NIKO KOVAC BORUSSIA DORTMUNDIMAGO / Noah Wedel

Völlig überspielt: BVB-Trainer Niko Kovac muss seinen Liebling schützen und die "fleißige Biene" pausieren lassen

Dank der Effizienz vor dem Tor und einer kleinen Leistungssteigerung nach der Halbzeit hat der BVB den zweiten Erfolg in der Champions-League-Ligaphase gefeiert. Das 4:2 (1:1) beim FC Kopenhagen war jedoch bei weitem kein Ausrufezeichen. Borussia Dortmund lieferte gegen einen in den vergangenen Wochen schwächelnden Gegner genügend Argumente, den Platz am Ende nicht als Sieger zu verlassen.

Der individuellen Klasse, die letztlich den Unterschied machte, standen auch einige enttäuschende Auftritte gegenüber - besonders überrascht davon dürfte Niko Kovac bei einer Personalie eigentlich nicht sein. Derweil verspürt Serhou Guirassy erstmals Druck aus der zweiten Reihe. 

  • Trügerischer Sieg des BVB: Effizienz schlägt Krise

    Der FC Kopenhagen empfing den BVB für seine Verhältnisse im Krisenmodus. Vor wenigen Tagen hatte es die bereits dritte Ligapleite der Saison gehagelt (1:3 in Silkeborg). Zur Einordnung: Ebenso viele Niederlagen sammelte der dänische Topklub in der gesamten vergangenen Hauptrunde, zwei weitere kamen in der Meisterrunde hinzu. Aktuell reicht es nur zu Platz vier, bei wohlgemerkt lediglich zwölf Mannschaften. 

    "Was wir heute gezeigt haben, war weit unter unserem Niveau", ärgerte sich Trainer Jacob Neestrup nach dem letzten Spiel und brachte die derzeitige Verfassung seines Teams damit auf den Punkt. Von Konstanz kann keine Rede sein, was sich auch bislang in der Champions League zeigt. Auf eine gute Leistung gegen Bayer Leverkusen (2:2) am ersten Spieltag folgte ein 0:2 bei Underdog Qarabag Agdam. 

    Dennoch waren die Hausherren näher an einem Punktgewinn dran, als es das Ergebnis gegen den BVB vermuten lässt. In der ersten Hälfte war Kopenhagen über weite Strecke sogar die spielbestimmende Mannschaft und kam in 90 Minuten sogar auf zwei Abschlüsse mehr als der Gegner. Zwar hatten die Dortmunder die etwas besseren Chancen. Vier Tore bei fünf Schüssen aufs Tor (xG-Wert von 1,68) unterstreichen jedoch, dass die Effizienz den Ausschlag für den nächsten Dreier gab. Zumal dem gut aufgelegten Ex-Wunderkind Youssoufa Moukoko nach einem Zweikampf mit Ramy Bensebaini in den Augen vieler ein Elfmeter verwehrt wurde, der höchstwahrscheinlich den erneuten Ausgleich zum 2:2 bedeutet hätte. 

    Kurz zuvor bekam die Borussia in einer schwierigen Phase auf der anderen Seite einen Strafstoß zugesprochen. Bis dahin hatte der BVB nach einer guten Chance des sonst schwachen Maximilian Beier (31.) über eine halbe Stunde lang auf eine Torannäherung gewartet. In diesem Zeitraum und auch schon nach dem 1:0 fehlte es an Bewegung, Ideen und im letzten Drittel vor allem an Durchschlagskraft. 

    Insbesondere im ersten Spielabschnitt fehlte es auch an Tempo, wie neben Matchwinner Felix Nmecha auch Kovac nach dem Spiel am DAZN-Mikrofon gestand. Seine Schützlinge hätten "zu viel nach hinten gespielt, zu wenig Progression nach vorne gehabt." Außerdem bemängelte er die "langsame" Ballzirkulation. Erst als Kopenhagen rund um Minute 70 müde wurde, wurde der BVB zielstrebiger und klarer in seinen Aktionen. 

    Immerhin deutete Jobe Bellingham neben dem überragenden Nmecha an, warum im Sommer für ihn so tief in die Tasche gegriffen wurde. Ein Großteil des Teams blieb jedoch wie zuletzt auch Kopenhagen unter seinem Niveau, weshalb die vier Tore durchaus trügerisch sind.

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  • Daniel SvenssonGetty

    Niko Kovac sollte jetzt Handeln: Die "fleißige Biene" braucht eine Pause

    Enttäuschend, bei genauerem Hinsehen aber nicht überraschend, war auch der Auftritt von Daniel Svensson. Nicht zum ersten Mal in dieser Saison erwischte der Schwede einen schlechten Tag. Der linke Schienenspieler wirkt völlig überspielt. Eine Entwicklung, die sich auch Kovac (endlich) eingestehen sollte. 

    In Kopenhagen hatte der BVB-Coach ein weiteres Mal die Rotationsmaschine angeworfen, auf gleich fünf Positionen tauschte er im Vergleich zur Pleite gegen die Bayern. Ein Vorgehen, das er auch in Zukunft beibehalten wolle, wie er noch in Kopenhagen ankündigte. "Jeder einzelne kann spielen, das haben wir heute auch wieder gesehen", sagte der Deutsch-Kroate.

    Svensson wartet jedoch als einer von drei Spielern weiterhin auf seine erste Verschnaufpause. Neben Gregor Kobel und Waldemar Anton stand der 23-Jährigen bislang in allen elf Partien über 90 Minuten auf dem Platz. Bereits bei der Klub-WM oder zuletzt beim 0:1 der schwedischen Nationalmannschaft gegen den Kosovo spielte er durch. Klar: Anders als auf der rechten Seite, wo sich Julian Ryerson und Yan Couto abwechseln, hat Kovac auf links weniger Spielraum. Die erste Alternative, Bensebaini, wurde bislang vor allem als linker Part in der Dreierkette gebraucht. Doch Svenssons laufintensives Spiel fordert seinen Tribut - auch gegen die Bayern ackerte er zuletzt unermüdlich. 

    Dennoch leidet Svensson sichtlich unter der hohen Belastung. Sein Spiel mit dem Ball lässt in der Entscheidungsfindung und Präzision seit Wochen zu wünschen übrig, die weiten Wege nach hinten fallen ihm immer schwerer. Schon vor dem Kopenhagen-Spiel äußerte er - durch die Blume - den Wunsch, verschnaufen zu wollen: "Natürlich bin ich manchmal müde nach intensiven Spielen, aber wenn der Coach möchte, dass ich spiele, dann mache ich das und dann kann ich das auch." 

    Doch wie lange kann der für seine Mannschaft zweifelsfrei weiterhin wichtige Svensson wirklich noch derart weiterhelfen - wie kurz nach seinem Wechsel im vergangenen Winter, als er in kürzester Zeit zum Liebling der Fans und von Kovac aufstieg. Leistungen wie beim 4:1-Sieg über Athletic Club, als er die Führung erzielte und das sicher geglaubte 2:2 mit einer überragenden Rettungstat auf der Linie verhinderte. 

    "Das war brutal", sagte Kehl im Anschluss: "In dem Moment musst du da sein, das wäre das 2:2 gewesen. Das zeigt, dass wir wach, frisch und fit sind. Das ist für mich wie ein Tor." Kovac adelte Svensson als "fleißige Biene". Doch auch die braucht mal eine Pause.

  • Serhou Guirassy verspürt erstmals Druck aus der zweiten Reihe

    Eine Pause hätte gerne "Lebensversicherung" Guirassy eingelegt - und der BVB zwischenzeitlich befürchtet. Sie wäre jedoch anderen Ursprungs und zu einem späteren Zeitpunkt gewesen. Weil sich der Ausnahmestürmer mit Guinea allerdings nicht für den Afrika-Cup qualifiziert hat, kann auch rund um den Jahreswechsel mit ihm geplant werden.

    Allerdings ist es gut möglich, dass auch Guirassy trotz voller Gesundheit in naher Zukunft mal auf der Bank Platz nehmen muss. Mit Neuzugang Fabio Silva hat sich der BVB anscheinend eine ernsthafte Alternative gesichert. Nachdem der Portugiese wegen einer hartnäckigen Adduktorenverletzung die ersten Wochen noch ausgefallen war, klopft er immer stärker an die Tür zur Startelf. 

    Gegen Kopenhagen durfte er nach vier späten Einwechslungen in Bundesliga und Champions League erstmals eine gute halbe Stunde ran und belohnte seine Mühen dank sehenswerter Schusstechnik sofort mit seinem Premierentreffer im BVB-Trikot. Schon in den Wochen zuvor ließ er gute Ansätze aufblitzen. 

    Anders als bei seinen vier vorherigen Einsätzen agierte Silva aber an der Seite von Guirassy und nahm die Beier-Rolle als hängende Spitze hinter jenem ein. Guirassy wiederum zeigte erneut eine durchwachsene Leistung. Schon gegen Leipzig (trotz Assist) und die Bayern hatte er kaum Zugriff. Von seinem sonst so großen Impact auf die BVB-Offensive war nur wenig zu spüren. 

    Auch Guirassy ist wohl nicht mehr in bester körperlicher Verfassung . Am fünften Spieltag (Mainz 05) hatte er bereits gefehlt, vor dem Spitzenspiel in München war er fraglich. Einen längeren Ausfall will und darf sich die Borussia eigentlich nicht leisten. Durch die Silva-Ankunft hat sich aber auch für Guirassy etwas geändert. Im Gegensatz zu seiner ersten BVB-Saison verspürt er erstmals einen - noch nicht ausgeprägten - Konkurrenzkampf auf seiner Position. 

    Zwar bleibt sein Stammplatz freilich vorerst unumstritten. Stellt Kovac aber nicht auf eine klare Doppelsitze um und macht Silva weiter Fortschritte, steigt der Druck auf eine Rückkehr zur Top-Form zumindest. Zweifellos eine Win-Win-Situation für den BVB. 

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  • Fabio SilvaGetty

    BVB, Spielplan: Die nächsten Spiele von Borussia Dortmund

    TerminSpiel
    25. Oktober, 18.30 UhrBVB - 1. FC Köln (Bundesliga)
    28. Oktober, 18.30 UhrEintracht Frankfurt - BVB (DFB-Pokal)
    31. Oktober, 20.30 UhrFC Augsburg - BVB (Bundesliga)
    5. November, 21 UhrManchester City - BVB (Champions League)
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