Genesio Zitat Depay

Memphis Depays Karriere-Neustart bei Lyon

Als Memphis Depay das verregnete, von Arbeitersiedlungen geprägte Manchester gegen Lyon, eine Stadt, die eine Mischung aus Alpenkultur und mediterraner Lebensart verkörpert, eintauschte, war das einstige Ausnahmetalent fußballerisch am Ende. Von seinem alten Trainer verlassen, von seinem neuen Coach abgestoßen, wurde der "neue Ronaldo“ von den Medien nach eineinhalb Jahren im Old Trafford als Flop deklariert und vom Hof gejagt. Am Boden liegend, geschlagen von der Übermacht des Konkurrenzkampfes in der Mannschaft der Red Devils, ergriff der Niederländer die helfende Hand des Ligue-1-Klubs. Ohne Vorschusslorbeeren und ohne Kredit kam Depay in Frankreich an, tausende kritische Augen auf sich gerichtet.

Erlebe die Ligue 1 live und auf Abruf auf DAZN. Hol' Dir jetzt Deinen Gratismonat!

Das Debüt des Niederländers bei seinem neuen Klub verlief unspektakulär. Zwei Tage nach der offiziellen Bekanntgabe seines Wechsels in den Südosten Frankreichs durfte der Flügelflitzer eine knappe Viertelstunde beim Stand von 3:1 gegen die Rivalen aus Marseille ran. Er zeigte Einsatz, sorgte jedoch nicht für einen dieser magischen Momente, wegen denen er einst von der PSV Eindhoven zu United wechselte.

Artikel wird unten fortgesetzt

Steiniger Start

Auf seinen Auftakt bei Lyon folgten zwei Starts in der Ligue 1 und eine Einwechslung im Coupe de France. Alle drei Spiele wurden verloren, bei allen drei Spielen enttäuschte der Neuzugang. Es hagelte Spott, besonders aus England. Der vorübergehende Verlust seines Platzes im Team machte das neuerliche Memphis-Dilemma perfekt.

Als sich Mathieu Valbuena in der nächsten Liga-Partie gegen AS Nancy verletzte, wurde Memphis in der 40. Minute eingewechselt – und überzeugte erstmals. Er trug zu zwei Toren seiner Mannschaft bei und zeigte in Ansätzen, warum United einst bereit war, 35 Millionen Euro für ihn auf den Tisch zu legen.

Kurios! Türkei wollte Süle

Auf den ersten Lichtblick für den Niederländer in der Grande Nation folgte eine weitere Niederlage, die wie Wasser auf die Mühlen von Depays Kritikern daherkam, machten sie den Oranje-Star doch für das 1:2 gegen Guingamp verantwortlich.

Langsam, aber sicher …

Memphis, der derartiges Genörgel nach seiner Zeit in Manchester mehr als gewohnt war, zeigte sich jedoch unbeeindruckt. In seinen nächsten beiden Liga-Partien spielte der Angreifer groß auf. Seine ersten Auftritte über die volle Spielzeit bei Lyon krönte der PSV-Sprössling mit zwei Toren und zwei Assists – so schnell die Häme sich zunächst entladen hatte, so schnell entstand der große Hype – im Fußball keine Seltenheit.

In Partie Nummer zehn für Lyon ließ Memphis seine Kritiker dann eindrucksvoll verstummen: Beim 4:0-Sieg über Toulouse überzeugte er mit einem Doppelpack, ein überragendes Traumtor von der Mittellinie inklusive. Ein Treffer, der die einschlägigen Fußball-Social-Media-Seiten überschwemmte.

Genesio Zitat Depay

Nicht nur die Fans, sondern auch sein Trainer zeigte sich von dieser Leistung beeindruckt. Der 23-Jährige erhielt endlich die Anerkennung, die ihm so lange fehlte. "Er hat die Qualitäten gezeigt, von denen wir wussten, dass er sie besitzt: Rhythmus, Geschwindigkeit, Schussstärke", schwärmte Bruno Genesio nach seinem Traumtor.

Gründe für vorheriges Versagen

Das Vertrauen in seine Person, was ihm bei United besonders unter Jose Mourinho gefehlt hatte, scheint Memphis gut zu tun. Mit regelmäßigen Startelfeinsätzen kam das Selbsverständnis zurück, die Leichtigkeit, eben jene Attribute, die Depay abhanden gekommen schienen.

In elf Spielen für Lyon erzielte der Dribbler bereits fünf Tore, was seine Auftritte bei United klar in den Schatten stellt. Zwar kann man natürlich über die Divergenz der beiden Ligen streiten, trotzdem scheint es so, als stünden Regelmäßigkeit und Vertrauen im direkten Kontakt zu den spielerischen Leistungen des Niederländers.

FIFA 18 ohne Bundesliga?

Schon in seinen frühen Profi-Jahren in der Eredivisie, in der sich der Angreifer international einen Namen machte, übernahm Memphis eine wichtige Rolle. In einer jungen PSV-Mannschaft ging er als Führungsspieler voran, führte seinen Klub zum Ligatitel. Angst vor Verantwortung schien der 23-Jährige nie zu haben.

Seine schwachen Leistungen für United, die zu seiner Ausgliederung aus dem Kader von Mourinho geführt haben, betrachtet Depay mittlerweile nüchtern. "Ich tat im Training, was ich tun musste“, sagte er im Interview mit beIN Sport. "Natürlich habe ich seine Entscheidungen nicht verstanden, aber er war der Boss. Ich musste es akzeptieren. Ich glaube, ich war nicht gut genug für ihn, aber das ist okay. Dann zeige ich meine Qualitäten eben hier."

Neues Vertrauen

Die Lyon-Verantwortlichen hingegen  sind zufrieden mit ihrem 16-Millionen-Mann. Nach seinem Mittellinien-Tor stellte Präsident Michel Aulas gar Pele-Vergleiche an: "Ich kann mich nicht genau erinnern, in welchem Jahr es war, als Pele das versucht hat.“ 1970 war es, bei der WM in Mexiko, als Pele gegen die Tschechoslowakei von der Mittellinie abzog und das Tor dabei knapp verfehlte. Depay machte es besser. " Es ist ein Zeichen von allerhöchster Qualität. Wir sind sehr glücklich", betonte Aulas.

Alle Gerüchte aus den Top-Ligen

Es wäre vermessen, nach nur elf Partien ein aussagekräftiges Fazit zu ziehen, ein klarer Aufwind in der zuvor stagnierenden Karriere des Flügelflitzers ist jedoch erkennbar. Es gibt immer noch viele Experten, die vermuten, dass Memphis nie sein volles Potenzial erreichen wird, aber wer schon in jungen Jahren mit Cristiano Ronaldo verglichen wird, hat ohnehin ein schweres Kreuz zu tragen. Man kann mit gutem Gewissen behaupten, dass der Wechsel des Niederländers zu Lyon wohl der richtige Schritt und wichtig für seine Laufbahn als Profi war. Ein Neustart, der frische Perspektiven in eine tot geredete Karriere bringt. Vielleicht steht dem Edeltechniker die mediterrane Sonne besser zu Gesicht als das verregnete Manchester.

Werbung