Ein Messerstich und eine Kokain-Lieferung: Der doppelte Fall Quincy Promes

Man soll Berufliches und Privates trennen: An diesen gut gemeinten Ratschlag halten sich viele, doch gerade die Fußballer präsentieren ihre Freizeitaktivitäten gerne auf allen Social-Media-Kanälen. So auch Hakim Ziyech vom FC Chelsea. Und deshalb weiß jeder, den es interessiert: Der Marokkaner hat das erste freie Wochenende nach dem Saisonende bei den Blues für einen Kurztrip genutzt. Es ging für ihn nach Moskau. Dort war er unter anderem auf einer Party eines Wettanbieters und als Ehrengast im Stadion. Immer an seiner Seite: sein alter Freund Quincy Promes – und bei dem muss man Berufliches und Privates ganz streng voneinander trennen.

Denn beruflich, also auf dem Fußballplatz, läuft es immer noch hervorragend für den 31-jährigen Niederländer, der vor einigen Jahren mit Ziyech eine Saison lang gemeinsam bei Ajax Amsterdam kickte. Inzwischen läuft Promes zum zweiten Mal für Spartak Moskau auf und hat in der abgelaufenen Saison 20 Tore für den Tabellendritten erzielt. Das reichte zum zweiten Platz in der Torschützenliste; in der Saison 2017/18 hatte er sich den Titel in Russland aber schon geholt.

Zwar kickte Promes nur eine Saison in einer der fünf großen europäischen Ligen, aber mit seinen Vorstellungen in Russland, starken Phasen bei Ajax und insgesamt 50 Länderspielen für Oranje hat er eine durchaus beeindruckende Karriere hingelegt. So weit, so der gute berufliche Teil. Im Privaten hingegen läuft es für Promes alles andere als nach Wunsch.

Promes wird Drogenschmuggel und versuchter Mord vorgeworfen

Denn es sind nicht seine Tore oder seine Spurts auf dem Flügel, die in seiner Heimat die Schlagzeilen beherrschen: Wenn in den Niederlanden über Quincy Promes geschrieben wird, dann geht es um Drogenschmuggel, versuchten Mord und Millionensummen.

In den Niederlanden laufen aktuell gleich zwei Verfahren gegen Promes: Zum einen soll er im Juli 2020 nach einer Familienfeier seinen Neffen mit einem Messer am Knie verletzt haben. Und zum anderen wurde im März 2023 bekannt, dass Promes mit anderen Mittätern für den Import von mehr als einer Tonne Kokain aus Südamerika verantwortlich gewesen sein soll.

QUINCY PROMES NETHERLANDSGetty Images

Was die Medien in Holland besonders freut und Promes besonders schaden dürfte: Bereits vor dem Messerangriff auf seinen Neffen wurde das Telefon des Fußballers von den Behörden überwacht – da bereits zu diesem Zeitpunkt der Verdacht bestand, dass er in den Drogenschmuggel verwickelt sein könnte. Die Gesprächsprotokolle liefern den Medien nun das Futter, das sie dann gerne verschlingen.

So wurde bekannt, dass Promes nach der Tat seinem Vater am Telefon vorwarf, dass dieser bei der Auseinandersetzung dazwischengegangen war und er bekannte, dass er seinem Neffen in den Hals hatte stechen wollen. Ob die Aussagen bei der Urteilsfindung vor Gericht verwendet werden dürfen, ist noch nicht klar, denn die Telefon-Überwachung wurde rechtlich gesehen wegen eines anderen vermuteten Vergehens, dem Drogenhandel, in Auftrag gegeben. Der Grund für den Promes-Ausraster: Sein Neffe hatte einer Tante Jahre zuvor angeblich eine Kette gestohlen. "Wer meine Tante beklaut, den bringe ich um", sagte Promes am Telefon. Am 19. Juni fällt das Gericht das Urteil.

Telefonüberwachung bringt Behörden auf die Promes-Spur

Während des langwierigen Prozesses wurden im März dann auf einmal neue Vorwürfe gegen Promes bekannt: Er soll mit anderen Verdächtigen mehr als 1,3 Tonnen Kokain über den belgischen Hafen Antwerpen importiert haben. Die Drogen waren in Containern hinter einer Ladung Salz versteckt. Und wieder sind die Behörden zuversichtlich, dass sie das Gericht von der Schuld des Fußballers überzeugen können. Denn wiederum spielt das Telefon des Kickers eine Hauptrolle: Mithilfe eines Hacks gelang es, die verschlüsselten Nachrichten zwischen den angeblichen Bandenmitgliedern zu lesen – und die Staatsanwaltschaft ist sich sicher, dass eines der Telefone Promes gehört.

QUINCY PROMES SPARTAKGetty Images

"Meine Jungs sind auf dem Weg nach Antwerpen", soll Promes geschrieben haben. In Belgien gelang es der Polizei aber, einen Großteil des Kokains sicherzustellen. "Meine letzte Lieferung ist halb missglückt. Deshalb hat sich mein Gewinn halbiert", schrieb der Fußballer angeblich später. Er soll, so der Vorwurf, nicht nur sein eigenes Geld investiert haben, um die Drogen anzukaufen, sondern auch die Abholer angeleitet haben.

Schon kurz nachdem die Messerattacke an die Öffentlichkeit geraten war, wechselte Promes im Februar 2021 von Ajax Amsterdam wieder zu Spartak Moskau – was in seinem Fall durchaus als "Flucht" gewertet werden kann. Denn die Prozesse in den Niederlanden finden in seiner Abwesenheit statt. Angeblich, weil er in Russland seinem Beruf nachgehen muss und dort nicht fehlen kann. Eine Reise in die Niederlande kommt für ihn aktuell nicht in Frage. Da ist es nur konsequent, dass sich Promes inzwischen nach russischen Medienberichten um die russische Staatsbürgerschaft bemüht. Und wenn man sich mit einem guten alten Freund treffen will, dann geht das natürlich immer noch in Moskau.

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