MIXED-ZONE-INTERVIEW
Bestens gelaunt trat Fredi Bobic am späten Samstagabend in der Interviewzone des Berliner Olympiastadions vor die wartenden Journalisten. Der Spotvorstand von Eintracht Frankfurt hatte es endlich geschafft. Endlich hat er gegen den FC Bayern München gewonnen. Der 3:1-Sieg im DFB-Pokalfinale war sein erster Sieg gegen den deutschen Rekordmeister. Im 40. Anlauf.
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Herr Bobic, herzlichen Glückwunsch zum Pokalsieg. Wie ordnen Sie den Erfolg ein?
Fredi Bobic: Wir haben heute das gezeigt, was wir vorher aus voller Überzeugung angekündigt hatten. Wir haben hier einen Kampf abgeliefert. Wir haben Mentalität gezeigt. Die Jungs haben um jeden Millimeter auf dem Platz gekämpft. Sie haben sich auch das Glück erkämpft, was man in solchen Spielen auch braucht. Wir haben auch genau das Momentum gehabt, was du in solchen Spielen brauchst. Das war heute eine unglaubliche Willensleistung der ganzen Mannschaft. Wenn ich an den abgeblockten Schuss von Hasebe denke, wenn ich an Abraham denke, der über den ganzen Platz bis zur Eckfahne läuft. Das war unglaublich. Wir wollten es mehr als die Bayern. Das Gefühl hatte ich die ganze Zeit. Nach dem 1:1 gab es eine kurze Phase, in der es kritisch wurde. Und zum Schluss hatten wir Glück, dass der Schiedsrichter auf die richtige Einstellung des Videos geschaut hat. (lacht)
Wie haben Sie die Szene gesehen?
Bobic: Ich stand oben mit dem Bundestrainer und war ganz aufgeregt. Wir wollten die Szene unbedingt noch einmal sehen. Und naja, am Ende war ich einfach happy, dass der Schiedsrichter nicht auf Elfmeter entschieden hat. Es war glücklich, da brauchen wir nicht drumherumreden.
Welche Emotionen hatten Sie beim Lauf von Mijat Gacinovic in der letzten Minute?
Bobic: Ich habe gedacht: Schieß bloß nicht! Lauf mit dem Ball ins Tor und schieß bloß nicht aus 20 Metern! Es ging ja auch noch darum, Zeit von der Uhr zu nehmen. Das war ein Lauf, bei dem sich das ganze Stadion erhoben hat. Das war dieser epochale Moment, in dem du wusstest, hier wird gerade Geschichte geschrieben. Es ist nicht böse gemeint, aber wenn die Bayern gewonnen hätten, hätte jeder gesagt: Okay, gewonnen, Arbeit erledigt. Aber dadurch, dass wir den Titel gewonnen haben, ist es historisch. Wir haben uns das verdient, weil wir im letzten Jahr gegen Dortmund nicht das Quäntchen Glück hatten. Wir waren einfach dran. So ein Titel bedeutet für einen Verein wie Eintracht Frankfurt so viel mehr. Heute Nacht und morgen werden spannende Tage. Wir haben keinen Plan und davon ziemlich viel. Ich habe keine Ahnung, wie das alles ablaufen soll, aber irgendwie werden wir das schon hinkriegen. Das ist ja das Schöne an der Geschichte. Spontane Feiern sind viel schöner.
In der Nacht sollen die Fans alle zum Brandenburger Tor kommen.
Bobic: Genau, da wird die Nacht durchgefeiert. Das ist eine schöne Location und irgendwie passt das Brandenburger Tor sehr schön dazu, dort eine Party steigen zu lassen.
Was bedeutet der Pokalsieg für Ihre Planungen? Sie haben dadurch ja auch die Europa League erreicht.
Bobic: Ach, hör auf mit der Scheiße. (lacht) Ganz ehrlich, vorhin hat mich jemand gefragt, ob Marius Wolf jetzt weggeht. Was wollt Ihr mir damit erzählen? Ich kann jetzt gerade gar keinen nüchternen Gedanken fassen. Morgen erst recht nicht. Das kommt erst am Dienstag, wenn ich nach New York fliege und dort einen Vortrag über die Eintracht halte. Dann kann ich mir über sowas vielleicht einen Kopf machen. Mittwoch bin ich wieder zurück und dann geht es weiter.
Niko Kovac wird den Erfolg wahrscheinlich wieder sehr cool hinnehmen.
Bobic: Nein, der wird nicht cool sein und das muss er auch nicht. Er hat alle Emotionen gezeigt. Es hat ihm unheimlich viel bedeutet. Aber nicht nur dem Trainer, sondern auch der Mannschaft. Viele haben ja nie die Möglichkeit, in ihrer Karriere einen Titel zu gewinnen. Solche Abende wie heute werden die Spieler für die Ewigkeit miteinander verbinden. Meinen ersten großen Titel verbinde ich bis heute mit meinen Jungs. Das sind Freundschaften, die für immer halten werden. Egal wo einer spielt, egal wo er lebt. Das war gestern Abend ein schönes Bild, wenn man die 88er gesehen hat. So etwas verbindet. In 20 Jahren kommt die Klasse aus 2018 zusammen. Das ist jetzt eine historische Mannschaft
Sie haben als Spieler einige Titel gewonnen. Wie fühlt es sich für Sie jetzt aus einer anderen Perspektive an?
Bobic: Das musste jetzt auch einfach mal klappen. Jetzt war ich dreimal in sechs Jahren im Finale. Es wurde Zeit, dass ich jetzt auch mal gewinne. Es bestätigt einfach diese verdammte Arbeit, die einem Klub wie Eintracht Frankfurt unheimlich spannend ist. Da musst du rödeln, musst du machen. Das bestärkt mich einfach, dranzubleiben und weiterzumachen. Ich sage nicht: Es ist cool, jetzt werde ich mir ein schönes Haus am Main kaufen und werde ein bisschen am Strand liegen. Nein, es geht weiter, der Anspruch wird noch höher.
GettyWie ist die Stimmung in der Kabine?
Bobic: Als ich gekommen bin, war es noch ein bisschen ruhig. Es dauert ein bisschen, das alles zu verarbeiten. Das ist brutal. Mittlerweile ist die Stimmung dort sehr ausgelassen und sehr schön. Sie dürfen jetzt machen, was sie wollen. Das ist mir sowas von egal. Heute wird mit Sicherheit kein Blut genommen.
Die K.o.-Spiel-Bilanz von Niko Kovac bei der Eintracht ist beeindruckend. Relegation gewonnen, ein Pokalfinale verloren, jetzt Pokalsieger - er hat nur ein einziges K.o.-Spiel verloren. Was macht er in diesen Momenten besonders gut?
Bobic: Er hat gute Entscheidungen getroffen. Auch heute war die Aufstellung sehr gut. Wir haben uns lange darüber unterhalten, wie er es angehen möchte. Natürlich waren einige verwundert, dass Kevin-Prince in der ersten Elf im Sturm gespielt hat, dazu zwei schnelle Spieler über außen und drei Sechser. Aber es war die absolut richtige Taktik. Wenn du gegen die Bayern bestehen willst, musst du das Zentrum zumachen und ihnen auf außen Freiräume geben. Dort musst du dann aber sehr konsequent doppeln. Da müssen die Mittelfeldspieler immer wieder rüberschieben. Kloppo hat das in seiner besten Zeit mit Dortmund überragend gemacht. Das ist nicht einfach, aber die Jungs haben das super umgesetzt.
Was sagen Sie zur Leistung von Ante Rebic?
Bobic: Was soll man dazu sagen? Das zweite Tor war unfassbar. Das war eine wahnsinnige Energieleistung. Gefühlt hat er Mats Hummels in dieser Situation zehn Meter abgenommen. Wie er da durchgegangen ist, war unglaublich.
Hat er sich die Nacht mit dem Pokal verdient?
Bobic: Ich glaube, mit dem Prince wird das schwierig. Für ihn ist es eine ganz spezielle Geschichte. Die Jungs können in den nächsten Tagen tauschen, wie sie wollen. Das ist ein schönes Gefühl, glaubt mir.




