Fällt UEFA und FIFA der mitunter sehr komplexe Modus in der WM-Qualifikation auf die Füße? Durch das verschachtelte System droht am letzten Spieltag der europäischen Quali-Phase möglicherweise eine kuriose Wettbewerbsverzerrung.
ImagoWettbewerbsverzerrung in der WM-Qualifikation? Eine kuriose Konstellation um San Marino, Rumänien und Bosnien-Herzegowina könnte drohen
WAS IST DER HINTERGRUND?
Hauptakteur ist dabei San Marino. Die Nationalmannschaft des lediglich knapp 34.000 Einwohner zählenden Landes hat erwartungsgemäß keine Chance mehr, sich über seine WM-Qualifikationsgruppe ein Ticket zur Weltmeisterschaft 2026 in den USA, Mexiko und Kanada zu sichern. Nach sieben von acht Partien hat San Marino noch keinen Punkt auf dem Konto, ist abgeschlagen Letzter und auch Playoff-Platz zwei ist weit außer Reichweite.
Dennoch hat San Marino noch eine Chance, an den Playoffs zur WM teilzunehmen. Denn neben den zwölf Zweitplatzierten aus den Qualifikationsgruppen sind dazu auch vier Mannschaften berechtigt, die sich über die Nations League dafür qualifizieren. Die vier bestplatzierten Gruppensieger der zurückliegenden Nations-League-Saison, die sich weder direkt für die WM qualifiziert haben noch Platz zwei in ihrer Quali-Gruppe erreicht haben, sind nämlich auch in den Playoffs dabei.
Getty ImagesWAS IST PASSIERT?
San Marino hat seine Nations-League-Staffel in Liga D vor Liechtenstein und Gibraltar auf Platz eins abgeschlossen. Damit eine möglichst hohe Niederlage am letzten Spieltag in Rumänien Mitte November dem Zwergstaat helfen kann, müssen die Rumänen am vorletzten Spieltag wenige Tage zuvor in Bosnien-Herzegowina mindestens unentschieden spielen. Dann könnte das aktuell drittplatzierte Rumänien am letzten Spieltag noch an Bosnien vorbeiziehen und Zweiter werden. Und um die Wahrscheinlichkeit dafür zu erhöhen, wäre ein möglichst hoher Heimsieg gegen San Marino optimal.
Ein mögliches Szenario: Rumänien gewinnt am vorletzten Spieltag in Bosnien und das erstplatzierte Österreich holt erwartungsgemäß drei Punkte auf Zypern. Das ÖFB-Team hätte sein WM-Ticket dann schon sicher und könnte sich am letzten Spieltag zuhause gegen Bosnien auch eine Niederlage leisten. Da die Rumänen und Bosnien dann punktgleich wären, würde das Torverhältnis darüber entscheiden, wer Zweiter wird - und ein hoher Sieg gegen San Marino würde Rumänien dabei natürlich helfen.
EIN BLICK AUF DIE ZAHLEN:
Warum San Marino das nun helfen könnte? Sollten die Rumänen nur Gruppendritter werden, würden sie San Marino in der Rangordnung der zu einer Playoff-Teilnahme berechtigten Nations-League-Gruppensieger einen Platz nach unten rücken lassen. Denn Rumänien hat seine Gruppe in der vergangenen Nations-League-Saison ebenfalls gewonnen und wäre darüber dann möglicherweise in den WM-Playoffs dabei.
Bosnien würde San Marino hingegen keinen Platz wegnehmen, sollte das Team von Nationaltrainer Sergej Barbarez Dritter werden. Die Bosnier konnten ihre Nations-League-Gruppe nämlich nicht gewinnen, wurden in Liga A hinter Deutschland, der Niederlande und Ungarn Letzter. Daher hat San Marino also im Fall der Fälle ein Interesse daran, dass Rumänien Bosnien noch überholt, um seine eigenen Chancen auf eine Teilnahme an den WM-Playoffs zu erhöhen.
WIE GEHT ES WEITER?
Dass San Marino auch bei einer Playoff-Teilnahme nur in der Theorie eine Chance hätte, zur WM zu fahren, ist allerdings auch klar. Die 16 Playoffs-Teilnehmer werden in vier Vierergruppen eingeteilt, die jeweils in zwei Halbfinals und einem Endspiel vier weitere WM-Tickets ausspielen. Angesichts der möglichen Gegner um Italien, die Türkei, die Ukraine oder Schottland wäre San Marino ohnehin ohne realistische Chance, sich für die WM zu qualifizieren.