HINTERGRUND
Als Ex-Bayer James Rodriguez im August dieses Jahres beim FC Everton unterschrieb, wurde der Wechsel vielerorts kritisch beäugt. Ausgerechnet den James, der sich noch wenige Wochen vor seiner offiziellen Vorstellung über die klimatischen Bedingungen in Deutschland beschwert hatte, zog es nun ins nicht weniger kalte und regnerische England. Wie würde der Mittelfeldstratege in einer Liga zurechtkommen, die für robustes und laufintensives Spiel steht?
Doch Cheftrainer Carlo Ancelotti lies sich davon nicht beirren und verpflichtete seinen einstigen Schützling, um den er sich bereits zu Napoli-Zeiten bemüht hatte. Er kannte den 29-Jährigen bereits aus seinen vorherigen Engagements bei Real Madrid und dem FC Bayern München.
"Als ich James diesen Sommer holte, waren alle besorgt über seinen körperlichen Zustand und darüber, wie er mit der Intensität der Premier League zurechtkommen würde", erinnerte sich der 61-Jährige bei France Football. Bislang kommt James sehr wohl zurecht und entlockte seinem Trainer sogar den Vergleich mit einer Legende des Weltfußballs.
Mehr Torbeteiligungen als Sprints: James auf Ronaldos Spuren
Sieben Spiele bestritt der Kolumbianer seither in Englands höchster Spielklasse für die Toffees, dabei traf er dreimal und legte ebenso viele Treffer auf. Im 4-3-3-System Ancelottis ist er auf dem Papier als Rechtsaußen gelistet - eine Position, die viel Laufarbeit in Form von Flankenläufen und Sprints erfordert und nicht gerade James' Profil entspricht. Der Offensivspieler zieht dagegen meist nach innen, reißt das Spiel an sich und strahlt durch seine spielerische Qualität Torgefahr aus.
Für Ancelotti ein Beleg dafür, dass er sich nicht getäuscht hatte. "Wissen Sie, wie oft er in den ersten vier Spielen gesprintet ist? Sieben Mal! Er hat mehr Assists und Tore geliefert, als er Sprints gemacht hat", betonte der Italiener: "Worüber reden wir also? Darüber, was wir von einem Spieler auf dem Feld erwarten?"
"Entscheidend is' auf’m Platz", um es in den Worten von Alfred Preißler zu formulieren. Dabei verglich Ancelotti James auch mit dem früheren Weltklasse-Stürmer Ronaldo Nazario, den er einst bei der AC Milan coachte. "Als ich in Mailand war, holten wir Ronaldo. Bei seiner Ankunft wog er 100 Kilogramm", verriet der Fußballlehrer: "Vor dem ersten Spiel sagte ich ihm: 'Du weißt, dass ich Dich nicht aufstellen kann. Du musst abnehmen'. Er antwortete: 'Was soll ich auf dem Feld machen? Tore schießen oder laufen? Wenn es laufen ist, setzen Sie mich auf die Bank, wenn es treffen ist, stellen Sie mich auf!'"
In besagtem Spiel lief der Brasilianer auf - und traf doppelt. "Bei James ist es das Gleiche", resümierte Ancelotti.
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Entgegen anfänglicher Kritik besticht James auch in einer körperbetonten und läuferisch starken Liga durch seinen Spielwitz und seine Kreativität. Die Zahlen sprechen jedenfalls für sich.
Wer von einem Fachmann wie Ancelotti in einem Atemzug mit Ronaldo genannt wird, kann nicht so viel verkehrt gemacht haben.


