Nico Schlotterbeck Borussia Dortmund 2025IMAGO / Maximilian Koch

"Die Spieler, die reinkommen, verlieren jeden Ball": Nico Schlotterbecks Kollegenschelte trifft beim BVB den Nagel auf dem Kopf

Vor ziemlich genau neun Monaten erlebte Niko Kovac ein Debüt zum Vergessen. Sein Trainer-Kapitel beim BVB begann mit einer 1:2-Niederlage gegen den VfB Stuttgart. Seither hat sich einiges geändert. Während an vielen Tagen die Ergebnisse stimmen, hat sich vor allem der öffentliche Umgang des 54-Jährigen mit seinen Spielern um beinahe 180 Grad gewendet.

Vor und nach den Spielen präsentierte sich Kovac am TV-Mikrofon fast schon realitätsfern. Es war völlig egal, wie schlecht seine Mannschaft spielte - lobende Worte fand er eigentlich immer. Ein angesichts der damals mehr als brisanten Lage verständlicher Ansatz, den Kovac inzwischen aber mehr und mehr aufgegeben hat. Nach dem unrühmlichen Remis beim "Must-Win-Spiel" (Sebastian Kehl) gegen Bodö/Glimt in der Champions League platzte es vor innerer Wut beinahe aus ihm heraus, während Nico Schlotterbeck vielleicht sogar einen Schritt zu weit ging. Die Reaktion beider zeigte wie schon die Taten auf dem Platz gefährliche Tendenzen auf, doch es gibt ein großes Aber: Womöglich war der Umgang mit dem desaströsen Ausgang genau richtig!

  • Niko Kovac schimpft: So drastisch wie noch gar nicht als BVB-Trainer

    Kovac "ärgerte" sich insbesondere über das Gegentor zum 2:2, als der BVB in Unterzahl - Ersatz Emre Can war für den angeschlagenen Anselmino noch nicht auf dem Platz - und nach eigenem Einwurf den Ball nicht aus der Gefahrenzone bekam. Trotz mehrerer Gelegenheiten, das Ungleichgewicht aufzuheben. "Wir sind da einfach nicht konsequent genug. Wenn einer raus ist, müssen alle alles tun, damit wir wechseln können", schimpfte er. Zudem störte ihn die mangelnde Konsequenz vor dem Tor. Auf die Frage nach einem Muster, dass die Borussia solche Partien nicht gewinnt, drückte sich Kovac ungewohnt hart aus. Zwar mit der gewohnt ruhigen Tonlage, aber so drastisch wie noch gar nicht als BVB-Coach. 

    "Das zeigt letzten Endes: Wenn du auf diesem Niveau - egal, ob in der Champions League oder Bundesliga - mehr als zwei Tore kassierst, dann gewinnen wir das Spiel nicht", zischte er und holte zu einer Aufzählung an Negativbeispielen aus, die länger und länger wurde. Stets mit den wohl zur Verdeutlichung vorgeschobenen vier Worten "das hatten wir gegen"  nannte er abgesehen von "heute" auch Manchester City (1:4), Stuttgart (3:3), Bayern (1:2) und St. Pauli (3:3). "So wird es viel schwieriger", sagte Kovac. Die verbliebenen Gegner (Tottenham Hotspur und Inter Mailand) seien schließlich "ganz andere Kaliber." Sein Team habe eine "Riesenchance liegen gelassen. Weil wir - nicht der Gegner - selbst schuld waren."

    Klartext, der den Eindruck erwecken lässt: In Dortmund ordentlich Druck auf dem Kessel. Nach dem bitteren Auscheiden im DFB-Pokal sollte ein weiteres frühes Aus in dieser Saison eigentlich unbedingt vermieden werden.

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  • Nico SchlotterbeckIMAGO / Maximilian Koch

    BVB: Nico Schlotterbeck giftet gegen seine Teamkollegen

    Die bedenklichen Aussagen Schlotterbecks verdeutlichen jene Annahme nochmal. Der Innenverteidiger ätzte kurzerhand gegen seine Teamkollegen, vor allem die blassen und zugleich lethargischen Einwechselspieler bekamen ihr Fett weg. "Die Spieler, die reinkommen, verlieren jeden Ball", wetterte er. Dabei habe der Nationalspieler das "extrem fahrige" Auftreten nach dem 1:0 schon in der Halbzeit moniert. "Wir können hier auf 13 Punkte gehen und ich glaube, manchen war es nicht bewusst, wie wichtig das ist. Deswegen ist es nicht bitter, sondern richtig schlecht." 

    "Es habe an "Intensität" gefehlt, betonte Schlotterbeck und knöpfte sich nochmals die Joker vor: "Wenn man reinkommt in der 60. Minute, erwarte ich 30 Minuten Volldampf. Und man muss auch sagen, nach dem 2:2 haben wir keine Torchance mehr. Wir haben die letzte Viertelstunde unfassbar unsauber gespielt. Die letzten fünf Minuten in der Nachspielzeit hatte Bodö mehr Ballbesitz als wir. Das kann nicht der Anspruch sein, vor allem nicht in einem Heimspiel. Das ist zu wenig. Jetzt musst du beide Spiele gewinnen, sonst bist du wieder nicht in den Top-8. Dann hast du wieder zwei Spiele mehr und jeder regt sich auf, dass er zu wenig Pause hat."

    Wie Kovac traf Schlotterbeck den Nagel damit auf den Kopf. Auch wenn Kollegenschelte freilich nicht die stilvollste Art und Weise ist, den Finger in die Wunde zu legen. 

  • BVB in Gefahr? Harsche Kritik könnte sich als wertvoll erweisen

    Anders als das das gut aufgelegte Offensiv-Trio Julian Brandt, Maximilian Beier und Fabio Silva agierten in erster Linie Serhou Guirassy und Karim Adeyemi enorm schlampig. Obendrein verlor Ersterer nach dem Einwurf vor dem 2:2 viel zu einfach der Ball, Letzterer sprach sogar selbst von einem seiner "schlechtesten Spiele in dieser Saison". Die späte Einwechslung dürfe nicht als "Ausrede" gelten. "Von mir persönlich war es auf jeden Fall nichts."

    Die an den Tag gelegte Ausdrucksweise ist durchaus als Gefahr zu werten, Interpretationsspielraum gibt es nun jedenfalls zu Genüge. Fällt das von Kovac mühsam aufgebaute Kartenhaus von innen heraus wieder zusammen? Ebenso gefährlich kann die Einstellung gegen den Underdog aus Norwegen eingestuft werden. Bei weiteren Auftritten dieser Art dürfte die in Dortmund bestens bekannte Mentalitätsfrage nur noch eine Frage der Zeit sein. 

    Doch die fehlende Scheu vor unbequemen Eingeständnissen, selbst bei den von Schlotterbeck mehr oder weniger direkt angegriffenen Spielern wie Adeyemi, spricht eine andere Sprache. Sie könnte sich vielmehr als wertvoll erweisen und einem Absturz in alte Gewohnheiten vorbeugen. Mit Worten, die ganz nah an der Realität sind. 

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  • FBL-EUR-C1-DORTMUND-BODOE/GLIMTAFP

    BVB rutscht ab: Die Tabelle der Champions League

    PlatzMannschaftSpieleTorePunkte
    1Arsenal FC617:118
    2FC Bayern München618:715
    3Paris Saint-Germain619:813
    4Manchester City612:613
    5Atalanta68:613
    6Inter Mailand612:412
    7Real Madrid613:712
    8Atlético Madrid615:1212
    9Liverpool FC611:812
    10Borussia Dortmund619:1311
    11Tottenham Hotspur613:711
    12Newcastle United613:610
    13Chelsea FC613:810
    14Sporting CP612:810
    15FC Barcelona614:1110
    16Olympique Marseille611:89
    17Juventus Turin612:109
    18Galatasaray68:89
    19AS Monaco67:89
    20Bayer Leverkusen610:129
    21PSV Eindhoven615:118
    22Qarabağ FK610:137
    23SSC Neapel66:117
    24FC Kopenhagen610:167
    25SL Benfica66:86
    26Pafos FC64:96
    27Union Saint-Gilloise67:156
    28Athletic Club64:95
    29Olympiakos Piräus66:135
    30Eintracht Frankfurt68:164
    31FC Brügge68:164
    32FK Bodø/Glimt69:133
    33Slavia Prag62:113
    34Ajax Amsterdam65:183
    35Villarreal CF64:131
    36FK Kairat64:151

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