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Eine Besonderheit unterscheidet ihn von allen Ikonen: Ronaldo war der Star, der den Fußball für immer verändert hat - Hall of Fame Vol. I

Unsere "Hall of Fame" mit den legendärsten Fußballspielern aller Zeiten zu füllen, stellt uns vor eine schwierige Wahl zwischen den Ausnahmekönnern, die den Fußball in den ersten rund 150 Jahren seines Bestehens geprägt haben. Ohne den anderen Stars der Geschichte etwas absprechen zu wollen, haben wir uns daher entschlossen, mit der Ikone zu beginnen, die das Ende des letzten Jahrtausends und den Beginn des neuen geprägt hat: Ronaldo.

Ronaldo hat eine Besonderheit, die ihn von anderen unterscheidet: Jeder Fußballfan über 35, auch die weniger begeisterten, aber sicher auch viele jüngere, sollten in der Lage sein, aus dem Stand die wichtigsten Momente der Karriere des Fenomeno zu beschreiben. Seine Taten (Plural!) haben sich ins kollektive Gedächtnis des Fußballs eingebrannt.

  • Fünf Momentaufnahmen, die uns als erste in den Sinn kamen, aus einer Karriere voller epischer, unvergesslicher und vor allem ikonischer Bilder.

    Denn Ronaldo war noch mehr als der große Fußballer, der er war. Er war die Ikone eines Fußballs im Wandel, sowohl in technischer, athletischer, als auch in wirtschaftlicher Hinsicht. Eine Transformation, die in gewisser Weise von dem Jungen aus Bento Ribeiro, der zwischen staubigen Straßen und pulsierendem Leben aufgewachsen war, angeführt wurde.

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  • Ronaldo PSV EindhovenGetty Images

    Wäre Ronaldos Karriere auch ohne seine Verletzungen denkbar?

    Über den brasilianischen Starspieler zu schreiben, ohne in Plattitüden zu verfallen, ist ein schwieriges Unterfangen: Über Ronaldo wurde schon viel geschrieben und gesagt, aber eine der wohl unpopulärsten Überlegungen, die man über ihn anstellen kann, ist folgende: Wäre das Bild, das Ronaldo in der kollektiven Vorstellung hinterlassen hat, auch ohne die körperlichen Probleme, die seine Karriere unweigerlich beeinträchtigt haben, dasselbe geblieben? Es gibt diejenigen, die behaupten, dass es gerade diese Aura des "Was wäre wenn", des "Was hätte sein können, wenn..." war, die ihn zu einer unsterblichen Ikone gemacht hat. Eine unpopuläre Meinung, wie bereits gesagt, aber eine Überlegung, die sicherlich – wenn auch nur in geringem Maße – dazu beigetragen hat, den Mythos eines Fußballers weiter zu stärken, der trotz allem wie nur wenige andere in der Geschichte dieses Sports seine Spuren hinterlassen hat.

    Als er sich 1994 überraschend, obwohl von Milan und Barcelona umworben, für PSV Eindhoven (wie einst auch Romario) entschied, bewiesen er und sein Umfeld eine bemerkenswerte Weitsicht. Die beiden Spielzeiten in der Eredivisie ermöglichten es ihm, sich an den europäischen Fußball zu gewöhnen. Und er musste nicht sofort alles gewinnen. Wie Ronaldo selbst mehrfach erzählt hat, war die Eingewöhnung in den Niederlanden nicht ganz einfach, aber die Möglichkeit, auf dem Platz gegen sicherlich leichter zu besiegende Gegner den Unterschied zu machen, half ihm, jedem Anflug von Saudade zu widerstehen.

    Die beiden Jahre in den Niederlanden, auch wenn das zweite von einer Knieverletzung geprägt war, die ihn für die Hälfte der Saison außer Gefecht setzte, öffneten ihm die Türen für den großen Sprung. Jetzt war Ronaldo bereit für Barcelona. Die Saison in Katalonien war in der Tat einzigartig und unvergesslich: 34 Tore in 37 Ligaspielen, 47 Treffer in insgesamt 49 Pflichtspielen, atemberaubende Leistungen, außerirdische Beschleunigungen, Tore über Tore und die vorher so noch nie gesehene Fähigkeit, auch nach einem Hochgeschwindigkeits-Dribbling den Torwart zu überwinden. Tor um Tor, Rekord um Rekord und ein Ballon d'Or, der bereits im Mai sicher war und im November, als er bereits Spieler von Inter Mailand war, in Frankreich abgeholt wurde.

  • Ronaldo Inter 97' 98'Getty Images

    Die Jahre bei Inter Mailand: Pein und Freude

    Aber gerade in den Jahren, in denen er das Trikot von Inter trug, erlebte der damalige Weltrekordspieler Ronaldo seine dramatischsten Momente. Angefangen mit seinem bis heute rätselhaften Zusammenbruch wenige Stunden vor dem Finale der Weltmeisterschaft 1998 in Frankreich, als seine Mannschaftskameraden Angst um sein Lebern hatten; über die schreckliche doppelte Knieverletzung zwischen 1999 und 2000, die seinen Aufstieg endgültig bremste, bis hin zu den Tränen auf der Bank des Olympiastadions in Rom, als er den Scudetto in letzter Minute noch aus den Händen gleiten sah.

    Aber genau wie die gegnerischen Verteidiger konnte auch das Pech das Phänomen nicht zu 100 Prozent aufhalten. Immer wieder rappelte er sich auf, immer wieder eroberte er alles zurück, ehe er schließlich als absoluter Anführer und Antreiber 2002 die zweite Weltmeisterschaft nach 1994 gewann.

    Ronaldo war einer der wenigen Fußballer (wir können sie an einer Hand abzählen), die in der Lage waren, Spiele im Alleingang zu entscheiden, Konkretes mit Spektakulärem zu verbinden und atemberaubende Kunststücke zu zeigen, ohne jemals das Wesentliche aus den Augen zu verlieren: das Tor, das Endergebnis.

    Ein Spieler mit einer überwältigenden Effizienz, aber auch schön, wunderschön anzusehen. Und er bewegte sich mit einer Geschwindigkeit, die für seine Zeit fast mythisch war. Aber auch als seine sprichwörtliche Schnelligkeit – am Ende seiner Karriere – nachließ, gelang es Ronaldo, Spuren zu hinterlassen (und was für Spuren!), indem er in seine Heimat zurückkehrte und mit außergewöhnlichen Toren zu einem historischen Doppeltriumph beitrug, der in die Geschichte von Corinthians eingegangen ist.

  • Ronaldo Brazil Germany 2002 World Cup finalGetty

    Ronaldo, ein Symbol für Befreiung und Widerstandskraft

    Hartnäckigkeit, Entschlossenheit, die Fähigkeit, wieder aufzustehen, und der Mut, nie aufzugeben: Ronaldo ist ein außergewöhnliches Beispiel für diese vier Eigenschaften, die große Sportler auszeichnen.

    Die Geschichte seiner Karriere ist in der Tat eine Geschichte der Wiedergutmachung, die mit dem klassischsten aller Klischees begann: Das eines Jungen, der unter tausend Schwierigkeiten aufwuchs, dem Ruhm beschert wurde, der bis zum Glanz von Paris führte, als Ronaldo 2002 völlig verändert vor das große Publikum trat. Als ein Spieler, der eine andere Geschichte zu erzählen hatte als beim ersten Mal, aber wieder mit dem Ballon d'Or in der Hand, der begehrtesten Auszeichnung für jeden Fußballer.

    Nach der schrecklichen doppelten Knieverletzung wieder aufzustehen, wäre für jeden schwer gewesen, aber Ronaldo hat es geschafft, nicht aufzugeben, an sich zu glauben und der Versuchung zu widerstehen, aufzugeben, als alles schon verloren schien. Doch wie ein echter Raubvogel nutzte er die Gelegenheit, als die FIFA beschloss, vor der WM 2002 die Kadergrößen der Mannschaften um einen Spieler auf 23 zu vergrößern - offenbar, um Brasilien und Italien die Nominierung von Ronaldo und Roberto Baggio zu ermöglichen (nur Brasiliens Trainer Luiz Felipe Scolari nutzte es).

    Diese Chance nutzte Ronaldo, eine Weltmeisterschaft als absoluter Protagonist zu gewinnen, wie es zuvor vielleicht nur Diego Armando Maradona 1986 gelungen war. Und das mit dieser, gelinde gesagt, einzigartigen Frisur.

  • Ronaldo 1998Getty Images

    Ronaldo: Eine Ikone auch außerhalb des Platzes

    Wir haben Ronaldo als Ikone bezeichnet und diesen Artikel mit den denkwürdigsten Momenten seiner Karriere begonnen. Denn Ronaldo war wie vielleicht kein Fußballer vor ihm auch ein wichtiges Symbol.

    Seine Werbekampagnen, die ihn untrennbar mit Marken wie Nike und Pirelli verbunden haben, haben ihn beispielsweise auch bei denen populär gemacht, die sich kaum für Fußball interessierten.

    Unvergesslich war auch seine Entscheidung, die Rechte für seinen Namen nicht für FIFA 99, die wahrscheinlich für immer beliebteste Edition des Videospiels, nicht zu vergeben. Ronaldo hatte nämlich die Exklusivrechte für die Verwendung seines Namens an das Videospiel Ronaldo V-Football vergeben, und bis 2001 durfte niemand anderes seinen Namen verwenden.

    Also durfte Ronaldo bei FIFA weder Nazario, noch Luis, geschweige denn De Lima oder Ronaldo heißen. Und so spielte eben bei FIFA für zwei Jahre ein "A. Calcio" bei Inter Mailand. Und wenn er am Ball war, wurde er schlicht "Number 9" genannt.

    Es war die Geburtsstunde von R9. Und wenige Jahre später war Ronaldo Number Nine zu einem der Merkmale, mit denen man ihn von dem anderen Ronaldo unterscheiden konnte. Auch wenn diejenigen, die ihn aus nächster Nähe spielen sahen, ihn immer noch lieber einfach "Il Fenomeno" (das Phänomen) nennen. Denn das war er. Trotz allem. Ein Phänomen.

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