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Selbst Thomas Tuchel ließ ihn irgendwann fallen! Wie viel Kredit hat Bayerns Min-Jae Kim noch bei Vincent Kompany?

Die Champions-League-Reise für den FC Bayern München ist - mal wieder - im Viertelfinale beendet. Gegen Inter Mailand zeigte der deutsche Rekordmeister zwar zwei durchaus ansprechende Leistungen, scheiterte letztlich aber hauchdünn. Am Ende machte vor allem die überragende Defensive der Nerazzurri den Unterschied, obwohl die Mannschaft von Trainer Vincent Kompany einen Treffer mehr erzielte als die Italiener in zuvor zehn Spielen kassiert hatten.

Für den gegenteiligen Unterschied sorgte auch die Abwehr der Bayern - und da besonders Min-Jae Kim. Der Südkoreaner war an drei von vier Gegentoren direkt beteiligt. Im Hinspiel war er einmal nicht energisch genug, im Rückspiel hatte er zweimal in der Luft das Nachsehen. Versäumnisse, die auf diesem Niveau schlichtweg nicht passieren dürfen. Überraschend sind sie bei genauerem Hinsehen allerdings nicht.

  • Kim beim FC Bayern: Auch Thomas Tuchel ließ ihn schon fallen

    Zunächst aber ein kleiner Rückblick: Als Thomas Tuchel im Jahr 2023 in seine erste Sommer-Vorbereitung als Bayern-Coach ging, hatte er vor allem zwei Forderungen an die Münchner Transfer-Abteilung: Eine "Holding Six" und ein weiterer Innenverteidiger sollen kommen, um die Saisonziele zu erreichen. Dabei hatte er auch klare Vorstellungen.

    Weil er weder Joshua Kimmich noch Leon Goretzka zutraute, das Zentrum zu stabilisieren, und Aleksandar Pavlovic zu diesem Zeitpunkt nur unter Campus-Kennern einen Namen hatte, sollte Joao Palhinha vom FC Fulham an die Isar wechseln. Der Transfer scheiterte letztlich auf der Zielgeraden, wurde aber ein Jahr später realisiert - als Tuchel dann schon wieder Geschichte war. Unter Kompany spielt er allerdings kaum eine Rolle.

    Der zweite im Bunde war Kim, der den Weg hingegen sofort nach München fand. Der damals 26-Jährige wurde nach einer überragenden Saison im Trikot von Meister SSC Neapel gerade erst zum besten Innenverteidiger der Serie A gekürt. In den Augen vieler war er zu diesem Zeitpunkt sogar der beste der Welt und bekam aufgrund seiner unfassbaren Zweikampfstärke in den Gazetten den Spitznamen "Monster" verpasst.

    Zunächst musste Tuchel aber auf seinen neuen Abwehrchef warten, weil Kim den in seinem Heimatland verpflichtenden Wehrdienst leistete. Kontakt hielten beide per Video-Call. Als Kim dann verspätet zur Mannschaft stieß, wirkte er - ohne wirkliche Sommerpause - zwar müde. Dennoch stand er zum Bundesliga-Auftakt in der Startelf.

    Tuchel setzte auch in den folgenden Wochen und Monaten auf den nicht immer sattelfesten Kim, ehe er ihn neun Monate später nach zwei kapitalen Fehlern gegen Real Madrid im Halbfinal-Hinspiel förmlich fallen ließ und öffentlich an den Pranger stellte. "Er war zweimal zu gierig! Das war viel zu gierig. Er ist da zu gierig", wiederholte der heutige Nationalcoach Englands mehrfach. Folglich hieß das Innnenverteidiger-Duo im Saisonfinale Matthijs de Ligt und Eric Dier.

    Ziemlich genau ein Jahr später Kim nun wieder maßgeblich für das Ende der Titelträume in der Königsklasse verantwortlich. Sowohl für den Südkoreaner als auch Palhinha fällt die bisherige Bilanz enttäuschend aus.

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  • Kim ist beim FC Bayern völlig überspielt

    Doch während der Portugiese in dieser Spielzeit nie eine wirkliche Chance bekam, gilt bei Kim das krasse Gegenteil. Er ist die Definition eines Dauerbrenners. Über 50 (!) Einsätze hat er für Verein und Nationalmannschaft in den Knochen, rund 70 könnten es am Ende werden. Kim ist einer der weltweit am meisten eingesetzten Spielern.

    Deshalb zog ihn die Spielergewerkschaft FIFPro in einem kürzlich veröffentlichten Bericht auch als mahnendes Beispiel für die immer größer werdende Belastung der Spieler heran. Darin wurde auch auf die 20 internationalen Reisen, die Kim hinter sich hat, eingegangen. 74.000 Kilometer legte Kim im Flieger zurück, weitere kommen durch die Klub-WM in den USA und die WM-Qualifikationsspiele in Asien hinzu. Böse Zungen würden behaupten, dass Kim den Traum eines jeden Meilen-Sammlers lebt.

    Die Realität ist aber eine andere und eine bittere obendrein. In den Wintermonaten stand Kim mit durchschnittlich nur 3,7 Tagen Pausen in 20 Partien in Serie auf dem Platz. Da verwundert es auch nicht, dass er sich seit Monaten mit Problemen an der Achillessehne herumplagt. Alarmierende Zahlen, was auch die FIFPro anmerkte: "Ohne gezielte Schutzmaßnahmen drohen langfristige Gesundheitsschäden - selbst bei den Top-Spielern." Hinzu komme die mentale Belastung.

    Einfach gesagt: Fehlerteufel Kim ist schlichtweg völlig überspielt, da dürften seine Patzer eigentlich niemanden überraschen.

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    FC Bayern München: Kim kann aufgrund der Verletzungsprobleme kaum geschont werden

    Die Personalsorgen der Bayern ließen aber auch kaum Schonungsmaßnahmen zu. Einzig Josip Stanisic hätte anstelle von Kim starten können und rückte auch kurz nach dessen Patzern im Rückspiel gegen Inter auf diese Position. Das war schon im Topspiel gegen den BVB der Fall, als er Maximilian Beier vor dessen Tor zum zwischenzeitlichen 1:0 sträflich alleine ließ.

    Laut Opta ist Kim sogar der Innenverteidiger in den Top-5-Ligen mit den meisten groben Fehlern unmittelbar vor einem Gegentor - sechs an der Zahl. Auf Platz zwei sind drei Spieler, die "nur" vier Patzer verursacht haben. Auch deshalb kamen zuletzt gar Gerüchte auf, Kim dürfe den FCB bei einem passenden Angebot im Sommer verlassen.

    Kompany ist indes weiterhin von Kims Fähigkeiten vollends überzeugt. Auf Nachfrage eines italienischen Reporters, warum dieser nicht an seine Zeit in Neapel anknüpfen könne, stellte der Belgier nach dem Ausscheiden in Mailand klar: "Jeder hat ein Recht auf seine eigene Meinung - ich bin nicht einverstanden. Min-Jae muss und wird uns helfen, den Titel in diesem Jahr zu gewinnen, auf den wir uns jetzt konzentrieren müssen. Er hat den Titel in Italien gewonnen und muss jetzt den Titel in Deutschland gewinnen."

    Worte, die zum Gesamtbild unter Kompany passen: der Zusammenhalt steht über allem. "Es ist absolut ausgeschlossen, dass ich mich gegen jemanden wende oder diese Diskussion überhaupt führe. Aber wenn wir eine Diskussion innerhalb des Vereins, in unserer Familie haben, dann sagen wir alles, was gesagt werden muss. Denn das ist der einzige Weg, um weiterzukommen."

    Doch irgendwann ist jeder Kredit mal verspielt. Darum kam auch Tuchel bei seinem einstigen Wunschspieler nicht herum. Wie viel Fehler darf sich Kim noch unter Kompany erlauben?

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