Olympique Marseilles Präsident Pablo Longoria hat den Schiedsrichtern in Frankreich "Korruption" vorgeworfen. Nach der 0:3-Pleite gegen AJ Auxerre am vergangenen Samstag ließ er sich zu einem Wutausbruch hinreißen. Auch Trainer Roberto De Zerbi sah sich ungerecht behandelt und kündigte drastische Konsequenzen an.
Getty Images"Dann verlassen wir die Liga sofort": Olympique Marseilles Präsident Pablo Longoria rastet in den Katakomben aus
WAS WURDE GESAGT?
Ein Video zeigt, wie sich Longoria in den Katakomben des Auxerre-Stadions immer mehr in Rage redete. Seiner Meinung nach hätte Schiedsrichter Jérémy Stinat nach einem vermeintlichen Foul an Quentin Merlin Elfmeter pfeifen müssen und Marseilles Derek Cornelius nach dessen überhartem Einsteigen nicht die Rote Karte zeigen dürfen.
Demnach habe er nach der Szene mit "vier europäischen Schiedsrichtern" Kontakt gehabt, die ihm bestätigt haben sollen, dass Merlin ein Elfmeter zugesprochen hätte bekommen müssen. "Und das Schockierendste ist die rote Karte für Cornelius. Das ist Korruption! So etwas habe ich noch nie gesehen", brüllte Longoria zudem: "Es ist vorbestimmt, es ist einseitig. Das ist eine schreckliche Meisterschaft. Wenn OM ein Angebot für die Super League erhält, verlassen wir die Liga sofort!"
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AFPWAS IST PASSIERT?
Zustimmung erhielt der Spanier vom ehemaligen OM-Stürmer Fabrizio Ravanelli, der die Schiedsrichterleistung als "skandalös" bezeichnete, und Coach De Zerbi. "Ich bin Italiener, und nach meiner Zeit bei Olympique de Marseille werde ich nicht mehr in Frankreich coachen. Das Problem liegt in der Liga. Wenn diese Schiedsrichteransetzung die Franzosen zufriedenstellt, dann sollen sie glücklich sein. Aber heute war es inakzeptabel", tobte dieser auf der anschließenden Pressekonferenz.
Dass Stinat die Partie leitete, ist tatsächlich sehr brisant. Er war es, der die dreimonatige Sperre des sportlichen Leiters Medhi Benatia zu verantworten hat. Als damals vierter Offizieller hatte der Schiedsrichter den ehemaligen Verteidiger des FC Bayern München beschuldigt, eine bedrohliche Körpersprache an den Tag gelegt zu haben.
Daher hatte Marseille schon vor dem Spiel Zweifel geäußert, ob Stinat die richtige Wahl für die Partie bei Auxerre sei und dessen Neutralität infrage gestellt. "Der Schiedsrichter war aufgrund der jüngsten Kontroversen für ein so wichtiges Spiel nicht geeignet. Kein Mitglied des Schiedsrichterteams war für ein Spiel dieser Bedeutung auf dem erforderlichen Niveau. Die Rote Karte für Cornelius spiegelt die Schwächen des französischen Fußballs auf internationaler Ebene wider", sagte De Zerbi.
DIE REAKTION:
Die Aussagen Longorias könnten derweil die nächste Sperre für einen OM-Verantwortlichen nach sich ziehen. In den kommenden Tagen soll der Disziplinarausschuss eine Entscheidung über die Konsequenzen fällen. Stinats Schiedsrichter-Kollege Jérôme Brisard kündigte zudem eine Verleumdungsklage an, bereits am Montag würden die Ligue-1-Spielleiter vor Gericht ziehen.
"Das Wort 'Korruption' wurde benutzt. Es wurde eine rote Linie überschritten, das ist inakzeptabel", sagte Brisard und betonte: "Alle Hauptschiedsrichter der Ligue 1 werden eine Klage wegen Verleumdung einreichen. Es darf nicht vergessen werden, dass Profi- und Amateurschiedsrichter nur in einem sicheren Umfeld arbeiten wollen."
Verbandspräsident Philippe Diallo stellte sich zudem hinter die Schiedsrichter. Er verurteilte "die Äußerungen mit größter Schärfe" und sprach Stinat seine "volle und unerschütterliche Unterstützung" aus. Der FFF-Boss ergänzte: "Die Integrität unserer Schiedsrichter infrage zu stellen, ist verleumderisch, inakzeptabel und verurteilenswert. Solche Äußerungen schädigen ernsthaft das Image unserer Meisterschaft. Jetzt mehr denn je ist die Mission der Schiedsrichter auf allen Spielfeldern, sowohl professionell als auch amateurhaft, entscheidend. Als Partner des öffentlichen Dienstes und Verteidiger der Werte und der Integrität unseres Sports müssen die Schiedsrichter wissen, dass die FFF hinter ihnen steht und ihre Verteidigung und ihren Schutz sicherstellen wird."
AFPWIE GEHT ES WEITER?
Ob auch De Zerbi eine Sperre befürchten muss, ist derzeit noch nicht bekannt. Am Sonntag, wenn Nantes in Marseille zu Gast ist, muss er seine Mannschaft jedenfalls zurück in die Erfolgsspur bringen. Nach der Niederlage vom Wochenende beträgt der Rückstand auf Spitzenreiter PSG bereits 13 Punkte.
Viel wichtiger dürfte OM aber die direkte Champions-League-Qualifikation sein. Der Vorsprung des Tabellenzweiten auf die Verfolger OGC Nizza und OSC Lille beträgt nur noch drei bzw. fünf Zähler. In Frankreich kommen nur die besten drei Teams ohne Umweg in die Königsklasse.



