Wenn Balotellis persönliche Dämonen die eine Seite seiner Geschichte sind, dann ist der Kampf gegen den Rassismus in Italien die andere. Hier wird aus dem schwer erziehbaren Rüpel ein unfreiwilliger Rebell, eine Symbolfigur für den schmerzhaften Wandel einer ganzen Nation.
Er hat diese Rolle nicht gesucht, aber seine Hautfarbe und sein Ruhm haben sie ihm aufgebürdet. Der Rassismus, dem er in Italien ausgesetzt war, war nicht subtil. Er war brutal, offen und eine Zeitlang allgegenwärtig. Der Gesang "Es gibt keine schwarzen Italiener" hallte zu Beginn seiner Karriere durch die Stadien und wurde zu einem grausamen Mantra, das ihm sein Existenzrecht in seinem eigenen Geburtsland absprechen sollte. Fans bewarfen ihn mit Bananen und imitierten Affenlaute, wann immer er am Ball war. Selbst als er für die Nationalmannschaft spielte, erfuhr er Ablehnung. "Der Rassismus", so sagte er einmal, "begann erst, als ich anfing, Fußball zu spielen".
Vor der EM 2012 druckte die Gazzetta dello Sport, Italiens größte Sport-Zeitung, eine Karikatur, die ihn als King Kong auf dem Big Ben zeigte – eine rassistische Ikonografie, die Balotelli erzürnte. Nach Protesten entschuldigte sich das Blatt halbherzig, es sei nicht das "beste Produkt" ihres Karikaturisten gewesen.
Balotelli wurde so zum Gesicht der "Generation Balotelli", jener in Italien geborenen Kinder von Einwanderern, die um ihre Anerkennung und Zugehörigkeit kämpfen. Seine Reaktionen auf den Hass waren oft impulsiv, aber in ihrer Wirkung kraftvoll. Als er 2019 bei einem Spiel seines damaligen Vereins Brescia Calcio in Verona rassistisch beleidigt wurde, nahm er den Ball und schoss ihn wutentbrannt in die Fankurve. Er wollte den Platz verlassen, wurde aber von Mit- und Gegenspielern überredet, weiterzumachen.
Dieser Akt des offenen Widerstands zwang Italien zu einer Debatte, die viele lieber vermieden hätten. Plötzlich war er, wie der Corriere della Sera schrieb, das "Testimonial" für den Kampf gegen Rassismus geworden. Seine Situation offenbarte eine bittere Wahrheit, die viele Schwarze in mehrheitlich weißen Gesellschaften spüren, nicht nur in Italien: Balotelli fühlt seine Identität als Italiener nicht als selbstverständlich, sondern an Bedingungen geknüpft. Eine Belohnung, die ihm nur in Momenten des Triumphs gewährt wurde, die er selbst herbeiführen musste. Wenn er, wie gegen Deutschland 2012, zum Nationalhelden wurde, war er "Super Mario", einer von ihnen. Doch sobald der Erfolg ausblieb, sobald er bei einem Verein scheiterte oder einfach mal wieder Quatsch machte, wurde er wieder zum Geflüchtetenkind, das nicht dazugehörte. Und so kämpfte Balotelli auf dem Platz nicht nur um Siege, sondern um sein grundlegendes Recht, dazuzugehören.