Ronaldo Luís Nazário de Lima Barcelona 01081996Getty Images

Bodyguards und Schlaflosigkeit: Wie Ronaldos Barcelona-Transfer zum Blockbusterdeal wurde


HINTERGRUND

Joan Gaspart kennt sich aus mit Transfers. 22 Jahre lang war er Vizepräsident des FC Barcelona und fädelte für Klubchef Josep Lluis Nunez denkwürdige Deals ein. Zum Beispiel holte er einst Diego Maradona von den Boca Juniors zu Barca und erinnerte sich später, wie er und seine spanische Delegation in Argentinien mit Militärfahrzeugen reisen mussten, weil die Boca-Fans das Interesse an ihrem angehenden Nationalhelden als Kriegserklärung verstanden. Während Gaspart also zig Transfers einfädelte und perfekt machte, gibt es einen Wechsel, der ihn nach eigenen Angaben beinahe um den Verstand brachte - der von Ronaldo im Sommer 1996.

Ronaldo war DER aufstrebende Spieler jener Zeit. 1994 wurde er bereits als Teenager Weltmeister, anschließend schoss er für die PSV Eindhoven Tore am Fließband. Keine Frage, das war der kommende Superstar des Weltfußballs. Barcelona wollte den damals 19-Jährigen unbedingt, Ronaldo sollte das Flaggschiff der neuen Blaugrana-Truppe von Bobby Robson werden. Und die Chancen standen gut: Ronaldo wollte Eindhoven verlassen, weil er Zoff mit Trainer Dick Advocaat hatte. Und wie die Sport berichtete, formulierte er deutlich: "Ich will bei Barca unterschreiben."

FC Barcelona: Ronaldo kostete 15 Millionen Euro Ablöse

So weit, so gut für Barcelona. PSV fand sich mit einem Wechsel ebenfalls ab, zumal Barcelona bereit war, die geforderte Ablöse in Höhe von umgerechnet 15 Millionen Euro zu zahlen. Dann aber gingen die Probleme los. Zum einen hatte Inter Mailand ein Vorkaufsrecht. Die Nerazzurri rechneten hin und her, eine Ablösesumme in jener Größenordnung waren sie aber nicht in der Lage zu zahlen, hatten sie doch bereits den jungen Nigerianer Nwankwo Kanu von Ajax Amsterdam verpflichtet.

Ronaldo selbst weilte zu jener Zeit in Miami und bereitete sich mit der brasilianischen Nationalmannschaft auf die Olympischen Spiele in Atlanta vor. Nachdem Barca die Erlaubnis bekommen hatte, mit dem Spieler direkt zu verhandeln, glühten zunächst die Telefondrähte, dann reiste eine Barca-Delegation bestehend aus Gaspart, Joan Ignasi Brugueras, Josep Lluis Nunez Jr. und Josep Borrell nach Florida. Sport -Journalist Toni Frieros schrieb später in seinem Buch 'Ronaldo, esta es su vida', den Barcelona-Bossen sei eine 15-Tage-Frist gesetzt worden, um den Transfer über die Bühne zu bringen. Diese begann am 11. Juli.

Ronaldo Barcelona 1997Getty Images

In Miami angekommen stellten Gaspart und seine Mitstreiter fest, dass die Brasilianer um ihren strengen Trainer Americo Faria wenig Interesse daran hatten, dass ihr Superstar durch Wechselverhandlungen abgelenkt wird. Barcelonas Verhandlungstrupp residierte auch im selben Hotel Biltmore, doch die Brasilianer schirmten Ronaldo ab und wollten auch keine medizinische Untersuchung seitens Barcelona erlauben. Dabei wollte Barca unbedingt einen genauen Blick auf Ronaldos rechtes Knie werfen. An jenem Gelenk war er einige Monate zuvor operiert worden.

Heimlich nahm Borrell Kontakt zu Ronaldo auf und sah sich dessen Knie im Hotelzimmer ein erstes Mal an. Der Stürmer riskierte dabei, aus dem Olympiateam geworfen zu werden. Gaspart wollte unbedingt mit Faria sprechen, dieser aber verbarrikadierte sich im sechsten Stock des Hotels, ließ sich verleugnen und hatte zwei Bodyguards engagiert, die ihn vor ungewollten Kontaktaufnahmen abschirmten.

Achtjahresvertrag für Ronaldo beim FC Barcelona

Gaspart verhandelte mit Ronaldos Beratern Reinaldo Pitta und Alexandre Martins und zudem mischte auch noch Giovanni Branchini mit. Ein Geschäftsmann, der Ronaldos Interessen in Europa vertrat. Die Gespräche gingen nicht voran. Gaspart bat bei PSV zwischenzeitlich vergeblich um einen Aufschub der Deadline. Nach eigenen Angaben litt er zu jener Zeit unter Schlaf- und Appetitlosigkeit.

Trotz der widrigen Umstände gab es nach unzähligen Verhandlungsrunden eine Einigung zwischen dem FC Barcelona und Ronaldos Vertretern. Diese sah gemäß Sport so aus:

  • Ronaldo sollte einen Achtjahresvertrag unterschreiben.
  • Ronaldos Jahresgehalt sollte zunächst bei umgerechnet 1,5 Millionen Euro liegen und dann mit jeder Saison ansteigen.
  • Ronaldo sollte Spesen für eine Unterkunft in Höhe von 4.000 Euro und ein Auto zur Verfügung gestellt bekommen.
  • Barcelona sicherte zu, vier Flüge zwischen Spanien und Brasilien pro Saison zu zahlen.
  • Ronaldos Ausstiegsklausel sollte bei umgerechnet 25 Millionen Euro liegen und mit jedem Jahr der Vertragsdauer ansteigen.

Der Deal stand, Barcelona durfte den Transfer aber noch nicht verkünden und einen Medizincheck hatte es weiterhin nicht gegeben. Faria, Mario Zagallo (zu jener Zeit Trainer der A-Nationalmannschaft) und der damalige Verbandspräsident Ricardo Teixeira akzeptierten schließlich widerwillig, dass es im Hotel eine Pressekonferenz gab.

Ronaldo wurde in diesem Rahmen am 17. Juli 1996 als Barca-Spieler vorgestellt, gab sich aber sehr wortkarg. Anders der erfahrene Gaspart, von dem gleich zwei Aussagen in Erinnerungen blieben. Über den teuren Transfer philosophierte er, Geld sei "dazu da, auf dem Rasen ausgegeben zu werden und nicht auf der Bank zu versauern oder verschwendet zu werden". Außerdem bekannte er: "Das waren die schwierigsten Verhandlungen meines Lebens."

Ronaldo gewann mit Barcelona die Copa del Rey und den Europapokal

Ach ja: Ronaldos Vorbereitung auf Olympia wurde von dem Wechseltheater offensichtlich nicht beeinflusst. In sechs Partien erzielte er fünf Tore und gewann mit seiner Mannschaft die Bronzemedaille .

Anschließend ging es ähnlich in Barcelona weiter. Wie eine Naturgewalt fegte 'O Fenomeno' in seiner Debütsaison durch Spanien. Er netzte in 49 Pflichtspielen 47-mal, gewann die Copa del Rey, die Supercopa und sorgte auch im Finale des Europapokals der Pokalsieger für den Siegtreffer. Später wurde er zum ersten Mal als Weltfußballer ausgezeichnet.

Gasparts Aufwand und Hartnäckigkeit hatten sich gelohnt.

Werbung

ENJOYED THIS STORY?

Add GOAL.com as a preferred source on Google to see more of our reporting

0