Mit 14 bot ihm der FC Barcelona einen Zehnjahresvertrag: Das wurde aus dem einstigen Mega-Talent John Bostock

"Als ich 14 war, boten sie mir einen Zehnjahresvertrag an", erinnerte sich John Bostock einst im Gespräch mit der BBC: "Ronaldinho war zu dieser Zeit mein Lieblingsspieler und sie sendeten mir ein unterschriebenes Poster von ihm. Ich habe es immer noch zu Hause in London. Dort steht: 'Für John von Ronaldinho‘“. 

Die Rede war in diesem Interview von keinem geringeren Klub als dem großen FC Barcelona. Die Vertragslaufzeit, das Poster seines Idols - die Katalanen schienen es ernst zu meinen. Doch Bostock lehnte ab. "Barcelona, Real Madrid, Inter, Manchester United, Chelsea, Liverpool – das Who is Who des europäischen Fußballs", zählte er die Klubs auf, die Schlange standen, um sich seine Dienste zu sichern - keiner davon erhielt den Zuschlag.

Heute zählt der 30-Jährige 14 Vereine zu seiner Vita. Statt möglicher großer Karriere in der spanischen Metropole befindet er sich aktuell auf der Suche nach seinem 15. Klub. Der zentrale Mittelfeldspieler hat eine wahrliche Odyssee hinter sich.

John Bostock bei Crystal Palace: Fan, Nachwuchsstern, jüngster Debütant

Im Alter von fünf Jahren schloss sich Bostock Crystal Palace an. Dem Verein, bei dem der gebürtige Londoner und seine Familie regelmäßig in der Kurve standen. Bostock galt als technisch begabt, athletisch und mit einem magischen linken Fuß ausgestattet. Schon früh wuchs er in puncto Talent über seine eigentliche Altersklasse hinaus. Ein Wunderkind des Jahrgangs 1992, das zahlreiche Top-Klubs auf den Plan rief.

Bostock hatte die Qual der Wahl, doch er folgte seinem Herzen - und blieb schließlich bei den Eagles. Sein Gefühl zahlte sich schon bald aus: Mit gerade einmal 15 Jahren, neun Monaten und 14 Tagen gab er im Oktober 2007 sein Profidebüt in der zweitklassigen Championship gegen Watford und ist damit heute noch der jüngste Spieler der Vereinsgeschichte. Von der Fantribüne auf den Platz, ein Moment für die Ewigkeit.

"Ich erinnere mich, dass ich zu jung war, um mich in der gleichen Umkleide wie meine Teamkollegen umzuziehen, weil ich noch minderjährig war", verriet Bostock: "Ich habe die letzten 20 Minuten gespielt und dachte nur: 'Wow!' Ich habe dieses Team jahrelang spielen sehen, saß auf der Tribüne mit meiner kleinen Tüte Süßigkeiten - es war ein surrealer Moment, einen, den ich nie vergessen werde."

GER ONLY JOHN BOSTOCK CRYSTAL PALACE DEBÜT 2007imago images / Colorsport

Zum ganz großen Sprung bei Palace reichte es dennoch nicht, bestritt Bostock lediglich fünf Pflichtspiele für seinen Heimatklub. Seine Eltern und sein Berater überzeugten ihn schließlich davon, dass der nächste Schritt bei den Tottenham Hotspur liege, dem Stadtrivalen von Palace. 

Morddrohungen, Dauerkartenentzug und Wechsel gegen seinen Willen: Bostock "bereut" Palace-Abschied

Ein Wechsel, den er nach eigenen Aussagen vielleicht sogar mehr bereut, als die Absage an Barça. Dabei lag die Entscheidung seinerzeit gar nicht in seiner eigenen Hand. "Wenn ich ehrlich bin, hatte ich bei der Entscheidung nichts zu sagen. Ich war 15, habe das Papier auf dem Tisch gesehen und gesagt bekommen, dass ich es unterschreiben soll", betonte Bostock. Zwei Millionen Euro überwiesen die Spurs für die Dienste des damaligen Youngsters. 

Den Abschied von seinem Jugendverein wird er wohl genauso wenig vergessen, wie sein traumhaftes Debüt, denn was folgte, war ein heftiger Gegenwind. "Ich bekam Morddrohungen - Fans schrieben Dinge wie: 'Ich werde dies und jenes tun, wenn ich ihn auf der Straße sehe'", erinnerte sich Bostock: "Wir haben solch eine Reaktion nicht erwartet. Aber sie dachten, ich sei nur hinter dem Geld her." Auch der frühere Palace-Manager Simon Jordan ließ seinem Frust freien Lauf, drohte öffentlich damit, Bostocks Familie die Dauerkarten zu entziehen.

"Ich war nur ein junger Mann, der versuchte, seine Träume zu verwirklichen", erklärte der einstige englische Juniorennationalspieler. Einer, der nach dem Maximum strebte und seinem brasilianischen Idol nacheifern wollte. Alles andere wäre eine Enttäuschung gewesen, so Bostock weiter: "Daran habe ich meine Identität festgemacht, und ich dachte, wenn ich das nicht schaffe, bin ich ein Versager."

Bostock: Erneuter Rekord bei den Spurs, Selbstzweifel, endlose Leihen

An der White Hart Lane begann es für ihn ähnlich wie bei Palace: Mit 16 Jahren, neun Monaten und 22 Tagen trug er sich im November 2008 in der UEFA-Cup-Partie gegen Dinamo Zagreb erneut als jüngster Spieler der Klubhistorie in die Geschichtsbücher ein. Bei den Spurs spielte er an der Seite von Größen wie Gareth Bale oder Luka Modric. "Auf jeder Position gab es mindestens zwei Nationalspieler", blickte Bostock zurück.

Die Konkurrenz war groß, mehr als drei Kurzeinsätze im Europapokal kamen nicht heraus. Die Verantwortlichen legten ihm nahe, sich erneut im Jugendbereich zu versuchen. Ein Nackenschlag für den ambitionierten, jungen Mittelfeldmann, der zugab, sich häufig zu sehr verstellt zu haben, um dem Hype um seine Person gerecht zu werden.

John Bostock of Tottenham HotspurGetty Images

Er habe angefangen, an sich zu zweifeln, seine Fähigkeiten zu hinterfragen und vor allem, der Meinung anderer zu viel Gewicht zuzusprechen. Was folgte, war eine schier unendliche Leihperiode.

2009 führte sein Weg zunächst zum FC Brentford, danach zu Hull City, Sheffield Wednesday, Swindon Town und in die MLS nach Toronto. Bei keinem dieser Klubs konnte sich Bostock auf Dauer empfehlen. 2013 endete sein Vertrag bei den Spurs und er wechselte zu Royal Antwerpen in die zweite belgische Liga. Zwischenzeitlich habe er sogar daran gezweifelt, ob Fußball das Richtige für ihn sei.

Auf Antwerpen folgten Oud-Heverlee Leuven, RC Lens, Bursaspor, Nottingham Forrest, Toulouse und schließlich die Doncaster Rovers, wo sein Vertrag im Juni endete. Bei keinem der Klubs blieb er länger als zwei Jahre. 

Klub Nummer 15? Bostock aktuell auf Vereinssuche

"Ich denke, es ist Teil des Lebens, dass man weiß, dass man bessere Entscheidungen hätte treffen können", resümierte Bostock. Damals hätten oftmals andere für ihn entschieden.  

Zahlreiche Vorschusslorbeeren, Top-Klub-Anfragen, Vereinsrekorde und 14 Vereine später ist Bostock aktuell ohne Verein. Seine bisherige Karriere sei "eine unangenehme Reise" gewesen. Aber eine, die "ich wahrscheinlich trotzdem nicht ändern würde."

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