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Die Lichtgestalt der besten Mannschaft der Welt musste mit 28 aufhören: Marco van Basten, der Schwan mit den zerbrechlichen Flügeln

Trotz seiner imposanten Statur, mit der ihn Mutter Natur ausgestattet hatte, bewegte er sich auf dem Fußballplatz mit der Eleganz eines Schwans und der Leichtigkeit eines Schmetterlings und lief auf den Zehenspitzen wie ein Balletttänzer. In den vielen Jahren seiner Fußballausbildung bei Ajax hatte Marco van Basten von seinem Meister Johan Cruyff gelernt, das Spiel vorauszusehen, den Verteidigern die Zeit zu nehmen und mit außergewöhnlichem Timing vor allen anderen am Ball zu sein.

Seine Finten, seine Ballberührungen, seine Roulettes, seine Kopfbälle und seine präzisen Vorlagen, mit denen er seine Mitspieler freispielte, waren wie auf die Leinwand gemalt. Seine Tore, akrobatisch, mit purer Technik oder Kraft, erzielt nach einem Spielzug oder nach einem Freistoß, verzaubern einen noch heute, wenn sie einem zufällig auf YouTube oder TikTok in die Timeline gespült werden. Oder wenn man danach sucht (es lohnt sich immer!).

In unserer Hall of Fame der legendärsten Fußballer der Geschichte darf Marco van Basten, der raffinierteste Mittelstürmer des modernen Fußballs und einer der Besten überhaupt, natürlich nicht fehlen. Perfektionist, Siegertyp (24 Mannschaftstitel in seiner Karriere, dazu acht persönliche Auszeichnungen als Torschützenkönig, ein Goldener Schuh und drei Ballon d'Ors, wie Cruyff und Michel Platini), spektakulär, von seinen Fans geliebt, aber auch vom Pech verfolgt, leidend und melancholisch, als ihn Probleme mit dem "verfluchten" rechten Knöchel in den vorzeitigen Ruhestand zwangen.

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    Marco van Basten: Spektakuläre Tore, unvergessliche Bilder

    Von seiner Glanzleistung gegen die UdSSR im Finale der Europameisterschaft 1988 bis zu seiner herzzerreißenden Abschiedstournee im Stadio Meazza am 18. August 1995 ist die Karriere des "Schwans aus Utrecht" reich an unvergesslichen Momenten, die für immer in die Geschichte des Fußballs eingehen werden.

    Da sind zunächst einmal seine Tore. Viele und wunderschöne, die er auf alle möglichen Arten erzielte. Insgesamt 314, davon 277 für Vereinsmannschaften, 24 für die niederländische A-Nationalelf und 13 für die U21-Nationalmannschaft. Sorgfältig notiert in seinen Notizbüchern, wie es ihm sein Vater Joop beigebracht hatte.

    Da ist vor allem sein wohl schönstes Tor, manche sagen sogar das schönste Tor überhaupt, das er im wichtigsten Spiel der Niederlande, dem EM-Endspiel 1988, erzielt: Es läuft die 54. Minute, Oranje führt bereits mit 1:0 dank eines Kopfballs von Ruud Gullit, der eine Flanke van Bastens geschickt verwertet, als dieser beschließt, in die Fußballgeschichte einzugehen.

    Muhren schlägt von links eine lange Flanke auf den zweiten Pfosten. Der Ball fliegt über Gullit hinweg, der in der Mitte des Strafraums steht, und erreicht van Basten, der sich sehr weit außen im Strafraum befindet. Alle denken an eine Flanke in die Mitte, doch der Mittelstürmer trifft mit einem spektakulären und kraftvollen Volleyschuss. Dieses Tor sicherte den Niederlanden ihren ersten (und bislang einzigen) internationalen Erfolg.

    Was Technik und Spektakel angeht, sind mindestens zwei weitere Tore zu erwähnen. Das erste erzielte er als junger Spieler in der Eredivisie im Trikot von Ajax am 9. November 1986 und ist "ein Bild der Schönheit", wie van Basten selbst es definiert. Van't Schip nach rechts auf Wouters, der einen Rückpass in den Strafraum spielt. Van Basten bugsiert den Ball mit einem atemberaubenden Fallrückzieher den Winkel.

    So beschreibt der Stürmer diesen Treffer in seiner Autobiografie Fragile: "Ich weiß, was ich tun werde, aber ich weiß noch nicht, ob das Ergebnis akzeptabel sein wird. Es könnte auch schiefgehen. Es ist eine zurückgezogene Flanke, daher gibt es nur wenige Optionen. Es gibt immer noch den Kopfball, aber meine Lösung ist wahrscheinlich besser. Der Ball schwebt in der Luft... [...] Ich nutze meine Geschwindigkeit, drehe mich sofort um und schaffe es, rückwärts in der Luft zu bleiben. Das ist Hochleistungsgymnastik. Normalerweise nehme ich mit dem rechten Bein Anlauf, um zu springen, diesmal mit dem linken... [...] Es ist ein prekäres Gleichgewicht, in dem alles wieder zusammenkommen muss. Man kann ihn reinmachen oder sich das Genick brechen. Und am Ende kommt die Drehung... […] Ich schieße mit rechts... […] Ich lande gut, auf einem Arm. Ich berühre den Boden wieder in dem Moment, in dem der Ball im Netz zappelt."

    Was akrobatische Einlagen angeht, muss man natürlich auch seine Glanzleistung im Milan-Trikot im Champions-League-Spiel gegen IFK Göteborg am 25. November 1992 im Stadio Meazza erwähnen. Van Basten ist in diesem Spiel einfach umwerfend, wie ein Wirbelsturm, der über die unglücklichen Schweden und den armen Torwart Ravelli hereinbricht. Er netzt vierfach, wobei das dritte Tor das schönste des Abends und wahrscheinlich das spektakulärste ist, das jemals im Trikot der Rossoneri erzielt wurde.

    Es ist die 61. Minute, Milan führt bereits mit 2:0, und Eranio dringt auf der rechten Seite in den Strafraum ein und schlägt dann eine Flanke in den Rücken der Abwehr. Van Basten liest wie immer die Flugbahn perfekt und schießt den Ball mit einem Scherenschlag unhaltbar für Ravelli ins linke Eck. Ein Meisterwerk an Timing, Präzision und Koordination.

    Aber die Fußballikonografie van Bastens umfasst noch viele andere Momente und einen Wirbelwind an Emotionen. Von seinem Debüt in der ersten Mannschaft von Ajax, als er sein Idol Johan Cruyff von der Bank aus ablöst, über seinen unvermeidlichen Sprung, um Schwung zu holen, bevor er einen Elfmeter schießt, bis hin zu den Grimassen des Schmerzes, als sein Knöchel ihm keine Ruhe gönnt, bis schließlich zu seinen Tränen nach den sportlichen Niederlagen bei der EM 1992 gegen Dänemark im Halbfinale im Elfmeterschießen und nach dem verlorenen CL-Finale 1993. Am 18. August 1995 hingegen war er es, der alle Milan-Fans zu Tränen rührte. In einer herzzerreißenden Runde um den Platz, bekleidet mit einer Jacke aus Wildleder, verabschiedete sich der Mann, der so viele Kinder für den Fußball begeistert hatte, im Alter von nur 30 Jahren für immer vom Fußball. Da hatte er schon fast zwei Jahre nicht mehr gespielt.

    "Vor den Augen von 80.000 Menschen bin ich Zeuge meines Abschieds. Marco van Basten, der Fußballer, existiert nicht mehr", schrieb er in seiner Autobiografie. "Ihr seht jemanden, der nicht mehr da ist. Ihr applaudiert einem Geist. Ich renne und klatsche, aber ich bin schon nicht mehr da... […] Aus der Tiefe steigt Traurigkeit auf. Sie überkommt mich. Der Chor und der Applaus dringen durch meine Rüstung. Ich möchte weinen, aber ich kann hier nicht wie ein Kind in Tränen ausbrechen. Ich bemühe mich, ruhig zu bleiben... [...] Ich höre auf zu laufen und zu klatschen, die Runde ist zu Ende. Etwas hat sich verändert, etwas Grundlegendes. Fußball ist mein Leben. Ich habe mein Leben verloren. Heute bin ich als Fußballer gestorben. Ich bin hier, Gast auf meiner eigenen Beerdigung."

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    Wie alles begann: Eingewechselt für sein Idol

    Marco van Basten, mit bürgerlichem Namen Marcel, wurde am 31. Oktober 1964 in Utrecht geboren. Die Leidenschaft für den Fußball wurde ihm von seinem Vater Joop vermittelt, einem ehemaligen Fußballer, der einen niederländischen Meistertitel gewann und ihn schon als Kind zum Fußballspielen brachte.

    Mit sechs Jahren begann Marco seine Karriere bei Edo (1970-1971), wechselte dann zu UVV (1971-1980) und spielte eine Saison lang für Elinkwijk (1980/81), allesamt Vereine aus seiner Heimatstadt. Er spielte meist gegen ältere Jungs, die versuchten, ihn mit erlaubten und nicht erlaubten Mitteln zu stoppen. Es gelang ihnen fast nie.

    1981, im Alter von 16 Jahren, wurde er in die Jugendabteilung von Ajax aufgenommen. Am 3. April 1982 debütiert er in der ersten Mannschaft gegen NEC und es wird sofort klar, dass er ein Ausnahmetalent ist: Er ersetzt sein Idol Johan Cruyff und erzielt das erste Tor seiner Profikarriere. Cruyff wird später sein Trainer. 152 Tore in 172 Spielen erzielt er bei Ajax, holt drei niederländische Meisterschaften, drei Pokalsiege und den Europapokal der Pokalsieger 1986/87.

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    Lichtgestalt bei der besten Mannschaft der Welt

    Bei Ajax wurde van Basten zum Star. In Italien, bei Milan in der Serie A, die damals als die beste Liga der Welt galt, entwickelte sich van Basten zu einer echten Legende. Zunächst unter dem Revolutionär Arrigo Sacchi, zu dem er eine Hassliebe entwickelte, dann unter Fabio Capello, wird van Basten schnell zum idealen Vollstrecker eines nahezu perfekten Spielsystems.

    Selbst mit seinem ständig bandagierten und oft schmerzenden rechten Knöchel interpretiert er die Rolle des Mittelstürmers neu, beweist, dass er auch als hervorragender Vorbereiter agieren kann, verzaubert und gewinnt alles: Drei Meisterschaften als Protagonist (1987/88, 1991/92, 1992/93), zwei italienische Supercups (1988 und 1992), zwei Landesmeister-Cups (1988/89 und 1989/90), zwei europäische Supercups und zwei Weltpokale (1989 und 1990). Milan ist damals, Ende der 1980er-Jahre, die beste und aufregendste Mannschaft der Welt, die den modernsten Fußball spielt. Und van Basten ist ihre absolute Lichtgestalt.

    Zweimal wurde er Torschützenkönig der Serie A (1989/90 und 1991/92) und einmal (1988/89) Torschützenkönig des Europapokals der Landesmeister (zehn Tore). Dreimal wurde er mit dem Ballon d'Or ausgezeichnet (1988, 1989, 1992).

    1994 wurde er noch mal Meister und Champions-League-Sieger, aber als Zuschauer: Seine ewigen Verletzungen hatten ihn, den gerade 28-Jährigen, seit Sommer 1993 zum Zuschauen verdammt. Davor gelangen ihm 125 Toren und 49 Vorlagen in 201 offiziellen Spielen im Trikot der Rossoneri, bis heute ist er einer von nur zwei Spielern, der gegen jeden seiner Gegner in der Serie A mindestens ein Tor erzielte.

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    Van Bastens letztes Spiel: Traurige fünf Minuten in München

    Was van Basten stoppte und ihn zu einem vorzeitigen Rücktritt zwang, war nicht ein Gegner, sondern körperliche Probleme, in seinem Fall sein dauerlädiertes rechtes Sprunggelenk, das die Ärzte nicht heilen konnten.

    ImDezember 1992, am Tag nachdem er seinen dritten Ballon d'Or erhalten hatte, ließ er sich in Sankt Moritz am rechten Knöchel operieren, doch statt den Stürmer wieder in Topform zu bringen, war dies der Beginn einer langen und schmerzhaften Leidenszeit.

    Er fehlte bis Frühling 1993, spielte noch gegen Udinese, Ancona (wo er das letzte Tor seiner Karriere in einem Pflichtspiel erzielte) und Rom, litt Schmerzen, biss die Zähne zusammen, war aber nicht mehr derselbe Spieler wie zuvor. Das unglückliche Finale in der Champions League gegen das Olympique Marseille von Franz Beckenbauer, Rudi Völler und Abedi Pele in München, in dem allen klar wird, dass er will, aber nicht kann, ist der letzte Auftritt des Stürmers aus Utrecht auf dm Platz.

    In der 85. Minute, Milan liegt mit 0:1 zurück, holt Capello ihn von der Bank. Es bleibt bei dem Ergebnis. Mit diesen traurigen fünf Minuten im Olympiastadion - dort, wo er 1988 sein Jahrhunderttor erzielt hatte - endet van Bastens Zeit als aktiver Spieler. Die Flügel des "Schwan von Utrecht", des zerbrechlichen Stürmers, "elegant, aber rätselhaft", wie er sich selbst bezeichnete, waren für immer gebrochen.