Trotz 23 Scorerpunkten in dieser Saison: Kylian Mbappés Transfer zu Real Madrid hätte einen eindeutigen Verlierer

Vor gut einer Woche bereitete sich das Santiago Bernabéu darauf vor, Jude Bellingham nach einer Sperre und der Länderspielpause im renovierten Stadion willkommen zu heißen.

Während der frühere BVB-Star gegen Athletic Club ordentlich spielte, stahl ihm diesmal aber ein Mannschaftskamerad die Schau: Rodrygo. Der Brasilianer erzielte beim 2:0 beide Tore und stellte in der Tabelle den ursprünglichen Vorsprung von acht Punkten auf den FC Barcelona wieder her.

Es war eine Leistung, die zeigte, wie wertvoll Rodrygo für Real Madrid ist. Trotz seines unbestrittenen fußballerischen Talents wabert latent das Gefühl herum, dass die Tage des Brasilianers in der spanischen Hauptstadt gezählt sein könnte.

Die voraussichtliche Verpflichtung von Kylian Mbappé (PSG) in diesem Sommer wird das Team der Blancos grundlegend verändern. Der 23-jährige Rodrygo könnte seinen Platz in der Mannschaft dann verlieren. Wie sollte er damit umgehen?

  • Rodrygo Real Madrid 2023-24Getty Images

    Rodrygo spielt trotz Durststrecke eine starke Saison bei Real Madrid

    Vor dem Spiel gegen Bilbao war Rodrygo auf einer Durststrecke unterwegs. 465 Minuten lang hatte der Angreifer kein Tor mehr geschossen. In sieben Einsätzen blieb er trotz neun Torschüssen ohne Treffer.

    Ungeachtet dieser Schwächephase zeigt ein Blick auf die Zahlen, dass Rodrygo seine bisher beste Saison in der spanischen Hauptstadt spielt. Mit 15 Toren und acht Vorlagen ist er auf einem guten Weg, seine persönliche Bestmarke von 30 Scorerpunkten aus der letzten Saison zu übertreffen. Auch die Anzahl seiner Tore pro 90 Minuten ist im Vergleich zum Vorjahr gestiegen.

    Er ist nicht perfekt, wie seine jüngste Torflaute zeigte. Doch Trainer Carlo Ancelotti hat sein Vertrauen in den quirligen Techniker bekräftigt: "Es gibt ganz einige, wenige Stürmer, die immer treffen. Cristiano Ronaldo, Karim Benzema ... Mit zunehmender Erfahrung wird sich Rodrygo in dieser Hinsicht verbessern."

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  • Rodrygo Goes Real MadridGetty Images

    Rodrygos Probleme: Konstanz und Position

    Konstanz ist der Schlüssel für Rodrygos nächsten Schritt in der Entwicklung. In seiner bisherigen Karriere gab es immer wieder starke Phasen mit Toren und Assists, die sich mit weniger erfolgreichen Momenten abwechselten.

    Der Mangel an Spielzeit hat ihm sicherlich nicht geholfen. In der vergangenen Saison machte Ancelotti Rodrygo nie wirklich zum Stammspieler, da Fede Valverde, gelernter Mittelfeldspieler, viel Einsatzzeit auf dem rechen Flügel bekommen. Als Benzema noch da war, konnte sich Rodrygo auch nicht als Mittelstürmer beweisen.

    Er kam immerhin auf 25 Einsätze in der Liga, als Stammkraft galt er aber nicht.

    Rodrygo meckerte zudem bei der brasilianischen Nationalmannschaft darüber, dass Ancelotti ihn falsch einsetze: "Im 4-2-3-1 ist die Position hinter Benzema diejenige, die mir am besten gefällt, und das weiß jeder. Ich spreche immer mit dem Trainer darüber. Natürlich kann ich auf allen Positionen spielen, aber auf dieser Position fühle ich mich am wohlsten."

    Das 4-2-3-1 ist eine Formation, die Ancelotti nach Benzemas Abgang aber nur noch selten spielen lässt. Der Italiener bevorzugt in der Regel ein 4-3-3, obwohl er 2023 auf eine 4-4-2-Raute umgestellt hatte, um das Beste aus Bellingham herauszuholen. Rodrygos Frustration kochte im Januar 2023 hoch, als er Ancelotti ignorierte, nachdem er beim 3:2-Sieg gegen Villarreal in der Copa del Rey ausgewechselt worden war.

    Wenn er auf dem Platz stand, hat Rodrygo abgeliefert. In der Champions League und im Finale der Klub-WM hat er Spiele allein entschieden. Allein: Es fehlt die angesprochene Konstanz.

  • Rodrygo Real Madrid 2023-24Getty Images

    Rodrygos Position gibt Rätsel auf

    So ist Rodrygo einer dieser Spieler, die total flexibel einsetzbar sind, die es aber nicht schaffen, sich auf einen festen Position festzuspielen. Seine Aussage, dass er kein Mittelstürmer sei, wurde durch seine mangelnde Torquote bestätigt. Als Rechtsaußen ist er gefährlich, auch als Stürmer in einem Zwei-Angriff hat er schon häufig überzeugt.

    Der Brasilianer ist nun oft im Zentrum zu finden, wo er mit Vinícius Jr. und Bellingham kombinieren kann. Ein Blick auf seine jüngsten Auftritte für Brasilien - wo er eher als falsche Neun agiert - zeigt, wie gut er in Bestform ist. Bei der Seleçãodarf er den Ball zwischen der Mittelfeld- und der Abwehrreihe annehmen, das Spiel eröffnen und auf die Abwehr losgehen.

    Aber diese Position hat Bellingham bei Real inne - und es steht auch nicht zu erwarten, dass der Engländer sie in absehbarer Zeit abgeben muss.

  • Kylian Mbappe PSG 2023-24Getty

    Kylian Mbappé wird der Fixpunkt in Reals Angriff

    Viel Zeit, Eigenwerbung zu betreiben, wird Rodrygo wohl nicht mehr bekommen. Mbappé wird seit Jahren mit einem Wechsel nach Madrid in Verbindung gebracht - und in diesem Sommer dürfte es endlich so weit sein.

    Rodrygo selbst hat nach dem Sieg gegen Athletic Bilbao erklärt: "Ich weiß noch nichts über Mbappé. Ich denke, es ist steht kurz bevor, weil alle darüber sprechen."

    Der Franzose käme zwar ablösefrei, wäre aber im Unterhalt richtig teuer und als mutmaßlich bester Stürmer der Welt automatisch auch in der Real-Offensive gesetzt.

  • Endrick, Espanha Brasil 2024Rafael Ribeiro / CBF

    Ancelotti droht ein Luxusproblem im Real-Sturm

    Die Besetzung der Offensive wird ein Luxusproblem, das Ancelotti Kopfzerbrechen bereiten wird. Real ist mit der 4-4-2-Rautenformation gut gefahren, da Rodrygo und Vinícius ein starkes Duo in der Mitte bilden, während Bellingham immer wieder dazwischen auftaucht.

    Mbappé wird diese Formation jedoch sprengen. Es sei denn, er spielt mit Vini Jr. im Sturmzentrum.

    Eine Rückkehr zu einem 4-3-3 ist ebenfalls möglich, aber selbst dann ist Rodrygo sein Platz in der Startelf nicht sicher, da Valverde wahrscheinlich einen Anspruch auf die Position auf der rechten Seite erhebt.

    Wenn das geklärt ist, muss auch Endrick in die Überlegungen einbezogen werden. Der Teenager von Palmeiras wird im Sommer nach Madrid kommen und kann auf allen Positionen im Angriff spielen. Ein direkter Platz in der Startelf vom ersten Tag an scheint unwahrscheinlich. Aber sollte er in der Vorbereitung beeindrucken - und weiterhin die Qualität zeigen, die er in seinen ersten paar Länderspielen für Brasilien gezeigt hat - wird er sicherlich seine Chance bekommen. Und dann wäre die Konkurrenz für Rodrygo noch größer.

  • Rodrygo, Real Madrid 2023/24Getty Images

    Rodrygos Optionen

    Ist also ein Wechsel im Sommer für Rodrygo eine Option? Nun ja, Gerüchte um ihn gab es in den letzten Monaten immer wieder. Paris Saint-Germain, der FC Arsenal und in der vergangenen Woche auch der FC Liverpool wurden mit dem Seleção-Star in Verbindung gebracht.

    Doch ein Transfer des 23-Jährigen wäre angesichts eines bis 2028 gültigen Vertrag in Madrid ein teures Unterfangen. Rodrygo kassiert ein üppiges Gehalt, die Ablöse wäre im dreistelligen Millionen-Bereich zu verorten.

    Rodrygo selbst hat zuletzt betont, dass er nicht gehen will. Er bezeichnete es als "gutes Problem", Mbappé in Madrid zu haben, und erklärte, dass er die Gelegenheit, an der Seite des Franzosen zu spielen, gerne wahrnähme.

  • Rodrygo Real Madrid 2023-24Getty Images

    Unter Umständen sollte Rodrygo wechseln

    Die Frage ist, ob diese Meinung auch dann vorhält, wenn er wieder häufiger auf die Ersatzbank muss. Denn die Realität ist, dass die Ankunft von Mbappé ihn am härtesten treffen dürfte.

    Ancelotti hat immer wieder sein Vertrauen in Rodrygo bekräftigt und ihn darin bestärkt zu bleiben. Doch wenn er nicht die Möglichkeit hat, zu beweisen, wie gut er sein kann - auf seiner Lieblingsposition -, ist der Brasilianer seinem aktuellen Arbeitgeber nichts schuldig.

    Ein Hauen und Stechen um die Stammplätze kann eine gute Sache sein, vor allem für Spitzenklubs, die die Champions League holen wollen. Schlägt das aber in Unzufriedenheit auf Spielerseite um, wird es schnell kontraproduktiv.

    Es fiele ihm gewiss nicht leicht, Real zu verlassen, und wo auch immer er hinginge, gewänne er mit ziemlicher Sicherheit nicht die gleiche Anzahl an Titeln. Dennoch könnte es das Beste für einen Spieler sein, der noch eine ganze Menge zu bieten hat.