Auch im Visier von Real Madrid? So gut ist Judes Bruder Jobe Bellingham wirklich

Nicht nur sein ältere Bruder hat die Erwartungen an den Sunderland-Spieler hochgeschraubt. Der Vater der beiden, Mark, war selbst ein erfolgreicher Fußballer im Amateur-Bereich. Bellingham Sr. war von Beruf Polizeibeamter und machte sich einen Namen als einer der erfolgreichsten Torjäger der nicht professionell organisierten fünften englischen Liga, der in seiner über 20-jährigen Karriere über 700 Treffer erzielte.

Sein 700. Tor erzielte er 2016 für die Paget Rangers, als er einen herrlichen Freistoß gegen Fairfield Villa verwandelte. Nach dem Spiel sagte er bescheiden zur Non-League Paper: "Die meisten der 700 Treffer waren aus kurzer Distanz, also denke ich, dass ich meinen Mitspielern im Laufe der Jahre viel mehr schulde als sie mir!"

Als Bellingham Sr. das Ende seiner glanzvollen Torjägerkarriere erreichte, durchliefen seine beiden Söhne die Akademie von Birmingham City. Während Jude im Alter von nur 16 Jahren regelmäßig für die erste Mannschaft auflief und seine Rückennummer nicht mehr vergeben wurde, seit er 2021 zu Borussia Dortmund wechselte, war die Entwicklung seines Bruders Jobe etwas langsamer.

Zu Beginn der Saison 2021/22 saß er bei zwei Carabao-Cup-Spielen Birminghams auf der Bank, kam aber nicht zum Einsatz. Wäre er dabei gewesen, hätte er Jude als jüngsten Spieler der Blues abgelöst. Sein Debüt gab er schließlich im Januar 2022, als Bellingham im FA-Cup gegen Plymouth Argyle von der Bank kam. Nach diesem Spiel lobte der damalige Manager Lee Bowyer den jungen Spieler: "Ich habe zu ihm gesagt: 'Du hast das wirklich gut gemacht, du bist ein 16-jähriger Junge, der den Ball kontrolliert hat, ihn nicht wirklich hergegeben hat - versucht hat, die richtigen Dinge zu tun, und wenn du ihn hergegeben hast, bist du zurückgelaufen und hast in deinem eigenen Strafraum verteidigt.'"

Bellingham nutzte seine ersten Erfahrungen in der ersten Mannschaft als Plattform in St. Andrew's, trainierte weiter mit den Profis und erhielt in der Saison 2022/23 regelmäßig Einsatzzeiten. Als Sunderland im Sommer auf ihn zukam, hatte er bereits 26 Einsätze für seinen Heimatverein absolviert, in denen ihm weder ein Tor noch eine Vorlage gelang.

Da er noch nicht einmal 18 Jahre alt ist und erst eine Handvoll Einsätze in der zweiten Liga vorzuweisen hat, hätten nur wenige erwartet, dass Bellingham nach seinem Wechsel ins Stadium of Light von Beginn an spielen würde. Doch als Trainer Tony Mowbray gegen Ipswich seine erste Startelf in der Championship aufstellte, bekam er einen Platz im offensiven Mittelfeld.

Sunderland verlor diese Begegnung zwar und auch das zweite Spiel der Saison auswärts bei Preston North End, doch die Fans hatten zu Beginn von Bellinghams Zeit viel Grund zur Freude. Am darauffolgenden Wochenende gegen Rotherham gingen ihre Wünsche in Erfüllung.

Nur zwei Minuten nachdem Hakeem Odoffin die Millers in Führung gebracht hatte, erzielte Bellingham mit seinem ersten Tor in seiner Karriere den Ausgleich - indem er nach guter Vorarbeit von Dan Neil aus kurzer Distanz einköpfelte. Kurz nach Wiederanpfiff erzielte er den entscheidenden Treffer, indem er eine Vorlage von Bradley Dack wie ein erfahrener Torjäger in die untere Ecke schoss. Zum ersten Mal in seiner Karriere war er der Matchwinner - Jobe war angekommen.

Mowbray überhäufte seinen Schützling nach Spielschluss mit Lob und sagte zu BBC Radio Newcastle: "Ich denke, sein größter Vorteil ist, dass er Fußball lernen will. Er ist 17, aber er stellt den Trainern jeden Tag Fragen: Warum mache ich das? Wohin soll ich gehen? Was soll ich tun? Es macht wirklich Spaß, mit ihm zu arbeiten, und ich freue mich sehr, dass er ein paar Tore geschossen und der Mannschaft zum Sieg verholfen hat."

Seit seinem Debüt ist Bellingham ein fester Bestandteil der ersten Mannschaft von Sunderland und kam in nur einem der ersten 21 Meisterschaftsspiele seines Teams nicht zum Einsatz. Und aufgrund einer Reihe von Verletzungen wurde er auf verschiedenen Positionen eingesetzt.

Einen Großteil seiner Einsatzminuten verbrachte Bellingham als falsche Neun, aber er wurde auch hinter einem Mittelstürmer und als zentraler Mittelfeldspieler eingesetzt. In der letztgenannten Rolle hat er wahrscheinlich seine schwächsten Spiele absolviert.

"Aufgrund von Verletzungen und Sperren fand sich Jobe in einer tieferen Rolle als Achter in einem Dreier-Mittelfeld neben Dan Neil oder Pierre Ekwah wieder. Ich denke, dass er sich in dieser Rolle nicht so wohl gefühlt hat, da er von Natur aus kein defensiv ausgerichteter Spieler ist", erklärte Dan Harrison, Autor und Analyst der Sunderland-Fanseite Roker Report, kürzlich gegenüber GOAL.

Wenn er jedoch offensiver eingesetzt wurde, hatte Bellingham eine Menge Spaß. So erzielte er im November ein Tor gegen seinen ehemaligen Verein Birmingham und legte beim Heimsieg gegen Watford eine Vorlage für Abdoullah Ba auf.

Die überraschende Entlassung von Trainer Mowbray im Dezember hätte diese Entwicklung vielleicht etwas bremsen können, denn Bellingham sagte gegenüber Sky Sports, dass der Trainer eine Schlüsselrolle in seiner Entwicklung gespielt habe. "Er hat mich in kurzer Zeit zu einem reiferen Spieler gemacht. Er hat uns an Spieltagen den Druck genommen, und das war ein sehr gutes Gefühl. Man hat einfach das Gefühl, dass man da rausgeht und sich zeigen kann. Ich bin wirklich dankbar, dass ich mit ihm arbeiten durfte."

Tatsächlich hat Bellingham seine gute Form unter Interimstrainer Mike Dodd aufrecht erhalten. Dieser hatte eine entscheidende Rolle dabei gespielt, den Mittelfeldspieler zum Verein zu holen - nachdem er mit ihm und seinem Bruder schon in Birmingham zusammengearbeitet hatte.

Unter Dodd erlebte Bellingham gegen den Spitzenklub Leeds den bisher wichtigsten Moment seiner Karriere, als er vor Torhüter Illan Meslier zum Kopfball kam und den Black Cats drei wichtige Punkte bescherte.

Wo wollen wir anfangen? Jobe Bellingham hat ein einzigartiges Profil für einen Spieler seines Alters: eine aufregende Mischung aus technischem Können, Körperlichkeit und Gelassenheit.

"Sein natürliches Flair war etwas, das schon sehr früh auffiel", sagte Harrison zu GOAL. "Sei es durch seine clevere Ballbehandlung bei Rückpässen oder seine Fähigkeit, den Ball aus der Halbdistanz fast überall auf dem Spielfeld anzunehmen, ohne dabei bedrängt zu wirken. Für mich persönlich sind seine größten Stärken die angeborenen, die man nicht trainieren kann. Sein allgemeines Bewusstsein und seine Spielübersicht sind dem durchschnittlichen Teenager weit überlegen. Er hat in dieser Saison ein echtes Händchen dafür, an der richtigen Stelle zu stehen."

Es ist leicht, sich von diesen Stärken zu überzeugen, wenn man Bellingham in natura sieht. Es ist angesichts seines Alters beinahe beängstigend, wie gelassen er im Ballbesitz ist. Auch seine körperliche Präsenz kann sich sehen lassen.

Jude ist fünf Zentimeter größer als sein Bruder Jude und hat seit seinem Profidebüt deutlich an Muskeln zugelegt. Mannschaftskollege Neil hat Jobe nach seinem ersten Doppelpack gegen Rotherham als "eine Naturgewalt" bezeichnet.

Er fügte hinzu: "Auch technisch ist er ein Top-Spieler. Er ist hierher gekommen, um jede Woche vor 40.000 Zuschauern zu spielen. Und das ist etwas, das er mental bewältigen muss, denn wir alle sehen, wie gut er technisch, körperlich und taktisch ist. Es ist eine ganz andere Sache, hier oben vor diesen Fans zu spielen, aber nach dem, was ich von seiner Persönlichkeit gesehen habe, wird er das sehr gut verkraften."

Dass Bellingham jede Woche vor mehr als 40 000 Zuschauern spielen kann, spricht für seine unglaubliche Reife. Nach seinem Siegtreffer gegen Leeds wurde er in die Pressekonferenz gesetzt und sprach wie jemand, der schon ein Jahrzehnt Erfahrung im Profigeschäft hat. Er analysierte das Spiel in aller Ruhe aus taktischer Sicht und vermittelte Führungsqualitäten, die seinem zarten Alter trotzten.

Es mag ein wenig hart klingen, aber wenn Bellingham sich als Offensivspieler auf höchstem Niveau etablieren will, muss er seine Torausbeute etwas steigern. Er hat in dieser Saison gezeigt, dass er vor dem Tor sehr gut ist, aber die besten Stürmer sind im Strafraum noch kälter als er.

Jobe ist zudem manchmal zu verspielt. Zwar haben sie in Sunderland einiges getan, um ihm diese Eigenschaft abzutrainieren, aber manchmal neigt er noch dazu, uum Nachteil der Mannschaft in den "Helden"-Modus zu verfallen.

Auch in der Defensive gibt es noch einiges zu tun. Obwohl Bellinghams Spielverständnis für einen Spieler seines Alters hervorragend ist, wird er manchmal ein wenig zu leicht ausgedribbelt, wenn er im defensiven Mittelfeld spielt.

Obwohl Jobe alles versucht, um sich von seinem Bruder Jude abzugrenzen, können die Vergleiche nur selten abgewendet werden. Denn die starken Bellingham-Gene sorgen dafür, dass sich die beiden extrem ähnlich sehen. Auch ihre Spielstile ähneln sich mehr als nur ein wenig.

Dodds hat wenig getan, um die Vergleiche zu unterdrücken, und sagte nach dem Sieg in Leeds: "Beide Brüder haben eine sehr ähnliche Mentalität, was ihr unerbittliches Streben nach ihren Zielen anbelangt. Ich glaube, dass [Jobe] es bis ganz nach oben schaffen kann. Ich habe mit vielen jungen Spielern gearbeitet, und er gehört zu den Besten."

Auch abseits des Spielfelds haben die Geschwister ein gutes Verhältnis zueinander. Jobe war in vorderster Reihe zu sehen, als Jude seinen ersten Vertrag in Birmingham unterzeichnete - und auch als er als Spieler von Real Madrid vorgestellt wurde. Auch privat sind sie unzertrennlich: Im Sommer flogen sie mit Marcus Rashford zu einer Louis Vuitton-Modenschau nach Paris.

Doch diese sportlichen Vergleiche Aufrecht zu erhalten wird schwer. Auch dank Judes globalem Bekanntheitsgrad hat Jobe schon fast zwei Millionen Instagram-Follower; eine ziemlich erschreckende Zahl für einen Spieler der Championship. Zum Glück für Sunderland deutet Bellinghams mentale Stärke darauf hin, dass er mit dem Druck umgehen kann.

Wenn man seinem Bruder Glauben schenken darf, ist Bellingham zu Großem bestimmt. Nachdem er kürzlich zum Golden Boy 2023 ernannt worden war, wurde er gefragt, von welchen jungen Spielern er erwarte, dass sie diese Auszeichnung in Zukunft erhalten werden.

"Ich werde drei Namen nennen", begann er. "Zunächst einmal ist Arda Güler ein Phänomen, wir sehen ihn beim Training und sind begeistert von ihm. Dann mein ehemaliger Mannschaftskamerad Jamie Bynoe-Gittens, von Borussia Dortmund. Und schließlich mein Bruder Jobe, ein Vollblutstürmer wie unser Vater."

Während sein Bruder ihn vielleicht als Stürmer sieht, ist sich Bellingham selbst nicht ganz sicher, welche seine beste Position ist: "Ich weiß, dass mir das Box-to-Box-Spiel [im Mittelfeld] am meisten Spaß macht, weil man sich einmischen und nach vorne gehen kann. Auf dieser Position kann ich mehr zeigen, was ich kann. Aber ich glaube, dass ich auch als Stürmer oder als Zehner gute Fähigkeiten habe. Ich habe den inneren Wunsch, Tore zu schießen. Aber dieser Wunsch kam nie von irgendwo anders her. Es ist ein gesunder Druck. Eine Motivation."

Wahrscheinlich wäre Jobe Bellingham als zweite Spitze am wertvollsten - auch wenn es nur wenige Mannschaften in einer Formation mit zwei Stürmern spielen. Diese Position würde es ihm ermöglichen, in den Strafraum zu gelangen und gleichzeitig sicherzustellen, dass er so viel wie möglich am Spielaufbau beteiligt ist.

Und für wen wird er spielen? Die Fans von Sunderland hoffen, dass er sie in die Premier League führt, aber auch ein Wechsel ins Ausland ist eine Option - vielleicht sogar bei Real mit seinem älteren Bruder. Die Sport schreibt, dass man bei den Blancos den Werdegang von Judes Bruder aktuell sehr genau verfolge.

Wenn Jobe sich weiter so gut entwickelt, könnten wir sogar die Bellingham-Brüder gemeinsam für England auflaufen sehen.