Gündogan hatte weitaus lukrativere Angebote von anderen Klubs ausgeschlagen, um zu Barça zu wechseln. Er war nicht nur von Xavi überzeugt, sondern auch von den spektakulären Erinnerungen aus dem Camp Nou. Er musste jedoch schnell feststellen, dass das alte Bild von Barça als "mes que un club" (mehr als ein Verein) nicht mehr zutrifft. Berichten aus Spanien zufolge fühlten er und seine Frau Sara sich von Barça "im Stich gelassen", als sie versuchten, sich in der Stadt niederzulassen - was schließlich zu einer Entschuldigung seitens des Vereins führte.
Weitaus mehr Sorgen bereitete Gündogan jedoch der Charakter seiner Teamkollegen. Er war nicht nur ein Seriensieger - er war ein Spieler, der sich am Ende jeder Saison in Zinédine Zidane verwandelte.
Daher war es keine Überraschung, dass er im Oktober 2023 in seinem ersten Clásico bereits nach sechs Minuten ein Tor erzielte. Was Gündogan jedoch sehr schockierte, war die Reaktion seiner Mannschaftskameraden auf die anschließende 1:2-Niederlage, nachdem Jude Bellingham in der Nachspielzeit den Siegtreffer für Real Madrid erzielt hatte.
"Ich bin gerade in die Umkleidekabine gekommen", sagte Gündogan in einem Interview mit Optus Sport nach dem Spiel, "und natürlich sind die Spieler nach einem so großen Spiel, einem so wichtigen Spiel und einem so undenkbaren Ergebnis enttäuscht, aber ich würde gerne mehr Wut, mehr Enttäuschung sehen."
Der Mittelfeldspieler fuhr fort: "Das ist ein Teil des Problems: Man muss mehr Emotionen zeigen, wenn man verliert und wenn man weiß, dass man besser spielen kann. In bestimmten Situationen muss man es besser machen, aber wir reagieren nicht. Ich bin nicht hierher gekommen, um diese Art von Spielen zu verlieren. Ich habe auch eine Verantwortung als Führungsspieler, dass der Mannschaft so etwas nicht passiert, denn wir müssen uns mehr reinhängen."
Barça-Verteidiger Inigo Martinez wies die Bedeutung von Gündogans Kritik mit dem Argument zurück, dass Spieler in der Hitze des Gefechts manchmal Dinge sagen, die sie nicht so meinen. Aber Gündogan meinte jedes Wort ernst - und er wiederholte viele davon, nachdem die Blaugrana im Rückspiel des Champions-League-Viertelfinales gegen Paris Saint-Germain kapituliert hatte.
Einmal mehr brachte er seine bittere Enttäuschung über die fehlende "Wut" nach einer so vermeidbaren Niederlage zum Ausdruck und schimpfte sogar über Mitspieler Ronald Araujo, der sich in einer entscheidenden Phase des Spiels einen Platzverweis eingehandelt hatte - die Kritik gefiel dem Innenverteidiger partout nicht.
Die Mannschaft und der Verein sind so zerbrechlich, dass es ihnen schwer fällt, mit der Wahrheit ins Reine zu kommen.