GARETH BALE WALESGetty Images

Gareth Bale und der Traum von der WM-Teilnahme mit Wales: Genau in dieser Reihenfolge

Viel zutreffender hätte der Schriftzug, der im November 2019 auf der Flagge prangte, die sich Bale nach der erfolgreichen Qualifikation für die darauffolgende Europameisterschaft von einem Fan geschnappt hatte, nicht sein können. "Wales. Golf. Madrid - in dieser Reihenfolge" war damals auf der walisischen Fahne zu lesen. Eine Anspielung auf die Worte des früheren Real-Sportdirektors Predrag Mijatovic, der Bale einst vorwarf: "Das erste, an das er denkt, ist Wales. Dann Golf und danach erst Real Madrid." Die Wales-Anhänger hatten diese Sätze aufgegriffen und in ein Lied umgewandelt.

Die Aktion sorgte weltweit für reichlich Gelächter, bei seinem Klub Real Madrid hingegen eher weniger. Nahezu jeder seiner Ballkontakte wurde in der Folge mit einem nicht zu überhörenden Pfeifkonzert quittiert. Nur die Corona-Pandemie stoppte den Groll der Fans. In der Folge konnte er sich deshalb auch weitere Scharmützel leisten, ohne mit den stolzen Anhängern konfrontiert zu werden.

Denn auch als Stammgast auf der zur Ersatzbank umfunktionierten Tribüne zog der einstige 101-Millionen-Euro-Transfer (2013) die Aufmerksamkeit auf sich. Mal funktionierte er den Mund-Nase-Schutz zur Schlafmaske um und tat so, als würde er ein Nickerchen halten, an anderer Stelle beobachtete er das Treiben auf dem Platz durch ein selbst gebasteltes "Fernrohr". Comedy-Einlagen, die der Aussage auf dem Banner noch mehr Gewicht verliehen und unterstrichen, welche untergeordnete Rolle Real noch in seinem Leben spielt. Während sich die Kollegen amüsierten, warf die spanische Presse mit Worten wie "beschämend" und "respektlos" um sich. Die Zeitung AS kreidete dem bekennenden Golf-Liebhaber die drei Verfehlungen mit dem Titel "Triple Bogey" an. Bale reagierte gewohnt unbeeindruckt und scherzte: "Drei Schläge über Par hatte ich noch nie."

Bale seit über zwei Jahren ohne Einsatz im Bernabeu

Im Estadio Bernabeu müsste er wohl noch heute mit vereinzelten Pfiffen rechnen, die Fans des weißen Balletts lassen bekanntlich nur wenig auf ihren Verein kommen. Stichhaltig belegen lässt sich das allerdings nicht. In der Heimstätte der Königlichen ist er seit mehr als zwei Jahren - was auch dem zwischenzeitlichen Umzug in das Estadio Alfredo Di Stefano geschuldet ist - nicht mehr zum Einsatz gekommen. Dabei traf Bale nach der von wechselhaften Leistungen geprägten Leihe bei seinem Ex-Klub Tottenham Hotspur im Sommer mit Trainer Carlo Ancelotti auf einen alten Vertrauten. Und in den ersten drei Ligaspielen, die aufgrund des Bernabeu-Umbaus alle auswärts waren, stand er sogar jeweils in der Startelf. Verletzungen an Knie, Wade und am Rücken sorgten jedoch für eine monatelange Zwangspause.

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Vor dem Achtelfinal-Hinspiel in der Champions League gegen PSG, kurz nach Bales Rückkehr, bestätigte Ancelotti das längst absehbare Aus. Der auslaufende Vertrag des Flügelstürmers wird nach Saisonende nicht verlängert. "Jetzt ist er in einer guten Verfassung und er will hier so aufhören, wie er es sich verdient. Hier einen guten Abschluss zu haben, wäre gut für seine Karriere." Einsatzzeiten sind mit dem guten Abschluss aber nicht verbunden, nur zweimal stand Bale in diesem Jahr auf dem Platz - natürlich in fremden Stadien. Beim denkwürdigen 0:4 im Clasico schaffte er es nicht mal in den finalen Kader. Rund zwei Stunden vor dem Anpfiff wurde er für Reals dritten Keeper, Diego Pineiro, aus dem Aufgebot gestrichen.

"Gareth fühlte sich nicht so gut nach dem gestrigen Training. Deshalb war er nicht verfügbar für das Spiel", sagte Ancelotti. Eine Ausrede, wenn man dem Radiosender Cadena SER Glauben schenken mag. Dieser berichtete, dass sich Bale derzeit schlichtweg nicht in der Lage fühle, zwei Partien hintereinander zu absolvieren. Demnach wolle er lieber für das anstehende WM-Play-off-Spiel mit seinem Heimatland gegen Österreich (Donnerstag, 20.45 Uhr im LIVE-TICKER) top-fit sein. In Wales ist man derweil guter Dinge, dass das Nationalteam trotz der angeblichen Beschwerden auf seinen Kapitän zählen kann. Ein weiteres Indiz dafür, dass Real für Bale höchstens noch eine Nebenrolle spielt - obwohl er gegen Barca wohl ohnehin 90 Minuten die Bank gedrückt hätte. Gleiches gilt mit großer Wahrscheinlichkeit für den Rest der Saison. Bale ist längst wieder Edelreservist.

Wales träumt von erster WM-Teilnahme seit 1958

Seine Liebe und sein Engagement für seine Heimat sind dagegen unstrittig. Bereits mit zarten 16 feierte der einstige Linksverteidiger sein Debüt für die Nationalmannschaft, inzwischen steht Bale bei genau 100 Länderspielen. Unsterblich machte er sich mit seinen sieben Toren in der Qualifikation zur EM 2016. Die erste Teilnahme an einem großen Turnier seit der WM 1958, welche erst märchenhaft im Halbfinale endete. Fünf Jahre später war im Achtelfinale Schluss.

Auch in der Quali zur Weltmeisterschaft in Katar ließ der Rechtsaußen seine Klasse aufblitzen, beim 3:2-Sieg gegen Weißrussland im September 2021 erzielte er alle drei Tore. Mit der Unterstützung von Aaron Ramsey und Co. will sich "The Golfer", wie er von seinen Teamkollegen genannt wird, seinen letzten großen Traum erfüllen. "Mit einer WM-Teilnahme würden wir auch noch den letzten Punkt auf der Liste abhaken. Davon träumen wir alle", sagte der viermalige Champions-League-Sieger vor Kurzem.

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Wie und ob es für Bale weitergeht, wenn Wales in den Play-offs scheitert, bleibt abzuwarten. Schon nach der vergangenen EM hatte es das Gerücht über ein Karriereende gegeben. Sollte Wales weiterkommen und auch den Gewinner des anderen Halbfinales zwischen Schottland und der Ukraine, welches aufgrund der aktuellen Ereignisse verlegt wurde, besiegen, muss sich Bale ohnehin auf die Suche nach einem neuen Verein machen. Die WM beginnt schließlich erst am 21. November - mehr als vier Monate nach Auslaufen seines Arbeitspapiers bei Real.

Ein Abnehmer ist zwar aktuell nicht in Sicht, bis zum Sommer wird er deshalb aber sehr wahrscheinlich nicht in Trauer verfallen. Vor allem, wenn die WM-Teilnahme Wirklichkeit wird. Und zur Not gibt es in Katar auch reichlich Golfplätze. Außerdem scheint es ihm in Madrid ja auch nicht allzu schlecht zu gehen. Sein Glück lässt sich eben genau in dieser Reihenfolge beschreiben.

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