Mohamed Salah Liverpool leaving 2024-25 GFXGOAL

Was hat Liverpool vor? Mohamed Salah ist berechtigterweise sauer auf die Reds, die ihm keinen neuen Vertrag anbieten

Sieben Minuten vor Schluss bekam Liverpool am Sonntag im stürmischen Saint Mary's in Southampton einen Elfmeter. Also trat Mohamed Salah an und übernahm die Verantwortung - so wie er es immer tut. Salah verwandelte souverän zum 3:2-Erfolg, der seinem Team acht Punkte Vorsprung an der Tabellenspitze der Premier League brachte.

Als er das entscheidende Tor bejubelte, zog er sein Trikot aus. Das Wetter war zwar grauenhaft, aber das war Salah egal. Er wollte mit dieser Aktion etwas sagen. Der Ägypter mag abseits des Spielfelds ein zurückhaltender und ruhiger Typ sein, aber als er mit nacktem Oberkörper und ausgebreiteten Armen vor den Reds-Fans stand, wurde die Message deutlich: Es war ein Jubel wie eine Einladung an alle, seine Fähigkeiten zu bewundern. Eine Erinnerung, dass er mit 32 Jahren immer noch absolute Weltklasse ist.

Nur kurze Zeit später machte er noch etwas deutlich: Nachdem er die Reds vor einer peinlichen Niederlage bewahrt hatte, demütigte Salah die Klub-Eigentümer und -Bosse, indem er öffentlich verkündete, dass ihm noch kein neuer Vertrag angeboten worden war. Und das bedeutet, dass Liverpools zuverlässigster und mit Abstand bester Spieler am Saisonende ablösefrei gehen könnte.

  • "Mehr weg als da"

    Salah gibt normalerweise nicht viele Interviews, daher war schon durch die Tatsache, dass er sich nach dem Spiel mit den Medienvertretern unterhalten wollte, klar, dass er etwas Wichtiges zu sagen hatte. Als er dann nach seiner sportlichen Zukunft gefragt wurde, ließ er die Bombe platzen.

    "Es ist fast Dezember und ich habe immer noch kein Angebot vom Klub bekommen", sagte er, "also bin ich bin mehr weg als da."

    Allein dieser Satz hätte schon ausgereicht, um die Liverpool-Fans zu schocken, aber Salah setzte seinen Arbeitgeber noch mehr unter Druck, indem er verriet, dass er gerne bleiben möchte.

    "Ich spiele seit vielen Jahren für den Klub", sagte er. "Es gibt keinen Klub wie diesen. Aber am Ende liegt es nicht in meiner Hand. Wie ich bereits sagte, ist es Dezember und ich weiß noch nichts über meine Zukunft", erklärte er.

    Salah gab auch zu, dass er keine Ahnung habe, warum er immer noch auf ein Angebot warte. "Ich werde noch nicht so bald zurücktreten", sagte er und deutete damit an, dass er verständlicherweise der Meinung ist, dass er noch einige Zeit auf Top-Niveau spielen kann.

    "Ich konzentriere mich auf die Saison und versuche, den Titel in der Premier League zu holen und hoffentlich auch in der Champions League. Ich bin enttäuscht, aber wir werden sehen, was passiert", sagte Salah.

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  • Southampton FC v Liverpool FC - Premier LeagueGetty Images Sport

    Fan-Wut auf die Klub-Bosse

    Aus Sicht der Liverpool-Fans ist die Salah-Situation völlig inakzeptabel. Sie haben es schon lange satt, darauf zu warten, dass bei diesem Thema etwas passiert.

    In einer Phase der Saison, in der man sich auf zwei spannende Spiele gegen Real Madrid und Manchester City freuen sollte, geht es um etwas ganz anderes: um die Zukunft einer Vereinslegende - und auch die von zwei weiteren Top-Stars, denn Virgil van Dijk und Trent Alexander-Arnold werden im nächsten Sommer ebenfalls ablösefrei zu haben sein. Es ist erstaunlich bis unerklärlich, dass alle drei in ihr jeweils letztes Vertragsjahr gehen durften, denn allen Beteiligten dürfte klar gewesen sein, dass die Spekulationen um die Zukunft des Trios irgendwann zu einer Ablenkung werden.

    Es war nur eine Frage der Zeit, bis sich einer der betroffenen Stars selbst zu Wort melden würde - und es ist Salahs gutes Recht, den Mund jetzt aufzumachen. Denn immerhin ist er der Hauptgrund, warum Liverpool sowohl in der Premier League als auch in der Champions League ganz oben steht.

    Man könnte natürlich auch argumentieren, dass die Klub-Bosse Michael Edwards (Fußball-CEO bei den Reds-Besitzern FSG Group) und Richard Hughes (Sportdirektor) das Recht hatten, Salah, dem bestbezahlten Spieler der Vereinsgeschichte, erst einmal keine Verlängerung anzubieten. Schließlich wollten sie sie wohl davon überzeugen, dass sich Salah vollständig von der Verletzung erholt hat, die ihm am Ende der vergangenen Saison zu schaffen gemacht hatte.

    Es wurde jedoch schon in der Vorbereitung deutlich, dass Salah wieder in Top-Form war, nachdem er von der längeren Pause profitiert hatte. Das FSG-Problem ist nun, dass die Verhandlungsposition der Klub-Bosse durch Salahs Leistungen auf dem Platz und seine Sätze vor den Journalisten-Mikros erheblich geschwächt wurde - und zwar so sehr, dass die Verantwortlichen, wenn sie mit ihrem Star nicht verlängern, mit wütenden Fan-Reaktionen rechnen müssen. Denn ein Großteil der Anhänger ist schon seit längerer Zeit unzufrieden damit, dass ihr Klub angeblich einen Sparkurs fährt.

  • Liverpool FC v Bologna FC 1909 - UEFA Champions League 2024/25 League Phase MD2Getty Images Sport

    "Bester Spieler der Welt"

    Die Fans wissen genau, dass es ein Risiko ist, einem Mittdreißiger einen lukrativen, langfristigen Vertrag zu geben. Aber Salah hat die Form und die Fitness, um eine Verlängerung zu rechtfertigen.

    Sein Berater Ramy Abbas Issa behauptete Anfang des Monats, dass Salah derzeit "der beste Spieler der Welt" sei. Obwohl eine solche Berater-Aussage nicht ungewöhnlich ist, wenn es darum geht, seinem Spieler einen neuen Vertrag zu sichern, hat Abbas Issa einige Argumente dafür auf seiner Seite. Liverpool steht sowohl in der Premier League als auch in der Champions League ganz oben - und Salah ist der Hauptgrund dafür.

    Arne Slot hat die Umstellung von Jürgen Klopps "Heavy-Metal"-Fußball zu einer ruhigeren Herangehensweise meisterhaft geschafft. Ryan Gravenberch war auf der Sechs bislang die größte Entdeckung - aber auch Curtis Jones und Ibrahima Konaté haben sich unter dem Niederländer deutlich verbessert. Auch Luis Díaz einige wichtige Tore geliefert, Virgil van Dijk hat wieder zu alter Stärke zurückgefunden.

    Doch es ist Mohamed Salah, der wieder einmal dafür sorgt, dass die Reds vom Titel in der Premier League träumen dürfen.

  • Mohamed Salah Liverpool 2024Getty

    Liverpool ist ohne Salah verloren

    Salahs Bedeutung für den FC Liverpool kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden. Er ist seit 2017 im Verein und hat noch nie weniger als 23 Tore in einer Saison erzielt.

    Am Sonntag gelang ihm im fünften Premier-League-Spiel in Folge ein Tor. Der letzte Spieler, der das für Liverpool schaffte? Salah selbst im Oktober 2021, als er in sieben Partien in Serie traf.

    Außerdem gibt es klare Anzeichen dafür, dass seine Bedeutung für die Mannschaft immer größer wird. Laut Opta hat Salah dem FC Liverpool mit seinen zehn Toren und sechs Assists in dieser Saison bereits 17 Punkte beschert. Ohne Salah würde Slots Mannschaft auf Platz 13 der Tabelle stehen - elf Punkte hinter Chelsea.

    Oder einfach formuliert: Liverpool wäre ohne ihn verloren.

  • Salah Liverpool 2024Getty Images

    Gespräche mit Salah "laufen" und sind "positiv"

    Es ist daher verständlich, dass die Perspektive, dass Salah ab Januar mit anderen Klubs verhandeln kann, bei den Reds-Fans eine Mischung aus Frust, Angst und Wut hervorruft.

    Laut dem Ex-Liverpool-Boss Peter Moore spricht der Verein nicht nur mit Salahs Berater, sondern auch mit denen von van Dijk und Alexander-Arnold und versucht "fieberhaft", das Trio mit neuen Verträgen zu binden.

    Es wurde auch berichtet, dass in Salahs Fall die ersten Gespräche über eine Vertragsverlängerung "positiv" waren und weiterhin "laufen". Dass es allerdings so weit kommen musste, dass sich Salah öffentlich über seine ungeklärte Situation beschweren muss, ist lächerlich.

  • FBL-ENG-PR-LIVERPOOL-ASTON VILLAAFP

    Bleibt er oder geht er?

    Salahs sportliche Zukunft hätte schon im Sommer geklärt werden müssen. Wenn Edwards und Hughes damals schon Zweifel hatten, ob sie ihm einen neuen Vertrag vorlegen sollen, hätten sie das Traum-Angebot aus der saudischen Profi-Liga für den Ägypter sofort annehmen müssen.

    Wenn sie jedoch der Meinung waren, dass es Zeit und Geduld braucht, um sich auf eine Verlängerung zu einigen, hätten sie das gleich sagen müssen. Dann hätten die Fans wenigstens gewusst, was passiert. Stattdessen überlässt man die Öffentlichkeitsarbeit einem sichtlich unzufriedenen Salah.

    Liverpool ist dafür bekannt, die wichtigen Geschäfte leise hinter den Kulissen abzuwickeln - und das ist eigentlich ein hervorragender Ansatz. Aber das Schweigen bezüglich der Verlängerungen der Top-Stars hat für große Anspannung an der Anfield Road gesorgt. In Italien und Spanien sprechen die Sportdirektoren und Klub-Geschäftsführer fast wöchentlich mit der Presse. Eine solche Transparenz wäre in diesem Fall mit Sicherheit gut angekommen und auch für den Verein hilfreich gewesen.

    Denn die einzig mögliche Reaktion auf die Aussage von Salah, dass er Liverpool eher verlässt, als dort bleibt, lautet: "Was zum Teufel ist dort los?" Und leider ist es so, dass genau das niemand weiß.