dafür braucht der 34-Jährige einen Titel. Möglich ist nur noch der in der Europa League. Falls sich OM nach dem schwachen 1:2 im Hinspiel bei Benfica Lissabon ("Auba" erzielte den einzigen Auswärtstreffer) doch noch durchsetzen sollte, würde der FC Liverpool oder Atalanta Bergamo im Halbfinale warten. Im Endspiel könnte dann beispielsweise Bayer Leverkusen, die formstärkste Mannschaft Europas, lauern. Der Weg ist steinig und der Titel laut aller Experten unwahrscheinlich. Doch mit im Schnitt einem Treffer pro EL-Spiel kann Marseille dank Aubameyang hoffen. Sollte er sie zum ersten Titel seit 2012 führen, würde auch er schon nach einer Saison auf der gleichen Stufe wie Drogba stehen.