Null Tore statt sieben Treffer! Warum Jude Bellingham für Real Madrid trotzdem enorm wertvoll ist

Von August bis Dezember 2023 war Bellingham DER Fußball-Superstar. Nach seinem Wechsel von Borussia Dortmund nach Spanien gelang dem damals 20-Jährigen in der Offensive praktisch alles. Dabei war vor seinem ersten Einsatz unklar gewesen, ob er bei der Weltklasse-Auswahl an Mittelfeldspielern überhaupt in der Startelf stehen würde.

Nach dem Abgang von Mittelstürmer Karim Benzema Richtung Saudi-Arabien trat tatsächlich Bellingham in seine Fußstapfen. Er wurde direkt hinter bzw. zwischen den Flügelstürmern Vinicius Jr. und Rodrygo eingesetzt. Und in diesem System wurde Bellingham – der zuvor nur einmal in einer Saison eine zweistellige Anzahl an Toren erzielt hatte – zum Toptorjäger der Blancos. Er brach Rekorde, die von Benzema und Cristiano Ronaldo aufgestellt worden waren. Er drehte den Clásico gegen den FC Barcelona mit einem Doppelpack. Es sah aus, als würde der Youngster locker über 40 Saisontore erzielen.

Doch natürlich konnte das Märchen so nicht weitergehen. Es gab einige milde Bedenken, als Bellingham in der zweiten Hälfte der Saison seltener ins Netz traf, selbst wenn seine Bilanz von sieben Toren nach dem Jahreswechsel als gelernter Mittelfeldspieler alles andere als schlecht war.

Dafür gab es Gründe. Zunächst einmal hatte er zuvor auch sehr viel Glück gehabt, das ihn nun auf eine natürliche Art und Weise verließ. Die Bälle sprangen vom Pfosten, Torhüter oder Verteidigern teils genau vor seine Beine. Aus 14,6 expected Goals (erwartete Tore bzw. Chancenqualität) machte der Engländer 27 Tore. Das war astronomisch.

Bellinghams Rolle änderte sich schon im Frühjahr 2024 etwas, als die Saison voranschritt. Statt als zentraler offensiver Mittelfeldspieler bzw. Mittelstürmer in einem 4-1-2-1-2 agierte er als linker offensiver Mittelfeldspieler in einem 4-2-2-2. Vinicius Jr. stand nun vor statt neben ihm.

Auch deshalb traf der Brasilianer nach Weihnachten noch öfter. Genauso wie sein Landsmann Rodrygo auf der rechten Seite.

Auch in der neuen Saison spielt Bellingham weiterhin etwas weiter hinten. Ein Tor hat Bellingham auch nach acht Saisonspielen nicht erzielt, immerhin zwei aufgelegt.

Vinicius schoss in der Saison 2023/24 als Linksaußen die zweitmeisten Tore. Nur Kylian Mbappé, nun ebenfalls in Madrid, schoss noch mehr. Doch auch er ist noch nicht ganz im Bernabeu angekommen. Die Feinheiten müssen noch besser abgestimmt werden. Und trotzdem läuft es rund - zumindest was die Zahlen angeht.

Mbappé hat fünf Tore in LaLiga und ein weiteres in der Champions League erzielt. Vinicius hat drei Tore geschossen und vier vorbereitet. Rodrygo kommt auf drei Treffer und zwei Vorlagen. Nur der FC Barcelona hat in der Liga mehr Tore erzielt als Real. Dafür haben die Blancos weniger Tore kassiert und noch nicht verloren.

Bellingham trifft am liebsten, wenn seine Mannschaft einen Treffer unbedingt benötigt. Bei der EM 2024 in Deutschland traf er in letzter Sekunde gegen die Slowakei. In LaLiga entschied er beide Clásicos in der Nachspielzeit. Auch mit einigen Vorlagen in der Champions League sorgte er mit für Real-Siege.

Bellingham liebt die große Bühne. Er ist zur Stelle, wenn das Aus oder eine Niederlage droht.

Bellinghams Einfluss bei Real ist weiterhin groß. In seinen ersten sechs Ligaspielen dieser Saison hat er elf Schüsse abgegeben, von denen fünf aufs Tor gingen. Sein xG-Wert von 0,22 ist niedrig. Doch das gleichen Reals Stürmer wieder aus.

Bellingham ist jetzt wieder ein klassischer Mittelfeldspieler. Er sammelt weiterhin seine Ballkontakte und verknüpft das Spiel effektiv. Er liegt bei der Anzahl an Schlüsselpässen an vierter Stelle, genau wie bei erfolgreichen Dribblings und verliert den Ball seltener als jeder der Offensivspieler. Nur Luka Modric hat unter den Mittelfeldspielern von Los Blancos eine bessere Passquote.

Die defensiven Zahlen sehen ebenfalls gut aus. Bellingham liegt im Team an dritter Stelle in Sachen Balleroberungen und an erster Stelle bei Grätschen. Bellingham kann praktisch alles.

Nein, Bellingham ist kein Stürmer mehr. Aber vielleicht war er das auch nie. In seiner gewohnten Rolle als Mittelfeldspieler ist er ebenso wertvoll.