HARRY KANE BAYERN MÜNCHEN IMAGO / kolbert-press

Auch wenn es Harry Kane nicht gefällt: Vincent Kompany muss beim FC Bayern München weniger Risiko eingehen

Der FC Bayern München ist in Europa derzeit das Maß aller Dinge. Das ist auch ein Verdienst von Harry Kane, der den deutschen Rekordmeister beim 3:0-Sieg über Eintracht Frankfurt für kurze Zeit in Schockstarre versetzte. Die bangen Minuten muss sich vor allem Vincent Kompany auf die Fahne schreiben. 

Indes avancierte Luis Diaz zum Matchwinner, während die Defensive in einem Punkt zumindest für ein wenig Hoffnung bei der Konkurrenz gesorgt haben dürfte. 

  • Harry Kane darf sich nicht böse verletzen

    Es waren 80 Minuten gespielt, als Kane mit schmerzverzerrtem Gesicht auf dem Boden saß. Der Engländer musste nach einem harten Treffer von Eintracht-Keeper Kaua Santos am Knöchel behandelt werden, humpelte zunächst vom Spielfeld und biss dann nochmal auf die Zähne. Kurz darauf sah sich Kompany aber zum Handeln gezwungen und brachte Nicolas Jackson. Die Leihgabe des FC Chelsea gilt zwar offiziell als Offensiv-Allrounder. Für die Verpflichtung sprach aber vor allem, dass er den in der Vorsaison vermissten Kane-Backup geben kann. 

    Immerhin gab Kane nach Abpfiff Entwarnung und meldete sich auch für die anstehenden Länderspiele der englische Nationalmannschaft fit. Dennoch war es höchst fragwürdig, dass Kompany jeglicher Verletzungsgefahr nicht schon vorher vorgebeugt hatte. Schließlich war die Messe gegen ein Frankfurt, das sich spätestens nach der Pause spürbar aufgegeben hatte, längst gelesen. Die Hessen kamen mit der Ausnahme eines Distanzschusses nach dem Seitenwechsel nicht mehr gefährlich vor das Münchner Tor, während die Bayern beim Stand von 2:0 längst auf Verwaltungsmodus umgeschaltet hatten.

    Obwohl die Bayern mit zehn Siegen aus den ersten zehn Saisonspielen auf vereinsinterner sowie europäischer Ebene historisch gut gestartet sind und mit 25 Toren in sechs Partien auch noch Bundesliga-Geschichte schrieben, ist Kane schlichtweg unverzichtbar. Ein (langfristiger) Ausfall wäre ohne jegliche Übertreibung eine Hiobsbotschaft - und dieser Gefahr sollte sich Kompany bewusst sein, auch wenn dem Rekordjäger frühe Auswechslungen nicht sonderlich gefallen dürften. 

    Durch sein elftes Saisontor zum zwischenzeitlichen 2:0 trug sich Kane abermals in die Geschichtsbücher des deutschen Oberhauses ein. Hinzu kommen sechs Treffer in den Pokalwettbewerben und drei Assists. Kane ist in Bayerns aktueller Spielweise mit Serge Gnabry hinter ihm deutlich mehr als ein Strafraumstürmer, auch gibt er in manchen Situationen den Spielmacher aus dem Halbfeld. 

    Dass Kompany die Belastungssteuerung in dieser Saison eigentlich wie kaum ein anderer Trainer in Europa beherrscht, stellt er seit Wochen unter Beweis. Zuletzt lief die Rotationsmaschine unter dem Belgier auf Hochtouren. Nur Kane und Luis Diaz standen bislang in jedem Pflichtspiel in der Startelf, was sich beide freilich verdienen. Während beispielsweise Gnabry oder Lennart Karl auf dem linken Flügel einspringen könnten, stellt Jackson aber noch keine ernsthafte Alternative zu Kane dar. 

    Nur unter der Woche beim 5:1 gegen Pafos, den schwachen Champions-League-Vertreter aus Zypern, präsentierte Jackson erstmals seinen Torriecher. Vom "besten Harry Kane, den es jemals gegeben hat" (Christoph Freund nach Spielende in der Sendung "Sky90"; Anm. d. Red.), ist er allerdings noch meilenweit entfernt. Umso mehr ist dessen Gesundheit von Bedeutung, die an solchen Tagen wie in Frankfurt nicht aufs Spiel gesetzt werden sollte.

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  • Harry Kane Luis DiazGOAL/Getty

    Nicht nur torgefährlich: Luiz Diaz rechtfertigt seine Ablösesumme immer mehr

    Diaz, der zweite Münchner Dauerbrenner neben Kane, nähert sich ebenfalls seiner Top-Form. Mit seinem überragenden Auftritt am Main dürften auch seine letzten Kritiker verstummen. Was wurde nicht alles über die vermeintlich zu hohe Ablösesumme (70 Millionen Euro) gesagt und geschrieben, die von München nach Liverpool floss. Während die Reds noch auf den Impact ihrer Rekordtransfers Florian Wirtz und Alexander Isak warten, ist der Kolumbianer jedoch längst bei seinem neuen Verein angekommen.

    Gegen die Eintracht erzielte Diaz nicht nur seine Treffer vier und fünf in der Bundesliga, sondern glänzte zum vierten Mal als Assistgeber. Kein anderer FCB-Profi gab bisher mehr Vorlagen. Vielmehr als seine nun insgesamt neun Torbeteiligungen hat allerdings das Kämpferherz des 28-Jährigen die Säbener Straße im Sturm erobert.

    "Ich finde es bemerkenswert, wie er sich in den Dienst der Mannschaft stellt und verteidigt. Er legt eine unfassbare Bereitschaft an den Tag. Das haben wir uns gewünscht: dass er seine Qualitäten nach vorne einbringt und auch defensiv eine Stütze ist", sagte Sportvorstand Max Eberl über seinen Königstransfer im Sommer nach dem Spiel. Aussagen, die sich auch in den Statistiken von Diaz am Samstag widerspiegelten. Gemeinsam mit Kampfschwein und Defensiv-Allrounder Konrad Laimer führte er die meisten Zweikämpfe (elf) und kam als Balldieb ebenfalls auf einen Topwert der Bayern (acht). 

    Schon im Vorfeld der Partie gegen Pafos hatte Eberl in diese Kerbe geschlagen, als er über Diaz redete, der aus ärmlichen Verhältnissen stammt und sein Durchsetzungsvermögen auf den Straßen Kolumbiens lernte. "Lucho" würden insbesondere zwei Worte beschreiben: "Kämpfen und Demut. Dann eine unglaubliche Fröhlichkeit. Was er auf dem Platz macht, seine Verlässlichkeit und wie er arbeitet", erklärte er. "Er ist gekommen und wollte weitere Titel feiern in einem anderen Land. Dementsprechend bringt er nochmal ganz neue Energie dazu, zu den anderen Jungs, die schon da waren."

    Kompany lobte Diaz nach dem Frankfurt-Spiel bei Sky außerdem dafür, dass er "in jedem Moment, wenn wir eine Chance haben", seine Finger im Spiel habe. "Diese Aktivität strahlt natürlich die Mannschaft aus, aber dann brauchst du auch Spieler wie 'Lucho', die das jede Woche bringen." Derweil dürften in Liverpool die Stimmen lauter und sich die Augen gerieben werden, warum man Diaz überhaupt abgegeben hat. Jener ist wenige Woche nach seiner Ankunft in München zum Liebling avanciert - der vieldiskutierte Transfer entpuppt sich immer mehr als Glücksgriff für alle Beteiligten. 

  • FC Bayern München offenbart der Konkurrenz einen kleinen Lichtblick

    Einen kleinen Lichtblick für die Konkurrenz schenkten die Bayern trotz des letztlich ungefährdeten Erfolgs in Frankfurt dennoch her: Nach dem frühesten Tor der noch jungen Saison hatte die Eintracht vor dem Seitenwechsel durchaus die Chance, zum Ausgleich zu kommen.

    Bis zum vorzeitigen Knockout, dem 2:0 in Minute 27, stellte das hohe Pressing der Gastgeber die FCB-Defensive vor nicht von der Hand zu weisende Probleme. Jonathan Burkardt, Jean-Matteo Bahoya, Can Uzun und Ritsu Doan drängten die Viererkette in dieser Phase bis an die Strafraumkante zurück, woraus gefährliche Ballverluste resultierten. Ein Produkt daraus war auch die größte Frankfurter Chance des Spiels (9.).

    Leidtragender der Szene war Dayot Upamecano, der sich seit langer Zeit mal wieder einen seiner gefürchteten Aussetzer leistete und den Ball in der Vorwärtsbewegung verlor. Die sonst so zuverlässige Ordnung der vergangenen Wochen war dahin, ehe der Ball über Umwege bei Doan landete. Manuel Neuer verhinderte den Ausgleich mit einer Glanzparade in höchster Not. Es folgten weitere Vorstöße mit diesem Ursprung, die aber rechtzeitig im Keim erstickt wurden. Dem wegen Handspiel zurückgenommenen Tor von Bahoya (14.) war hingegen ein langer Ball vorausgegangen, der Aushilfs-Linksverteidiger Laimer in die Bredouille brachte. 

    Aufgrund der wilden Minuten zwischen den beiden Treffern gab auch Jonathan Tah offen zu, dass die Bayern trotz der schnellen Führung "schwierig ins Spiel reingestartet" seien. Freilich darf dieser kurze Kontrollverlust nicht an die große Glocke gehängt werden, an der Konkurrenz ist er aber mit Sicherheit nicht vorbeigegangen. Schon gar nicht an Verfolger Borussia Dortmund. Nach der Länderspielpause kommt es schließlich zum direkten Duell der Erzrivalen. 

  • Vincent KompanyGetty

    FC Bayern München, Spielplan: Die nächsten Spiele des FCB

    DatumUhrzeitBegegnung
    Samstag, 18. Oktober18.30 UhrFC Bayern - Borussia Dortmund (Bundesliga)
    Mittwoch, 22. Oktober21.00 UhrFC Bayern - Club Brügge (Champions League)
    Samstag, 25. Oktober15.30 UhrBorussia Mönchengladbach - FC Bayern (Bundesliga)