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Zahlen wie aus dem Bilderbuch! Wie Frank Lampard nach zwei Horrorstationen in der Premier League seine Trainerkarriere eindrucksvoll wiederbelebt

Frank Lampard legte von Juli 2023 bis Ende November 2024 eine dringend benötigte, aber unfreiwillige Auszeit vom Trainerdasein ein. Nach seinen enttäuschenden Engagements bei Ex-Klub Chelsea (Juli 2019 bis August 2021 sowie von April bis Juni 2023) und dem FC Everton (Januar 2022 bis Januar 2023) war der einstige Mittelfeldstar der englischen Nationalmannschaft ohne Job. Dann zog es ihn dorthin, wo er bei Derby County in der Saison 2018/19 einen Traumstart in seine Trainerlaufbahn hingelegt hatte: in die Championship zum Traditionsverein Coventry City.

Schnell hieß es, die Coventry-Eigentümer hätten bei ihrer Trainerwahl mehr auf den Namen als auf die Fähigkeiten ihren neuen Übungsleiters geachtet. Mittlerweile aber sind die Skeptiker verstummt und Lampard ist wieder in aller Munde. Coventry steht nach zwölf Spieltagen souverän an der Tabellenspitze und darf zu Recht vom Aufstieg in die Premier League träumen. Das Team sorgt mit seinem unwiderstehlichen Offensivfußball für überragende Statistiken und will nach dem Erreichen der Aufstiegs-Play-offs in der vergangenen Saison nun den nächsten Schritt nach oben gehen. Lampard derweil ist dabei, seinen geschädigten Trainerruf wieder aufzupolieren.

  • Frank Lampard Press ConferenceGetty Images Sport

    Lampard macht Coventry vom Abstiegs- zum Aufstiegskandidaten

    Als Lampard im November 2024 nach Coventry kam, lag der Verein auf dem 17. Platz der Championship und nur zwei Punkte über der Abstiegszone. Lampard stand zudem vor der undankbaren Aufgabe, den langjährigen und äußerst beliebten Mark Robins zu ersetzen, der kurzerhand entlassen worden war. 

    Nach einem schwierigen Start platzte der Knoten. Coventry fuhr starke Ergebnisse ein, kletterte in der Tabelle nach oben und schaffte es in die Playoffs. Sie endeten allerdings mit einer Enttäuschung: Im Halbfinale verlor Coventry gegen das aktuelle PL-Sensationsteam FC Sunderland - wegen Daniel Ballards dramatischem Ausgleichstreffer in der 122. Minute des Rückspiels, der den Black Cats nach dem Hinspielsieg den Einzug ins Finale sicherte. Die Enttäuschung war riesig, allerdings machte Lampard schnell deutlich, keine Melancholie zu dulden, sondern die Enttäuschung als frische Motivation für die neue Saison nutzen zu wollen.

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  • Millwall v Coventry City - Sky Bet ChampionshipGetty Images Sport

    Coventry City unter Frank Lampard: Tore, Tore, Tore

    Lampard lässt spielen, wie er selbst spielte: offensiv effizient. Er ist mit 177 Toren schließlich weiterhin der torgefährlichste Mittelfeldspieler im englischen Oberhaus. Die Zahlen dazu lassen staunen: Nach zwölf Spielen hat die Mannschaft bereits 34 Tore erzielt und nur deren neun Stück - kein Team in der Liga ist besser. Zudem verlor Coventry bisher kein einziges Spiel (acht Siege, vier Unentschieden) und blieb in jeder zweiten Partie ohne Gegentreffer. Das bisherige Highlight war der 7:1-Kantersieg gegen die Queens Park Rangers.

    Die Sky Blues stellen aktuell zudem die besten Torjäger der Liga: Der ehemalige Schalker US-Nationalspieler Haji Wright (acht Tore in elf Spielen) wurde kürzlich von Mannschaftskamerad Brandon Thomas-Asante überholt, der nun bei neun Toren in zwölf Einsätzen steht. Viktor Torp belegt derweil Rang drei mit sechs Treffern. Lampards 4-2-3-1-Formation ist perfekt auf die Fähigkeiten seiner Spieler abgestimmt. Asante-Thomas spielt leicht hinter Wright, Torp kommt aus einer tieferen Box-to-Box-Rolle heraus. Alle drei zeigen, wie Lampard die Spieler verbessert hat: Wrights Abschluss und Laufstärke haben jeweils neue Level erreicht, Asante-Thomas hat den verletzten Ephron Mason-Clark erfolgreich ersetzt und Torp ist im Angriff weitaus effektiver als in der vergangenen Saison.

  • Oxford United v Coventry City - Sky Bet ChampionshipGetty Images Sport

    Lampard fokussiert sich auf bessere Defensivabläufe

    Offensiv spielen lassen konnte Lampard auch schon bei Chelsea und Everton erfolgreich - das Problem war stets die Defensive. Doch bei Coventry hat der 47-Jährige offensichtlich die richtige Balance gefunden. Der Spitzenreiter hat seine jüngsten sechs Spiele allesamt gewonnen - mit dem beeindruckenden Torverhältnis von 19:2. Überhaupt kassierte Coventry in dieser Saison noch keine Niederlage in der Liga, einzig in der zweiten Runde des Carabao Cups setzte es gegen Millwall eine Pleite.

    Die Innenverteidiger Bobby Thomas und Liam Kitching bilden das Fundament des Erfolgs, sie sind am Boden wie in der Luft kaum zu bezwingen. Auch Torhüter Carl Rushworth – ausgeliehen von Erstligist Brighton – glänzt unter Lampard, kassierte in zwölf Partien erst neun Gegentore, die wenigsten der Liga. Drei der Gegentore, die der Verein aus den Midlands kassierte, fielen übrigens in einem einzigen Spiel: dem turbulenten 5:3-Sieg gegen Lampards ehemaligen Verein Derby Mitte August.

    Lampard erklärte in der vergangenen Saison im Interview mit Football Focus: "Wenn man neu kommt, versucht man, die Probleme schnell zu analysieren. Wir haben zu viele Gegentore kassiert. Wir waren nicht kompakt genug, wir waren nicht aggressiv genug, also haben wir versucht, unserer Arbeit ohne Ball Priorität einzuräumen. Die Spieler haben das umgesetzt, weil sie alles, was wir ihnen gesagt haben, angenommen haben. Ich muss sagen, diese Gruppe, ihre Bescheidenheit und ihr Einsatz sind absolut beeindruckend."

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  • Millwall v Coventry City - Sky Bet ChampionshipGetty Images Sport

    "Perfekte Mischung aus Detailgenauigkeit und Freiheit"

    Bemerkenswert zudem: Coventry nahm im Sommer nicht viel Geld für neue Spieler in die Hand. Im Gegenteil, einige Fans kritisierten sogar, dass man sich nach dem verpassten PL-Aufstieg zu passiv auf dem Transfermarkt verhalte. Angesprochener Rushworth kam aus Brighton, die Verteidiger Luke Woolfenden und Kaine Kesler-Hayden wurden von Ipswich bzw. Aston Villa verpflichtet - namhafte Neuzugänge heißen anders.

    Stattdessen stattete Lampard den bestehenden, recht dünn besetzten Kader mit Selbstvertrauen aus. Außerdem war es essenziell, Leistungsträger wie den offensiven Mittelfeldspieler Jack Rudoni sowie Van Ewijk zu halten. "Es ist unglaublich, wenn man sieht, mit wie viel Selbstvertrauen unsere Stürmer derzeit spielen", schwärmte Mittelfeldspieler Matt Grimes, der im Januar 2025 gekommen war, in der BBC: "Wir spielen mit der perfekten Mischung aus Detailversessenheit und Freiheit, und das sieht man auch. Die Offensivspieler sind im Moment eine absolute Macht." Seitdem Grimes im September zum Kapitän wurde, holten die Sky Blues 13 von 15 möglichen Punkten in der Liga. "Es war ein guter Start. Ich weiß, dass es im Sommer viel Gerede darüber gab, dass wir [in den vergangenen Spielzeiten] nicht so gut gestartet sind, aber dieses Jahr haben wir das geschafft. Wir können uns jetzt einfach konzentrieren, weiterarbeiten und weitermachen."

  • Sheffield Wednesday v Coventry City - Sky Bet ChampionshipGetty Images Sport

    Frank Lampard: "Es ist wichtig, dass wir auf dem Boden bleiben"

    Durch diese Siegesserie der letzten Wochen gelten die Sky Blues nicht mehr einfach nur als Aufstiegskandidat, sondern als Favorit auf den Ligatitel. Das drittplatzierte Millwall, das in die Play-offs müsste, liegt aktuell fünf Punkte und 24 Tore hinter Coventry.

    Lampard sagte nach dem klaren Sieg in Hillsborough bei Sheffield Wednesday Anfang Oktober bei der BBC: "Wir haben hart gearbeitet und hatten bis jetzt einen guten Start. Es ist wichtig, dass wir auf dem Boden bleiben, den Moment genießen, denn es war eine gute Woche, uns ausruhen und versuchen, diese Form beizubehalten. Meine Botschaft an die Spieler vor dem Spiel war: Wenn ihr gut spielt, dürft ihr das nicht aus den Augen verlieren. Top-Teams nutzen das aus, und das habe ich diese Woche in der Mannschaft gespürt, und voila."

  • Sheffield Wednesday v Coventry City - Sky Bet ChampionshipGetty Images Sport

    Noch 34 Spieltage bis zum großen Ziel

    34 von 46 Spieltagen stehen in der Championship noch bevor - umgerechnet eine gesamte Bundesliga-Saison. Bisher hätte es zwar nicht besser laufen können, doch das gibt keine Garantie für die Zukunft. An Halloween trifft Coventry auf Aufsteiger Wrexham, anschließend warten mit Sheffield United und Stoke City unangenehme Prüfsteine.

    Lampards Ex-Mitspieler Glen Johnson sagte er im Interview mit 10bet, es gebe in der Championship bis zu acht Aufstiegskandidaten: "Ich denke, es ist fast unmöglich, jetzt schon vorherzusagen, wer die Championship gewinnen oder aufsteigen wird. Ich sehe aber absolut keinen Grund, warum Frank den Aufstieg nicht schaffen sollte, wenn er die Mannschaft dazu bringen kann, diese Leistungen konstant abzurufen."

    Mittlerweile kursieren die ersten Gerüchte, dass mehrere Premier-League-Vereine Lampards neuerliche Erfolgsgeschichte im Unterhaus mit großem Interesse verfolgen und über eine Verpflichtung nachdenken. Eine deutlich schönere Geschichte wäre es jedoch, wenn er es mit seinem aktuellen Team in die Eliteliga schafft und so seine Kritiker eines besseren belehrt.

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