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Es ist eine Seuchen-Saison! Der große Verlierer bei der Heimpleite des FC Bayern gegen Bochum

Es war eine historische Rotation, die Vincent Kompany vor dem Heimspiel gegen den abgstiegsbedrohten VfL Bochum vornahm. Zehnmal änderte er seine Startelf im Vergleich zum überzeugenden 3:0-Sieg gegen Bayer Leverkusen unter der Woche. So etwas hatte es zuvor in der Vereinsgeschichte nicht mal unter Rotationsmeister Ottmar Hitzfeld gegeben.

Auch die Trainer-Legende nutzte die Bundesliga-Spiele während einer englischen und entscheidenden Champions-League-Woche gerne mal, um den nominellen Reservisten eine Chance und den arrivierten Stars eine Ruhepause zu geben. Das tat er übrigens auch dann, wenn der Rekordmeister nicht wie aktuell einen deutlichen Vorsprung an der Tabellenspitze innehatte.

Kompanys "Experiment" misslang am Ende. Die Bayern verspielten eine 2:0-Führung und verloren mit 2:3. Dem Belgier nun aber "Wettbewerbsverzerrung" im Abstiegskampf vorzuwerfen - immerhin klopfen die zur Winterpause bereits totgesagten Bochumer nun sogar wieder an die Nichtabstiegsplätze an - ist dabei natürlich hanebüchen.

Denn selbst eine sogenannte "B-Elf" der Münchner ist einerseits eine sehr gute Bundesliga-Mannschaft und hatte andererseits Bochum über 40 Minuten lang absolut im Griff und spielte phasenweise hervorragenden Kombinationsfußball. Selbst Gäste-Trainer Dieter Hecking gab zu, dass es in dieser Phase schon "drei oder vier zu null" hätte stehen müssen, "dann wären wir weg gewesen".

"Es war eigentlich genau so, wie wir es uns gewünscht haben", sagte Kompany auf der Pressekonferenz nach dem Kollaps. Ein Kollaps, der zwar nicht nur, aber hauptsächlich dadurch zustande kam, dass die Münchner nach einem Platzverweis die gesamte zweite Halbzeit in Unterzahl spielen mussten.

Dass Kompany dies nicht als Ausrede gelten lassen wollte und betonte, dass die Bayern "auch mit zehn Mann" den Anspruch haben müsse, "zumindest nicht zu verlieren", sprach insofern Bände, dass er mit dem Auftritt einiger seiner Bankspieler, denen er eine Bewährungschance gegeben hatte, offenbar ganz und gar nicht einverstanden war - und das auch nicht sein konnte.

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    Serge Gnabry spielt um seine Zukunft beim FC Bayern München: "Stets bemüht", aber glücklos

    Im Fokus standen an diesem zunächst so stimmungsvollen Nachmittag in der Allianz Arena, an dem die Feierlichkeiten zum 125. Vereinsbestehen in Form einer gigantischen Fan-Choreographie, der Intonierung einer neuen Vereinshymne und dem Tragen des Jubiläumstrikots weiter anhielten, nämlich jene, die durchaus um ihre Zukunft beim FC Bayern spielen.

    Da wäre zum einen Serge Gnaby, der neben Kingsley Coman als Verkaufskandidat auf den Flügeln gilt. Einen Stammplatz hat 29-Jährige schon lange nicht mehr. Zwar kommt er regelmäßig als Joker zum Einsatz, den Beweis, dass er noch in die "Top-Kategorie" gehört, in die ihn Kompany noch im Oktober des vergangenen Jahres eingeordnet hatte, blieb er jedoch über weite Strecken schuldig.

    Nun bekam er in der Bundesliga erstmals seit Ende Januar wieder seine Chance in der Startelf - und zunächst sah es so aus, als würde er sich mit Nachdruck nutzen wollen, doch am Ende fehlten ihm Zentimeter für einen nachhaltigen Fingerzeig Richtung Kompany.

    Auf den starken Tiefenlauf, in dessen Folge er eher unfreiwillig denn wirklich gewollt das 1:0 vorbereitete, eröffnete sich Gnabry die große Chance aus elf Metern auf 2:0 zu erhöhen. Erst hatte der Pfosten etwas dagegen, kurz vor der Pause war es dann der Linienrichter, der korrekterweise eine Abseitsstellung Gnabrys gesehen und somit dessen Treffer zum 3:1 die Anerkennung verweigert hatte.

    Es war viel Licht in Gnabrys Spiel, einige ansehnliche Kombinationen, aber eben nicht das große Aha-Erlebnis. Dass er es dann war, der Felix Passlack vor dessen verhängnisvoller Hereingabe auf den Kopf von Sissoko nur im Trab anlief und keinen ernsthaften Druck ausübte, warf dann auch noch einen größeren Schatten auf eine Leistung, die unterm Strich irgendwo zwischen "stets bemüht", engagiert, aber glücklos lag.

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    Joao Palhinha beim FC Bayern München: Es ist eine Seuchen-Saison

    Das Wort glücklos wäre indes bei der Beschreibung von Joao Palhinhas Debütsaison beim FC Bayern wohl noch eine maßlose Untertreibung. Der Portugiese hatte bekanntermaßen schon vor dem Spiel gegen Bochum keinen leichten Stand unter Kompany. Verletzungen und sein Status als Nummer vier in der Mittelfeldhierarchie hinter Joshua Kimmich, Aleksandar Pavlovic und Leon Goretzka ließen seine Einsatzzeiten auf ein Minimum schrumpfen.

    Nun aber bot sich Palhinha durch den krankheitsbedingten Ausfall von Pavlovic und die Schonung Kimmichs die Gelegenheit, das Blatt zu wenden und auf einen annehmbaren Auftritt in Stuttgart eine kleine Duftmarke Richtung Startelf folgen zu lassen. Doch stattdessen wurde eine maximal komplizierte erste Spielzeit im Bayern-Dress endgültig zu einer amtlichen Seuchensaison.

    Nach überaus soliden und über weite Strecken fehlerlosen 40 Minuten ging Palhinha in einen folgenschweren Hochrisiko-Zweikampf mit Giogos Masouras und sah nicht zu Unrecht die Rote Karte. "Generell solltest du vermeiden, in solche Zweikämpfe so reinzugehen, sodass der Schiedsrichter überhaupt die Chance hat Rot zu geben", übte Sportvorstand Max Eberl hinterher zumindest leise Kritik am 50 Millionen Euro schweren Neuzugang.

    Der vertretbare Platzverweis war der Knackpunkt in einer bis dahin äußerst einseitigen Partie. Ein fraglos unbeabsichtigter Bärendienst - und das gleich im doppelten Sinne. Während die Bayern anschließend in der zweiten Halbzeit auch aufgrund der numerischen Unterzahl das Spiel aus der Hand gaben ("Zu elft hätten wir das Spiel gezogen" - Max Eberl), ist Palhinha nun abermals in der Bundesliga zum Zuschauen verdammt. Im März wird er nicht noch einmal für den Rekordmeister in der Bundesliga auflaufen, in der Champions League werden andere an seiner Stelle den Vorzug bekommen.

    Es kommt nicht von Ungefähr, dass die tz zuletzt berichtete, dass die aktuelle Situation des Portugiesen Gesprächsthema an der Säbener Straße und ein Verkauf nach nur einem Jahr nicht mehr ausgeschlossen sei. Die Diskussionen dürften in den kommenden Wochen nicht weniger werden.

  • Sacha Boey, Aleksandar PavlovicImago

    Sacha Boey beim FC Bayern München: Der Albtraum hört nicht auf

    Gleiches gilt auch für Sacha Boey. Nach einem ersten Horror-Halbjahr bei den Bayern schien die Aussicht auf Besserung in der neuen Saison real zu sein. Kompany schätzt Boey, wollte ihn angeblich schon beim FC Burnley unbedingt holen.

    Doch seitdem der Belgier die Geschicke bei den Bayern lenkt, hat sich an Boeys Situation eigentlich nichts zum Guten verändert. Der Albtraum aus Verletzungen (Meniskusriss, Sprunggelenk), Formschwankungen und Bankplatz ging weiter. Wettbewerbsübergreifend machte der 24-Jährige gegen Bochum erst sein zwölftes Pflichtspiel in der laufenden Saison, sechs davon von Beginn an.

    Laut Sky soll der Franzose in den Planungen der Bayern ab dem Sommer keine Rolle mehr spielen und bei einem passenden Angebot abgegeben werden. An seiner Stelle sollen Josip Stanisic und Konrad Laimer die Position im Jobsharing-Modell bekleiden.

    Zumindest gegen Bochum konnte Boey abermals keine Eigenwerbung betreiben, um vielleicht doch nochmal ein Umdenken auf der Führungsebene anzuregen. Er wirkte fahrig, unsicher, das Zusammenspiel mit Leroy Sane funktionierte kaum, was ein haarsträubender Fehlpass über zwei Meter im ersten Durchgang zur Schau stellte. Offensiv-Akzente setzte er keine, stattdessen legte er beim 2:2 durch Sissoko ein Nickerchen am zweiten Pfosten ein.

    Während Boey und auch der zuletzt als "perfekter Ersatzspieler" glänzende, aber ab Sommer wohl vertragslose Eric Dier gegen Bochum keinen guten Tag erwischten, feierte ein Spieler eine wundersame Wiederauferstehung, der zuletzt regelmäßig enttäuschte und folglich in den vergangenen fünf Pflichtspielen keine einzige Minute auf dem Platz stand: Raphael Guerreiro.

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  • Raphael GuerreiroGetty Images

    Raphael Guerreiro beim FC Bayern: Der logische Nachfolger von Thomas Müller

    Der Portugiese war auf persönlicher Ebene der einzige Gewinner einer "ärgerlichen" (Eberl) Niederlage. Erstmals durfte er in dieser Saison unter Kompany einfach nur das tun, was er am besten kann: Fußball spielen. Und das nicht dort, wo ihm seine Schwächen zuletzt immer wieder aufgezeigt wurden, sondern da, wo er vielleicht einer der besten Spieler der Bundesliga ist.

    Statt des Linksverteidigers Guerreiro bekamen die Zuschauer in der Allianz Arena den Offensivspieler Guerreiro zu sehen. Den Offensivspieler. Den Zehner. Den Spielmacher. Den kombinationsfreudigen Zocker. Das freie Radikal, ohne feste Position. Ständig unterwegs, anspielbereit, technisch herausragend, abschlussstark.

    Guerreiro erzielte beide Treffer der Bayern, eines in Abstaubermanier, eines sogar per Kopf. Er harmonierte wunderbar mit Thomas Müller. Ihre ständigen Positionsrochaden machten der Bochumer Defensive sichtbar zu schaffen. Das einzige Manko von Guerreiros Auftritt: Es hätten drei Tore sein müssen, doch nach einer abermals tollen Kombination schob er den Ball freistehend am Tor vorbei. Es wäre das 3:2 gewesen.

    Nichtsdestotrotz: Sollte Müller in dieser Saison tatsächlich sein letztes Spiel für die Bayern machen, Guerreiro wäre sein würdiger Nachfolger. Natürlich nicht als Identifikationsfigur, nicht als Sprücheklopfer, nicht als "Radio Müller", nicht als absoluter Publikumsliebling und auch nicht als Führungsspieler. Das alles würde der Rekordmeister natürlich bei einem Müller-Abschied verlieren.

    Guerreiro wäre aber zumindest der logische Nachfolger für das, was Müller rein sportlich gesehen bei den Bayern aktuell noch ist: der Backup von Jamal Musiala. Wenn das Wunderkind mal nicht spielfähig ist oder geschont wird, kann Kompany ohne Bauchschmerzen mit Guerreiro im Offensivzentrum hinter Harry Kane planen.

    Der 31-Jährige spielt mit viel Intuition. Sein Spielverständnis und die gute Ballbehandlung erlauben es ihm, situativ richtige Räume zu erkennen, anzuspielen und sich frei auf dem Spielfeld zu bewegen. Er wird offiziell als Linksverteidiger geführt, hat im Grunde aber keine feste Position. Das könnte sich im Falle eines Müller-Abschieds womöglich ändern.

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