Vor der zweiten Halbzeit, beim Stand von 1:2 bei Atlético Madrid (1:3) am vergangenen Sonntag schaute Real-Trainer Carlo Ancelotti auf seine Bank. Er blickte auf eine zugegebenermaßen dünne, aber dennoch hochkarätige Truppe. Er hätte Abräumer Aurélien Tchouaméni, Spielmacher Brahim Díaz oder den dynamischen Dani Ceballos einwechseln können.
Doch Ancelotti entschied sich dagegen. Stattdessen brachte der Italiener angesichts des 1:2-Rückstands seiner Mannschaft einen schlaksigen, 1,91 Meter großen, 33-jährigen Stürmer: Joselu. Der gebürtige Stuttgarter ist nicht der Prototyp eines Spitzenfußballers, der ein Spiel dieser Größenordnung entscheiden kann. Aber er war definitiv keine eine schlechte Wahl von Ancelotti. Real war in der zweiten Halbzeit mit dem großen Stürmer deutlich besser, kreierte mehr Chancen, gab mehr Schüsse ab und hatte mehr Ballbesitz im vorderen Drittel. Joselu trug zwar wenig zum Ergebnis bei, aber auch dank ihm fand der Vizemeister deutlich besser in dieses Nachbarschaftsduell.
Ein Trend, der bereits bei einigen Einwechslungen Joselus in den letzten Wochen zu beobachten war. Der Routinier ist gewissermaßen ein "Anti-Galactico". Keine teure Verpflichtung, die Rekorde brechen oder viele Trikots verkaufen wird. Aber er ist zweifelsohne ein Spieler, der dem Gegner zumindest Schwierigkeiten bereitet. Und für eine Mannschaft, der ein offensiver Dreh- und Angelpunkt fehlt, ist dies ein unschätzbares Attribut und auf der anderen Seite für ihn persönlich die Erfüllung seines Lebenstraums. Der Deutsch-Spanier startete seine Laufbahn einst in Silleda, im Nordwesten Spaniens - wurde dann von Celta Vigo entdeckt und stand von 2009 bis 2012 schon einmal bei Real unter Vertrag - allerdings spielte er damals vornehmlich in der Castilla.
Von dort aus kehrte er zurück nach Deutschland: Der TSG 1899 Hoffenheim war er sechs Millionen Euro wert, doch schon bald wurde er zu Eintracht Frankfurt verliehen und 2014 schließlich mit einem Verlust von einer Million Euro an Hannover 96 weitergegeben. Dort blühte der Stürmer wieder auf und empfahl sich für die Premier League.



