"Note 1 für Tuchel": Mit einer Maßnahme machte der Trainer des FC Bayern alles richtig

Der FC Bayern München hat den VfL Bochum in seine Einzelteile zerlegt und könnte in dieser Saison erstmals nach Ablauf eines Spieltags von der Tabellenspitze grüßen. Das Schützenfest offenbarte, dass Thomas Tuchel das hat, was sich jeder Trainer wünscht: die Qual der Wahl. Das gilt jedoch nur für die Offensive.

"Ich weiß nicht, wer die Noten verteilt, aber ich würde Thomas heute auch eine Eins geben", sagte ein zufriedener Herbert Hainer nach dem7:0-Siegüber die Rotationsmaßnahmen seines Trainers. Der FCB-Präsident bezog sich dabei unter anderem auf die durchaus überraschende Nominierung von Eric Maxim Choupo-Moting für die Startelf, der nicht nur den Vorzug vor Thomas Müller und Jamal Musiala, sondern auch vor dem neuenPublikumsliebling Mathys Telbekam.

Der 18-jährige Franzose spielte sich zuletzt durch überzeugende Auftritte als Joker in den Fokus, weshalb ihn sowohl Fans als auch die Experten-Gemeinschaft in der ersten Elf erwartet hatten. Doch schon früh in der Partie war klar, dass Choupo-Moting aufgrund seiner Strafraum-Präsenz genau der richtige Mann gegen die - zugegeben vogelwilde - Bochumer Defensive war: Nach wenigen gespielten Sekunden scheiterte er zunächst noch an VfL-Schlussmann Manuel Riemann, kurz darauf eröffnete er dann den Münchner Torreigen in bester Stürmer-Manier (4.). In der 65. Minute durfte dann auch Tel für den Kameruner auf Toerjagd gehen - und traf wenig später zum bereits dritten Mal in dieser Saison.

Edelreservist Tel - ein Luxus, den sich aktuell nur der FC Bayern in der Bundesliga leisten kann. Zumal gegen Bochum neben Tel, Müller und Musiala auch noch ein gewisser Serge Gnabry auf der Bank weilte, weil Kingsley Coman ebenfalls mal wieder von Beginn an ran durfte und mit guten Aktionen zu überzeugen wusste.

"Wir gehen mit jedem Spieler gleich um", antwortete Tuchel auf die Frage, wie er denn sein Starensemble bei dem begrenzten Platz in der Offensive bei Laune halten will: "Wir verlangen von allen, die bei Bayern unterschreiben, dass sie die Situation akzeptieren, wie sie ist. Wenn sie individuell schlecht ist, musst du es runterschlucken. Du kannst es nicht mit in die Kabine oder auf den Platz bringen, das geht nicht."

  • HARRY KANE FC BAYERN BOCHUMGetty Images

    FC Bayern München: Zu wenig Platz für zu viel Qualität

    Schließlich hat Tuchel in seiner aktuell bevorzugten Formation nur Platz für vier Offensivspieler - und an zwei Positionen gibt es schlichtweg nichts zu rütteln. Zum einen ist Leroy Sané auf dem rechten Flügel nach einer erneut starken Performance gesetzt, zum anderen ist Harry Kane schon auf Rekordjagd:Mit seinen Saisontoren fünf, sechs und sieben stellte der teuerste Neuzugang der Bundesliga eine neue Bestmarke auf.

    Noch nie traf ein Stürmer des deutschen Rekordmeisters mehr als fünfmal in seinen ersten fünf Ligaspielen. "Ich schaue von Spiel zu Spiel, auch weil ich das Team immer besser kennenlerne. Ich bin glücklich, mit Toren zum Erfolg beitragen zu können und hoffe, so weitermachen zu können", erklärte der Engländer bescheiden.

    Nach seinem ersten Dreierpack im Bayern-Trikot posierte Kane auf seinen sozialen Kanälen sichtlich stolz mit dem Spielball und freute sich über den Zuwachs in seiner ganz persönlichen"Kollektion". Ein kleiner Meilenstein, der auch der Tatsache geschuldet war, dass der Kapitän von Englands Nationalmannschaft seine Uneigennützigkeit erstmals seit dem Wechsel vom Norden Londons nach München hinten anstellte.

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  • FC BAYERN CHOUPO-MOTINGGetty Images

    FC Bayern München: Kane profitiert von Choupo-Moting

    Es verging kaum ein Angriff, bei dem Kane nicht den Ball forderte und im Sechzehner auf der Lauer lag. Wie es eben ein Mittelstürmer mit derartigen Ansprüchen macht. Bekam er den Ball nicht aufgelegt, gab es auch mal den ein oder anderen Anpfiff für seine Mitspieler. Ein häufiger Gesprächspartner war insbesondere Coman, der in gleich drei Situationen den eigenen Abschluss suchte, obwohl Kane in aussichtsreicher Position lauerte.

    Kane profitierte auch von Choupo-Motings Interpretation als Ersatz von Müller und Musiala. Zumeist war der 34-Jährige an der Seite von Kane zu finden und schaffte diesem den nötigen Freiraum. Anders als in den Spielen zuvor suchte Kane deutlich seltener den Weg auf die Außen oder ins Mittelfeld, um am Spielgeschehen teilnehmen zu können. Einfacher formuliert: Die Bayern spielten erstmals in dieser Spielzeit so richtig mit und nicht um Kane herum.

  • Thomas Tuchel, Manager of Bayern MunichGetty Images

    FC Bayern München: Überangebot an falscher Stelle

    Nun bleibt die Frage, ob Kane auch bei den kommenden Aufgaben gegen stärkere Gegner, wenn voraussichtlich Musiala oder Müller wieder hinter ihm agieren, ähnlich gut ins Spiel eingebunden ist. Sie alle, das steht außer Frage, verfügen über enorme Qualität - interpretieren ihre Rolle aber auch komplett unterschiedlich. Musiala gleicht dem Profil des klassischen Zehners mit Abstand am meisten, Choupo-Moting gibt eher den zweiten Stürmer und Müller macht eben Müller-Sachen.

    Der Vorteil daran: Mehr Variabilität geht nicht. Tuchel hat also durchaus ein Überangebot im offensiven Mittelfeld und wird, wenn alle gesund bleiben, zunächst die Qual der Wahl haben.

    Ein Zustand, den er sich eigentlich eine Reihe weiter hinten gewünscht hätte. Dort wechseln sich weiterhin Leon Goretzka und Konrad Laimer an der Seite von Joshua Kimmich ab. Man will sich gar nicht ausmalen, welche taktischen Möglichkeiten der Bayern-Coach hätte, wenn sein Wunschtransfer eines defensiven Sechsers im Sommer eingetütet worden wäre. Doch mindestens bis zum Winter,wenn womöglich João Palhinha ein zweites Mal zur Säbener Straße reist und dann auch bleibt, wird sich Tuchel mit drei ähnlichen Spielertypen in der Zentrale zufriedengeben müssen.

    Immerhin gibt es für Tuchel derzeit noch keine Gründe, sich über die fehlende Flexibilität im zentralen Mittelfeld zu beschweren. Denn schon nach fünf Spieltagen - solange Bayer Leverkusen am Sonntag nicht mit sechs Toren Differenz gegen den 1. FC Heidenheim gewinnt - sind die Bayern wieder am Platz an der Sonne angekommen.

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