lionel messi mateo kovacic - real barcelona - la liga 2016Getty Images

Real Madrids Matchplan im Clasico: Theorie gut, Ausführung mangelhaft


HINTERGRUND

Als um 11.48 Uhr die Aufstellungen für den Clasico zwischen Real Madrid und dem FC Barcelona eintrudelten, staunten viele interessierte Fußballfans nicht schlecht, als bei den Königlichen der Name Mateo Kovacic in der Startelf zu finden war. Kein Isco, kein Marco Asensio, auch kein Gareth Bale. Trainer Zinedine Zidane verfolgte einen ganz bestimmten Plan, doch hat diese Idee seinen Farben das Duell gegen die Katalanen letztendlich sogar verloren?

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Aber alles der Reihe nach: Als im August der spanische Supercup zwischen den beiden Erzrivalen ausgespielt wurde, gehörte der Kroate Kovacic ebenfalls zweimal zum Stammpersonal der Königlichen. Real gewann sowohl das Hin- als auch das Rückspiel mehr als souverän und holte sich den Titel, auch dank "Kettenhund" Kovacic, der in beiden Partien dafür sorgte, dass der fünfmalige Weltfußballer Lionel Messi mehr oder weniger blass blieb.

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Ähnlich wie der Argentinier hat der 23-Jährige einen tiefen Körperschwerpunkt gepaart mit enormer Beweglichkeit, einen unheimlichen Antritt auf den ersten Metern und die nötige Zweikampfstärke, um den Superstar von Barca theoretisch in den Griff zu bekommen. So agierte er bereits im Supercup als eine Art Manndecker, folgte Messi in der Defensive auf Schritt und Tritt.

"Nehmen wir Mateo Kovacic als Beispiel, der eher die Drecksarbeit erledigen muss, die man nicht sieht, und uns heute sehr half, weil er Messi sehr gut in Schach hielt", lobte ihn damals sein Kapitän Sergio Ramos ausdrücklich.

lionel messi mateo kovacic - real barcelona - la liga 2016Getty Images

Zidanes Beweggründe bei der Wahl seiner Aufstellung für den vorweihnachtlichen Clasico scheinen also verständlich, doch bei genauerer Betrachtung hat sich der Franzose damit mehr verzockt als ihm lieb sein dürfte. Während Kovacic in Halbzeit eins – wie auch die gesamte Real-Mannschaft – noch wach und aggressiv agierte und die Offensive Barcas um Messi blass blieb, entschied Zidanes Kniff in der zweiten Hälfte die Partie unfreiwillig zugunsten Barcelonas.

Vor allem die fehlende Spielpraxis des Kroaten machte sich hier deutlich. Kovacic fiel einen Großteil der Hinrunde mit einem Patellasehnenanriss aus und ist erst seit knapp vier Wochen wieder einsatzbereit. In diesem Zeitraum stand er ganze acht (!) Minuten in LaLiga auf dem Platz. Während Barca aus der Manndeckung von Messi in Durchgang eins kein Kapital zu schlagen wusste, nutzten sie die Taktik der Madrilenen in Halbzeit zwei zu ihren Gunsten.

Als Ivan Rakitic in der 54. Minute in der eigenen Hälfte den Ball bekam und sich in Richtung Tor von Keylor Navas aufmachte, befand sich Kovacic einmal mehr in der Nähe von Messi. Doch anstatt seinen Landsmann zu attackieren, ließ er in dieser Szene das nötige Gespür vermissen. Rakitic konnte durch das Mittelfeld spazieren und stürmte auf die dezimierte Viererkette in Form von Sergio Ramos und Raphael Varane zu. Ab diesem Zeitpunkt war es für Barca ein leichtes Spiel, doch der entscheidende Fehler fand eben vorher statt.

Vermutlich wurde Kovacic vor dem Spiel eindringlich klargemacht, wie wichtig seine Aufgabe sei, Messi und seine Kreise einzuengen und den Argentinier möglichst aus dem Spiel zu nehmen. Es wirkte in dieser Szene jedenfalls so, denn der Mittelfeldspieler der Königlichen fokussierte sich bei diesem Gegenangriff ausschließlich auf seine Aufgabe und ging Rakitic mehr oder weniger aus dem Weg. Was dieser aus der freien Bahn machte, ist bekannt und war letztendlich der Knackpunkt in diesem Spiel.

Eine ausführliche Analyse des Barca-Führungstreffers gibt es in den Highlights:

Ab dem 0:1 kam Real nicht mehr auf die Beine. Das Pressing aus Durchgang eins fand nicht mehr statt, Barca konnte den Ball laufen lassen und somit immer mehr Sicherheit gewinnen. Ein Spiel, bei dem die Heimelf in den ersten 45 Minuten die aktivere und gefährlichere Mannschaft war, kippte nach und nach auf die Seite der Blaugrana. Man bekam das Gefühl, dass ein zweiter Treffer für die Mannschaft von Ernesto Valverde nur eine Frage der Zeit sein dürfte. Und so kam es letztendlich auch.

"In der ersten Halbzeit haben sie es sehr schwierig für uns gestaltet", musste Andres Iniesta nach dem Spiel gestehen. Auch Luis Suarez äußerte sich ähnlich: "Es war klar, dass sie hoch pressen werden, doch wir haben dagegengehalten und waren in der zweiten Halbzeit besser", so der uruguayische Angreifer, der den Treffer zur Führung erzielen konnte.

Man sollte sich aber nicht zu sehr auf die individuelle Leistung von Kovacic einschießen. Natürlich hat der 23-Jährige – vor allem nach der Pause – alles andere als glücklich agiert, doch auch die Entscheidung Zidanes, ihn in so einem wichtigen Spiel nach seiner langen Abwesenheit in die Startelf zu beordern, sollte zumindest kritisch hinterfragt werden dürfen. Gleichzeitig hat man damit nämlich auch in einem Heimspiel, das unbedingt gewonnen werden hätte müssen, einen offensiveren Spieler wie eben Isco, Asensio oder Bale geopfert und auf die Bank beordert.

"Ich bereue es nicht, Kovacic aufgestellt zu haben"

"Ich werde nicht erklären, warum Isco nicht gespielt hat", erklärte er im Anschluss. "Ich bin der Trainer und treffe die Entscheidungen. So wie das Spiel gelaufen ist, konnte ich ihn nicht mehr einwechseln." Dass seine Entscheidung pro Kovacic Kritik hervorrufen wird, ist dem Franzosen durchaus bewusst: "Ich bereue es nicht, ihn aufgestellt zu haben. Ich weiß, dass man mir das morgen vorwerfen wird, aber so ist Fußball."

Der Spieler selbst sprach anschließend von einer großartigen ersten Halbzeit, bei der nur ein Tor fehlte. "Vielleicht haben wir in der ersten Hälfte alles gegeben und dann nachgelassen. Das erste Gegentor hat uns sehr wehgetan, mit dem zweiten wurde es dann sehr schwer", so Kovacic.

In der Tat tut diese Niederlage aus Real-Sicht sehr weh. Statt wie angestrebt den Rückstand zu verkürzen, ist er nun (bei einem Spiel weniger) auf statte 14 Punkte angewachsen. An eine Titelverteidigung dürften im Lager des Hauptstadtklubs also nur noch wenige glauben. Es war ein Must-Win-Spiel für die Königlichen und Zidane hatte sich dafür einen Matchplan zurechtgelegt, doch letztendlich hat der Kniff mit der Manndeckung für Messi den Clasico am Tag vor Weihnachten entscheidend beeinflusst. Für die Blancos jedoch auf falsche Art und Weise.

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