Man Utd Ten Hag London gfxGetty

Horrorbilanz in London! Kostet die Auswärtsschwäche Erik ten Hag seinen Job bei Manchester United?

Die Behauptung, dass alle Fans von Manchester United aus London kommen, ist einer der ältesten Witze im englischen Fußball. Die jüngste Bilanz der Red Devils in der Hauptstadt ist allerdings nicht zum Lachen und ein weiteres Argument gegen eine längere Amtszeit von Erik ten Hag.

Die ärgerliche Niederlage am Sonntag gegen West Ham war bereits die neunte Pleite in einem Premier-League-Auswärtsspiel in London unter ten Hag. Und wenn die Reds im Dezember das nächste Mal nach London reisen, um gegen Arsenal anzutreten, wird es mehr als ein Jahr her sein, dass sie in der englischen Mega-Metropole einen Sieg errungen haben.

United kam nur drei Tage nach dem trostlosen Unentschieden gegen José Mourinhos Fenerbahce in der Europa League ins London Stadium. Ten Hag beschrieb den Lärm im Sükru-Saracoglu-Stadion treffend als "feindselige" Atmosphäre - und ein Besuch bei West Ham in der Heimat der Olympischen Spiele 2012 hätte sich im Vergleich dazu wie ein Spaziergang in einem palastartigen Garten anfühlen müssen. Doch obwohl United die erste Halbzeit dominierte und fünf große Chancen herausspielte, unterlag das Team mit 1:2, nachdem den Gastgebern in der Nachspielzeit ein kontroverser Elfmeter zugesprochen worden war.

Die schlechte Auswärtsbilanz von United zieht sich wie ein roter Faden durch die Amtszeit von ten Hag, sei es in der Premier League (17 Siege aus 43 Spielen) oder in Europa (vier aus elf Spielen und ein Sieg in den letzten acht Spielen). Aber selbst vor diesem Hintergrund ist die Bilanz in London teuflisch.

  • Nur bei Fulham konnte United in London jubeln

    Seit ten Hag im Sommer 2022 das Kommando übernommen hat, ist seine Mannschaft 16 Mal in London zu Gast gewesen und hat nur zweimal gewonnen, beide Male gegen Fulham. Und diese beiden Siege im Craven Cottage wurden jeweils erst in der Nachspielzeit durch Tore von Alejandro Garnacho respektive Bruno Fernandes errungen.

    Die hervorragende erste Saison von ten Hag, in der United den dritten Platz in der Premier League belegte, basierte auf einer beeindruckenden Heimbilanz. In Old Trafford holte man 48 von 57 möglichen Punkten und hatte damit die zweitbeste Heimbilanz der Liga hinter Meister Manchester City. Die Auswärtsbilanz war weitaus schlechter, wenngleich sie keineswegs grauenhaft war. Man holte auswärts 27 Punkte und belegte damit den fünften Platz in der Auswärtstabelle. Doch selbst in dieser ansonsten positiven Saison gab es acht Auswärtsniederlagen und einige höchst bedenkliche Ergebnisse, allen voran die 0:7-Klatsche gegen Liverpool.

    Diese besorgniserregende Serie von Auswärtsergebnissen begann in London, als Brentford United im zweiten Spiel von ten Hags Amtszeit mit 4:0 schlug. Die schlechte Auswärtsbilanz beschränkte sich nicht nur auf die Reisen nach London - aber in der Hauptstadt lief es besonders schlecht, neben Brentford verlor man auch gegen West Ham und Arsenal, während United bei Tottenham, Chelsea und Crystal Palace jeweils ein Unentschieden holte. Durch die beiden Siege bei Fulham konnte Manchester immerhin sechs von möglichen 21 Punkten in London einsammeln.

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  • manchester united chelsea(C)Getty Images

    Manchester United: Schlechte Ausbeute in London setzte sich fort

    United hat in der vergangenen Saison auswärts genauso viele Punkte geholt wie in der Saison 2022/23. Die Tatsache, dass man in der Premier League sein schlechtestes Jahr überhaupt hatte, ist vielmehr auf die nun auch schwächere Heimbilanz zurückzuführen, die mit 33 Punkten lediglich Rang acht in der Heimtabelle bedeutete.

    Die Bilanz in London war sogar noch schlechter als in der Saison zuvor: Aus sieben Spielen holte man vier Punkte, erzielte nur sechs Tore und kassierte 16 Gegentreffer. Die ersten beiden Londoner Auswärtsspiele der Saison gegen Tottenham (0:2) und Arsenal (1:3) gingen ebenso verloren wie kurz vor Weihnachten das Duell bei West Ham (0:2). Im November war Fulham dank eines späten Treffers von Fernandes mit 1:0 geschlagen worden.

    Aus den drei Spielen in London nach dem Jahreswechsel holte United nur einen Punkt: Beim 1:1-Unentschieden in Brentford kassierte man in der 99. Minute einen Gegentreffer und bei Chelsea verspielten die Red Devils kurz vor Schluss noch eine 3:2-Führung, verloren am Ende mit 3:4. Das letzte Spiel 2023/24 in London gegen Crystal Palace war das schlechteste der gesamten Saison, man ging mit 0:4 unter.

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    Das FA-Cup-Finale rettete ten Hag den Job - ein schwerer Fehler von United?

    Seltsamerweise beendete United die vergangene Saison mit einem Höhepunkt in London, als man zum FA-Cup-Finale in Wembley in die Hauptstadt zurückkehrte und einen erstaunlichen 2:1-Sieg gegen Manchester City erkämpfte.

    Nach der peinlichen Niederlage im Selhurst Park bei Palace zog United die Entlassung von ten Hag in Erwägung und sprach mit einer Reihe von Kandidaten, von Kieran McKenna über Thomas Frank bis hin zu Thomas Tuchel. Der Sieg in Wembley hatte die Verantwortlichen von United aber umgestimmt und dazu geführt, dass ten Hag eine dritte Saison und eine Vertragsverlängerung bis 2026 erhalten hat. Das scheint ein schwerer Fehler gewesen zu sein, denn United hat mit acht Punkten aus den ersten sieben Spielen den schlechtesten Start in eine Premier-League-Saison hingelegt, bevor man am vergangenen Wochenende mit einem Sieg gegen Brentford den Druck auf den Trainer etwas abbauen konnte.

    Das uninspirierte Unentschieden bei Fenerbahce warf dann allerdings schon wieder Fragen über den Führungsstil von ten Hag auf. Die Entscheidung, Noussair Mazraoui als offensiven Mittelfeldspieler aufzustellen, war nicht nachvollziehbar und barg die Gefahr, Amad Diallo weiter zu verprellen, der wütend aussah, als er in den letzten Minuten eingewechselt wurde, nachdem er zugunsten von Antony übergangen worden war.

  • West Ham United FC v Manchester United FC - Premier LeagueGetty Images Sport

    West Ham hätte eigentlich der ideale Aufbaugegner sein können

    Die Niederlage bei West Ham am Sonntag lag jedoch nicht an Ten Hag. Die Red Devils dominierten die erste Halbzeit, in der Alejandro Garnacho zwei hervorragende Chancen vergab und Diogo Dalot für den schlimmsten Fehlschuss der Saison verantwortlich war. Der Trainer protestierte auch zu Recht gegen den harten Elfmeterpfiff nach einem Zweikampf zwischen Matthjis de Ligt und Danny Ings.

    Tatsache ist jedoch, dass seine Mannschaft auf ein verunsichertes West Ham traf, dessen Trainer Julen Lopetegui nach einem wenig überzeugenden Saisonstart ebenfalls unter großem Druck stand. Dennoch kassierte Manchester eine weitere Niederlage, die vierte in neun Premier-League-Spielen, und liegt mit nur elf Punkten auf Platz 14 der Tabelle, jetzt noch hinter West Ham.

    Die Hammers waren mit acht Punkten aus den ersten acht Spielen noch schlechter dastehend in die Partie gegangen als die Gäste. Und Lopetegui wirkte eindeutig wie eine Verschlechterung gegenüber Vorgänger David Moyes. West Ham hatte sich im vergangenen Juni gegen eine Vertragsverlängerung mit Moyes entschieden, weil man das Gefühl hatte, dass man unter dem erfahrenen Trainer nicht weiterkommt - trotz dreier Top-10-Platzierungen in vier Jahren und drei spannenden europäischen Spielzeiten, darunter der Gewinn der UEFA Conference League. Unter Lopetegui schien man sich nun zurück zu entwickeln.

    Lopetegui mag aufgrund seiner Erfahrung als spanischer Nationaltrainer, bei Real Madrid und Sevilla sowie aus einer soliden Zeit bei den Wolves eine glamourösere Option als Moyes gewesen sein, aber er hatte trotz der 120 Millionen Pfund, die er im Sommer für Spieler ausgab, Mühe, aus seiner Mannschaft etwas herauszuholen. West Ham hatte im letzten Spiel vor dem Duell mit United eine 1:4-Niederlage gegen Tottenham einstecken müssen, die dritte Niederlage gegen einen Gegner aus den Big Six nach dem 0:3 zuhause gegen Manchester City und dem 0:3 gegen Chelsea.

    Und ein ähnliches Ergebnis wäre auch möglich gewesen, wenn United seine zahlreichen Chancen genutzt hätte.

  • West Ham United FC v Manchester United FC - Premier LeagueGetty Images Sport

    Erik ten Hag bei Manchester United: Die Geduld wird immer knapper

    Aber Uniteds Chancenwucher und der lächerliche VAR-Einsatz führten zur dritten Niederlage in Folge bei West Ham unter ten Hag.

    Dem Niederländer ist es gelungen, trotz des Drucks einen kühlen Kopf zu bewahren, und er zeigte sich bei einem Abendessen in der vergangenen Woche mit eben jenen Fußballjournalisten, die seinen Umgang mit der Mannschaft kritisiert haben, in bester Laune. Er sagte, er sei überzeugt, dass sein Team trotz des schlechten Starts wieder auf die Beine kommen werde, und forderte "Geduld von den Eigentümern und den Journalisten."

    Die Rückendeckung der Ersteren ist weitaus wichtiger und wenn man Berichten Glauben schenken darf, dass United Xavi Hernandez als potenziellen Nachfolger ins Auge gefasst hat, wird die Geduld der Verantwortlichen langsam knapp. Bei jeder weiteren herben Niederlage wird sie noch knapper werden - und ten Hag kann froh sein, falls er noch im Amt ist, wenn United im Dezember bei seinem nächsten Besuch in der Hauptstadt auf Arsenal trifft.

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