HINTERGRUND
Mit tief ins Gesicht gezogener Kapuze stapfte Nabil Bentaleb am Sonntagabend durch die Katakomben der Veltins-Arena. Gemeinsam mit seinem Kumpel Benjamin Stambouli hatte er keine Lust auf die wartenden Reporter. Auf die Frage, ob er verletzt sei, antwortete Bentaleb nur kurz: "Nein, ich bin gesund."
Goretzka: "Die schwersten Tage meiner Karriere"
Denn was wegen des großen Goretzka-Theaters rund ums Schalker Heimspiel gegen Hannover 96 etwas unterging: Bentaleb hatte es nicht in den 18er-Kader für den Spieltag geschafft und durfte lediglich als Ersatzmann mit der Mannschaft zum Spiel reisen – als Notnagel für den Fall, dass sich einer der ersten 18 beim Aufwärmen verletzt.
Diese Maßnahme wirkt auf den ersten Blick durchaus überraschend, bedenkt man, dass sich Bentaleb in Winter-Trainingslager noch hochmotiviert zeigte und dem kicker erklärte, nach auskurierter Verletzung im ersten Rückrundenspiel gegen RB Leipzig wieder "bei 200 Prozent" zu sein. Trotz des Ausfalls von Leon Goretzka schmorte der 23-Jährige bei der 1:3-Niederlage gegen die Bullen allerdings 90 Minuten auf der Bank.
Bentaleb mit schwachen Trainingsleistungen
Dort fand er sich auch schon über weite Teile der Hinrunde wieder. Nachdem er zu Saisonbeginn zunächst regelmäßig zum Einsatz kam und immerhin drei Treffer erzielen konnte (alle per Strafstoß), verlor er seinen Stammplatz an Max Meyer, den Domenico Tedesco überraschend zum defensiven Mittelfeldspieler umschulte. Zu allem Übel folgte im November eine Schambeinentzündung, die ihn für Wochen außer Gefecht setzte.
Statt nun wie geplant voll anzugreifen und an seine starke Debütsaison anzuknüpfen, steht Bentaleb erneut vor schweren Wochen – auch, weil der Konkurrenzkampf im Schalker Kader durch die Neuzugänge verschärft wurde. "Es wird immer wieder mal jemand nicht im Kader stehen, da wir zwei Spieler mehr zur Verfügung haben als in der Hinrunde", machte Sportvorstand Christian Heidel klar und versuchte, Bentalebs Nicht-Berücksichtigung herunterzuspielen.
Gleichzeitig deutete er aber auch an, dass man bei den Knappen alles andere als zufrieden mit den Trainingsleistungen des zentralen Mittelfeldspielers ist: "Was das Sportliche betrifft, mische ich mich nicht ein, doch soweit ich es verstanden habe, ging es um eine Qualifikation über das Training. Das hat bei Nabil in dieser Woche wohl nicht so überragend ausgesehen."
Hat Bentaleb Tedescos Warnschuss verstanden?
Speziell im Abschlusstraining einen Tag vor dem Spiel gegen Hannover wirkte Bentaleb lustlos und unmotiviert. Mehrmals hatte Tedesco eine Spielform unterbrochen, um sich den Algerier zur Brust zu nehmen und ihm seine Fehler aufzuzeigen – mit Blick auf die Kadernominierung allem Anschein nach ohne großen Erfolg.
In dieser Woche muss sich der 19 Millionen Euro schwere Mittelfeldspieler, den Heidel nach einjähriger Leihe im Sommer fest von Tottenham Hotspur verpflichtete, neu beweisen und zeigen, dass er eine Option für die Zentrale sein kann. Mit seiner riskanten Spielweise pendelt er zwar regelmäßig zwischen Genie und Wahnsinn, doch er hat unbestritten die Klasse, das Schalker Spiel zu lenken.
Sein Glück dabei könnte ausgerechnet das Pech seines Teamkollegen sein, denn Mittelfeldabräumer Weston McKennie verletzt sich am Wochenende am Innenband und wird rund sechs Wochen ausfallen.
Sofern er Tedescos Warnschuss verstanden hat, scheint es also gut möglich, dass Bentaleb schon nach dem nächsten Spiel in Stuttgart (Samstag, 15.30 Uhr im LIVE-TICKER) weniger grimmig durch die Interviewzone läuft.



