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25 Millionen Euro für einen Stürmer aus der 2. Bundesliga? Der FC Liverpool hat einen Angreifer mit besonderer Vertragskonstellation im Visier

Liverpool, Chelsea oder doch ein Topteam aus der Bundesliga? Stefanos Tzimas kann sich fast aussuchen, für wen er im nächsten Jahr international spielen möchte. Derzeit spielt der Teenager jedoch noch in der 2. Bundesliga bei Nürnberg. Der Club hat den Griechen jedoch nur aus seiner Heimat ausgeliehen und sich für den Sommer eine Kaufoption in Höhe von 18 Millionen Euro gesichert.

Was zum damaligen Zeitpunkt nach einem Scherz klang, könnte tatsächlich Realität werden. Doch wer ist der 19-Jährige, der den vereinseigenen Transferrekord pulverisieren könnte?

  • SV 07 Elversberg v 1. FC Nürnberg - Second BundesligaGetty Images Sport

    Stefanos Tzimas: Griechische Träume im Frankenland

    Einem griechischen Stürmer mit der Nummer neun auf dem Rücken durften die Fans in Nürnberg schon einmal zujubeln. Zur Saison 2007/08 verpflichtete der Club den Europameister Angelos Charisteas. In der Vorsaison hatte der 1. FCN gerade den DFB-Pokal geholt und wappnete sich mit dem Transfer für das europäische Geschäft. Charisteas erzielte in den folgenden 57 Pflichtspielen für den FCN jedoch nur magere acht Treffer.

    Nach gerade einmal 15 Partien hat ein Mann, der bei Charisteas sensationellem EM-Triumph 2004 noch gar nicht geboren war, diese Marke mit neun Toren bereits übertroffen: Stefanos Tzimas. In nur einem halben Jahr entwickelte sich der 19-Jährige vom Einwechselspieler zur absoluten Lebensversicherung des Clubs. Dabei steht das griechische Top-Talent bis 2029 noch bei PAOK Saloniki unter Vertrag und ist nur für die laufende Spielzeit ausgeliehen.

    Dass Tzimas auch in der kommenden Saison für die Franken aufläuft, scheint nahezu ausgeschlossen, obwohl Nürnberg eine Kaufoption besitzt. Sollte der Club sie ziehen, müsste der Stürmer direkt weiterverkauft werden. Doch warum ist es das Risiko wert und der Zweitliga-Torjäger selbst von Champions-League-Teams umworben?

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  • Hamburger SV v 1. FC Nürnberg - Second BundesligaGetty Images Sport

    Stefanos Tzimas ist Nürnbergs Lebensversicherung

    Bereits im Vorjahr schnürte ein Supertalent in Nürnberg seine Fußballschuhe. Can Uzun feierte seinen Durchbruch, erzielte in 30 Spielen 16 Tore, gab zudem zwei Vorlagen und hielt den abstiegsbedrohten Club fast im Alleingang in der Liga. Im anschließenden Sommer wagte er den nächsten Schritt und wechselte für elf Millionen Euro in die Bundesliga nach Frankfurt.

    Nach drei Jahren und einer schwachen Rückrunde trennten sich die Verantwortlichen am Valznerweiher auch von Trainer Christian Fiél. Für die Saison 2024/25 wurde Miroslav Klose als neuer Chefcoach vorgestellt, der trotz schwachem ersten Trainerstint in Altach mit großen Hoffnungen kam.

    Doch der Saisonstart ging schief. Im Pokal kamen die Clubberer gegen das unterklassige Saarbrücken noch nach Elfmeterschießen weiter, doch das erste Ligaduell gegen den KSC ging direkt verloren. Auf den Heimsieg gegen Schalke folgte nur ein Sieg in den nächsten fünf Partien und die Fragezeichen wurden größer.

    Es schlug die Stunde von Stefanos Tzimas, der in den folgenden zehn Partien in der Hinrunde gleich siebenfach netzte. Ohne seine Treffer hätte Nürnberg mit sieben Zählern weniger auf dem 16. Tabellenplatz überwintert und müsste erneut um den Ligaverbleib kämpfen. Stattdessen fehlten mit 22 Punkten nur sechs Zähler bis Rang drei.

  • Tzimas Athenimago images

    Stefanos Tzimas ist Rekordhalter bei PAOK

    Dass Tzimas weiß, wo das Tor steht, bewies er bereits recht schnell in seiner jungen Karriere. Im Februar 2023 lief er erstmalig als Einwechselspieler für PAOK auf. Keine zwei Wochen später und mit seinem gerade einmal zweiten Abschluss als Profifußballer netzte er gegen Ionikos FC beim 6:0-Erfolg erstmalig. Mit zarten 17 Jahren und 58 Tagen wurde er zum jüngsten Torschützen der Vereinshistorie. Während es zunächst bei wenigen Kurzeinsätzen blieb, steigerte das Supertalent in der Folgesaison seine Spielzeit.

    Er kam auf 16 Einsätze, davon einige als Starter, und erzielte drei Treffer. Am Ende stand zudem mit Saloniki, dem Verein seiner Jugend, der Titelgewinn in der Super League. Zwar ließ Tzimas sein Talent immer wieder aufblitzen und galt als angehender Nationalspieler, doch wäre er nicht als erste Option im Sturm in die neue Saison gegangen. Auf der Suche nach mehr Spielzeit schlug dann überraschend der Zweitligist aus Nürnberg zu.

  • Olaf Rebbeimago images

    Stefanos Tzimas und der 1. FC Nürnberg: Ein Transfer zum Schmunzeln

    Dabei war Tzimas auch von mehreren Teams aus England umworben, doch den Zuschlag bekam der Club. Der Transfer trägt deutlich die Handschrift von Sportdirektor Olaf Rebbe, der einst von April 2020 bis März 2021 bei PAOK gearbeitet hatte. "Stefanos ist in seinem Alter eines der Top-Talente in Europa und vom Format her eigentlich kein Spieler, der beim FCN anheuert", wusste auch Rebbe selbst die Verpflichtung einzuordnen.

    Neben Rebbes guten Beziehungen zu PAOK-Besitzer Ivan Savvidis machte vor allem eine festgeschriebene Kaufoption in Höhe von 18 Millionen Euro die einjährige Leihe des Griechen möglich. Bereits vergangenen Sommer sollen Mannschaften aus der Premier League zweistellige Millionenbeträge geboten haben. Eine Summe, die für Nürnberg selbst im unwahrscheinlichen Aufstiegsfalle utopisch zu stemmen scheint. Auch Sportvorstand Joti Chatzialexiou musst bei der Verpflichtung damals schmunzeln: "Ob wir die dann ziehen können, steht auf einem anderen Blatt."

  • SV 07 Elversberg v 1. FC Nürnberg - Second BundesligaGetty Images Sport

    Stefanos Tzimas schwärmt von Miroslav Klose

    Für Tzimas war neben den finanziellen Aspekten noch jemand anderes für seinen Weg ins deutsche Unterhaus entscheidend: "Er ist der Hauptgrund, warum ich hier bin", sagte der Stürmer über Miroslav Klose. Der ehemalige Weltklasse-Knipser und neue Mann an der Seitenlinie hatte den Griechen im Urlaub angerufen und persönlich von einem Wechsel überzeugt.

    Überzeugend waren die ersten Auftritte von Tzimas für den Club dann zu Beginn jedoch nicht. In den ersten vier Ligapartien kam er von der Bank nie auf mehr als eine gute halbe Stunde auf dem Feld und musste beim bis dahin einzigen Erfolg gegen Schalke gar 90 Minuten auf der Bank schmoren. Eine Torbeteiligung gelang ihm ebenfalls nicht.

    Erstmalig änderte sich dies beim Sieg gegen Ulm. Tzimas traf zum Ausgleich und konnte wenig später einen Last-Minute-Erfolg feiern. Doch der Jungstar trübte die Feierlaune, indem er sich übermotiviert in der Nachspielzeit einen Platzverweis holte.

    Tzimas nutzte die Pause und wurde von seinem Trainer stets weiter gefördert. Er arbeitete viel im Kraftraum und bekam in Videositzungen Tipps von Stürmer zu Stürmer. Das Vertrauen von Klose, "der meine Sicht auf den Fußball total verändert hat", wie Tzimas dem Kicker gegenüber verriet, sollte sich auszahlen. Nach seiner Sperre stand der Grieche beim 3:2-Sieg gegen Münster erstmals in der Startelf und traf direkt. Beim folgenden viel umjubelten 4:0 Derbysieg gegen Fürth durfte er sich gleich zweifach als Torschütze feiern lassen und knipste anschließend beim spektakulären 8:3 gegen Regensburg in der dritten Partie nacheinander.

    "Mit jedem Spiel und Tor wird mein Selbstvertrauen stärker", erklärte er seinen Lauf. Dank vieler kleiner Tipps seines Coaches sei er jetzt "ein total anderer Spieler". Klose sagte über seinen Schützling nüchtern lobend: "Er ist jetzt fit, er kriegt Minuten, er schießt Tore." Und zwar sehr viele. Seit gegen Ulm erstmalig der Knoten platzte, hat in der gesamten Liga nur Hamburgs Davie Selke (10) mehr Treffer erzielt.

  • Starke Leistungsdaten von Stefanos Tzimas in Nürnberg

    Dementsprechend muss sich Tzimas in seinem zarten Alter vor niemanden verstecken. Im Vergleich aller U20-Stürmer weltweit gehört Tzimas in geführten Dribblings, offensiven Duellen, Ballkontakten im Strafraum und Anteil von Schüssen aufs Tor zum besten Prozent seiner Altersklasse. Diese unglaublichen und nüchternen Statistiken bestätigen, was auf dem Feld wöchentlich zusehen ist: Tzimas ist das, was gerne als Vollblut-Stürmer bezeichnet wird.

    Der Torjäger drückt häufig ab (drei Schüsse pro Partie) und fackelt dabei nicht lange. Gleich sechs seiner neun Treffer erzielte er mit dem ersten Kontakt. Dabei zeigt er die richtigen Instinkte und steht bei Abprallern und Hereingaben richtig, überzeugt aber auch regelmäßig bei gefühlvollen Chips mit seiner Abschlusstechnik. Für seine Größe von 1,86 Meter ist er technisch solide und nimmt es gerne auch mit mehreren Verteidigern im Dribbling auf.

    Hierfür wandelt er zuweilen auch auf den in jüngeren Jahren bespielten Flügel aus, doch die Stärken liegen in der Box, in der er fast ein Viertel seiner Ballkontakte sammelt (22 Prozent) - Höchstwert der Liga.

    Seine Physis hilft ihm insbesondere offensiv dank seines schnellen Antritts und Sprinttempos, Verteidiger immer wieder in Tiefenläufen abzuschütteln. Tzimas weiß seine Stärken jedoch nicht nur im Angriff einzusetzen. Die meisten Sprints (pro 90 Minuten) aller Clubberer sind Teil seiner hohen Intensität in der Arbeit gegen den Ball, bei der der Stürmer auch keine Härte oder Nickeligkeit scheut.

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    Miroslav Klose über Stefanos Tzimas: "Mit dem Ball kann er noch mehr"

    Zwar ist Tzimas für sein Alter schon recht weit und komplett, doch hat er selbstverständlich noch viel Luft nach oben. Die hohe Intensität im Anlaufen geht beispielweise nicht immer mit dem richtigen Winkel und Gefühl für den Moment einher. Allgemein wird das Spielverständnis mit mehr Einsätzen besser werden - was es jedoch auch muss. Dass er die meisten Dribblings aller Zweitliga-Stürmer nimmt, mag schön sein, ist aber nicht immer gut. Viele 1-gegen-1 sind überambitioniert und werden schnell unnötig zum 1-gegen-2.

    Dass der Grieche nicht immer den Pass wählt, hängt neben mangelnder Übersicht auch mit Steigerungspotenzial im Passspiel (67 Prozent Quote) zusammen. Beispielhaft war sein Fehlpass in der Vorwärtsbewegung, der gegen Köln einen Gegentreffer einleitete. Wenngleich er in der Lage ist, Bälle mit dem Rücken zum Tor festzumachen, wird er kaum in das Aufbauspiel des FCN eingebunden.

    Tzimas ist sich dieser Schwächen bewusst: "Vor allem soll meine Technik noch besser werden", sieht der 19-Jährige noch Nachholbedarf. "Mit dem Ball kann er noch mehr", stimmt ihm Trainer Klose zu und stellte dennoch sofort klar: "Die Arbeit geht immer weiter, aber er lässt das Herz auf dem Platz, und das ist für mich als Trainer das Wichtigste."

    Für seine Größe ist er darüber hinaus bisher ein unterdurchschnittlicher Kopfball-Spieler. Selten steigt er in die Luft zum Duell hoch und falls doch, gewinnt er nicht einmal jeden vierten Zweikampf. Doch auch hierfür hat er den richtigen Mann an der Seitenlinie.

  • Stefanos Tzimas: Die möglichen Szenarien

    Seine Selbstkritik, der Lernwille und der Einsatz sind dabei nur das i-Tüpfelchen beim hochveranlagten Talent, sodass es nicht überrascht, dass Tzimas bereits im Winter hartnäckiges Interesse des FC Liverpool nachgesagt wird. Auch Chelsea und namentlich nicht genannte Klubs aus der Bundesliga sollen in Nürnberg angefragt haben, um sich spätestens im Sommer mit dem Stürmer zu verstärken.

    Der 1. FCN befindet sich nun in einer komplizierten Situation. Die 18 Millionen, die zu Saisonbeginn noch utopisch schienen, würden mittlerweile mehrere Vereine gerne zahlen. Die Reds seien beispielsweise angeblich zu einer Zahlung von rund 25 Millionen bereit. Nürnberg selbst kann die Summe nicht aufbringen und auch wenn Tzimas betonte, sich beim Club wohlzufühlen, scheint eine weitere Saison beim FCN ausgeschlossen. Zwar wurde im Herbst noch über eine weitere Leihe diskutiert, doch dies war noch vor der Leistungsexplosion.

    Dennoch überlegen die Nürnberger Verantwortlichen, die Klausel, die nur für den 1. FCN gilt, zu ziehen. Notwendig wäre dann ein dritter Verein, der eine höhere an Ablöse den Club bezahlt. Abzüglich Weiterverkaufsbeteiligung, Beratergebühren und Steuerabgaben könnte der FCN in einem solchen Szenario bei den derzeit gehandelten Angeboten die Kassen mit über fünf Millionen Profit füllen.

  • Brentford FC v Liverpool FC - Premier LeagueGetty Images Sport

    Stefanos Tzimas: Ab nach Anfield?

    So absurd die Vorstellung zunächst sein mag, dass der Club mit den 18 Millionen die bisherige Rekordablöse versechsfachen würde (bisher: Virgil Misidjan für 3 Millionen), so sinnvoll ist es auf dem zweiten Blick. Auch der Glaube, dass beispielsweise Liverpool mit gut 25 Millionen einfach einen normalen Zweitliga-Stürmer überbezahlen würde, ist eine unberechtigte Sorge.

    Insbesondere in den vergangenen Jahren hat sich in der Premier League der Transfermarkt so weit entkoppelt, dass Tzimas schon fast als Schnäppchen gelten könnte. Zumal unter dem neuen Sportdirektor Richard Hughes bei den Reds wieder vermehrt Spieler verpflichtet werden sollen, bevor sie ihren Karrierehöhepunkt erreichen und noch "günstig" zu haben sind.

    Beim LFC ist die Stürmerposition unter Trainer Arne Slot nicht fest vergeben. Cody Gakpo, der unter Jürgen Klopp noch häufig im Zentrum auflief, ist vermehrt auf den Flügel gewandert. Umgekehrt ist Luis Diaz häufig als Falsche Neun in vorderster Front zu finden. Der vermeintlich abschlussstärkste Akteur, Diogo Jota, fällt regelmäßig verletzungsbedingt aus und Darwin Nunez konnte die hohen Erwartungen an ihn nicht immer erfüllen, obwohl er den Reds am Wochenende mit einem späten Doppelpack drei Zähler sicherte.

    Tzimas ist jedoch nicht der einzige Kandidat, der an der Anfield Road gehandelt wird. Santiago Gimenez brachte sich zu Jahresbeginn mit Nachdruck selbst ins Gespräch und betonte, dass er gerne nochmal unter seinem ehemaligen Coach auflaufen würde. Slot hatte seine gute Entwicklungsarbeit mit Angreifern in ihrer gemeinsamen Zeit bei Feyenoord bewiesen, in der Gimenez über 50 Treffer erzielte.

  • Tzimasimago images

    Stefanos Tzimas: Er trifft weiter

    Dennoch könnte Tzimas den Vorzug erhalten, auch wenn es sicher ein großer Schritt aus dem deutschen Unterhaus in den englischen Spitzenfußball wäre. Doch die Karrieren vieler fantastischer Stürmer, die es später nach England zog, hatten ihre Ursprünge in der 2. Bundesliga. Etwa Lukas Podolski, Anthony Yeboah oder Jürgen Klinsmann lernten hier das Toreschießen.

    Dass es sich bei Tzimas um einen Spieler aus der Zweitklassigkeit handelt, ist nur eine Momentaufnahme, die guten Kontakten und Verhandlungsgeschick aus Franken geschuldet ist. Bis zum Sommer wird er dies auch noch bleiben, stellte Sportdirektor Rebbe klar: "Im Winter werden wir keine Leistungsträger abgeben."

    In Zukunft aber wird der Stürmer in höheren Ligen für Aufmerksamkeit sorgen. Bis dahin macht er in der Gegenwart von allen Wechselgerüchten unbeeindruckt weiter. Im Testspiel gegen Ingolstadt traf er direkt wieder doppelt, am vergangen Sonntag erzielte er beim erfolgreichen Rückrundenauftakt gegen den KSC den Führungstreffer.Man wird es zur Kenntnis genommen haben - beim Club, in der griechischen Heimat und vor allem in England.

  • 2. Bundesliga: Die Torschützenliste

    PlatzNameTore
    1Budu Zivzivadze12
    2Moussa Sylla11
    3Fisnik Asllani10
    3Martijn Kaars10
    3Kenan Karaman10
    3Davie Selke10
    4Ragnar Ache9
    4Isac Lindberg9
    4Rayan Philippe9
    4Stefanos Tzimas9