Arjen Robben FC Bayern München 27092017Getty Images

FC Bayern in Anderlecht: Eine Halbzeit als Lektion


HINTERGRUND

Lukasz Teodorczyk. So heißt der Mann, der den FC Bayern München im Alleingang hätte abschießen können. Der Stürmer des RSC Anderlecht hatte drei Chancen. Drei Großchancen. Er scheiterte aber wahlweise an Sven Ulreich oder am eigenen Unvermögen. An einem Unvermögen, das die Offensivabteilung von Paris Saint-Germain, die zeitgleich am Mittwochabend den FC Celtic mit 7:1 abgeschossen hat, wohl nicht an den Tag gelegt hätte.

Analyse: Bayern zittert sich in Anderlecht zum Sieg

Die Zuschauer im Constant-Vanden-Stock-Stadion trauten ihren Augen kaum, so sehr setzten die in lila gekleideten Underdogs aus Brüssel dem großen FC Bayern im ersten Durchgang zu. Nach einem Fehlpass von Jerome Boateng musste Ulreich bereits nach acht Minuten im Eins-gegen-eins gegen Teodorczyk retten. Der Vertreter von Manuel Neuer ahnte zu diesem Zeitpunkt wohl kaum, wie oft er in den kommenden Minuten noch gefordert sein würde. 

Ulreich musste gegen Dennis Appiah (17.) eingreifen und später noch einmal gegen Teodorczyk (39.). Dazu schoss Teodorczyk nach 40 Minuten knapp vorbei. Die erste Halbzeit gegen Anderlecht war die schlechteste unter Heynckes, wahrscheinlich sogar die schlechteste in der laufenden Saison. Sie war eine Lektion.

FC Bayern: Thiago und Robben verletzt ausgewechselt

"Das war das schlechteste Spiel seit langem. Wir haben die erste Halbzeit komplett verpennt, Anderlecht war aggressiver und den Tick schneller", kritisierte Boateng. Jupp Heynckes bemängelte: "Wir haben in der ersten Halbzeit sehr schlecht gespielt, die Mannschaft war nicht wiederzuerkennen. Wir haben das Spielfeld zu groß gemacht, haben nicht sicher kombiniert, hatten viele Ballverluste, die bei uns eigentlich völlig fremd sind. Es fehlte so vieles."

"Jeder einzelne war schlecht"

Die Bayern leisteten sich tatsächlich zu viele einfache Fehlpässe, ganz vorne dabei: Boateng, Corentin Tolisso und Arturo Vidal. Die Bayern verloren aber auch viele wichtige Zweikämpfe im Mittelfeld, machten insgesamt schlicht zu vieles falsch. "Wir haben in der ersten Halbzeit nicht in die Zweikämpfe gefunden und waren auch nicht so passstark. Damit sind wir nicht zufrieden", erklärte Ulreich. Gewonnen haben die Bayern das Spiel trotzdem, sie kamen mit einem blauen Auge davon. 

Robert Lewandowski traf nach einer ansehnlichen Kombination über James Rodriguez und Tolisso (51.), der Franzose Tolisso erzielte nach mustergültiger Flanke von Joshua Kimmich den Siegtreffer (76.). Sofiane Hanni hatte zwischendurch den Ausgleich erzielt (63.). 

"Das ist nicht unser Anspruch. Jeder einzelne Spieler war heute schlecht, jeder muss sich an die eigene Nase fassen. Der Trainer hatte uns zuvor gewarnt. Wir waren trotzdem nicht konzentriert, nicht aggressiv und zu weit auseinander. Nach diesem Spiel müssen wir erstmal wieder von vorne anfangen", konstatierte Boateng.

"Das geht heutzutage nicht mehr"

Heynckes hatte seine Elf im Vergleich zum 3:0-Sieg im Bundesligaspiel gegen den FC Augsburg auf fünf Positionen verändert: Für Mats Hummels, Rafinha, Javi Martinez, James und Juan Bernat rückten Boateng, Debütant Marco Friedl, Sebastian Rudy, Tolisso sowie Thiago Alcantara in die Anfangsformation. Die personellen Veränderungen und das offensive Loch auf der linken Seite war den Münchnern in der Folge deutlich anzumerken. Klar wurde auch, dass selbst Heynckes, der seit seiner Rückkehr nun alle neun Pflichtspiele gewonnen hat, eine klare Struktur braucht, die aktuell offenbar nur Javi Martinez auf der Sechs gewährleisten kann.

Der Trainer führte den teilweise erschreckend schwachen Auftritt aber auch auf die Einstellung seiner Schützlinge zurück. "Das hat auch etwas mit der Konzentration zu tun. Vielleicht sind wir ins Spiel gegangen und meinten: 'Anderlecht hat noch keinen Punkt, das werden wir schon locker runterspielen.' Aber das geht heutzutage nicht mehr. Das haben wir über 90 Minuten gesehen."

Heynckes wird die denkwürdige Partie intern aufarbeiten, kritisch analysieren und seine Lehren daraus ziehen. Für seine Münchner geht es am Donnerstag weiter nach Mönchengladbach, dort trifft der FC Bayern am Samstagabend im Bundesliga-Topspiel auf die derzeit einzig erfolgreiche Borussia (18.30 Uhr im LIVE-TICKER ). Anderthalb Wochen später wird ein letztes Mal in diesem Jahr die Champions-League-Hymne in der Allianz Arena erklingen, dann kommt es zum Duell mit PSG, das nach dem 0:3 im Hinspiel auch einer Revanche gleicht. "Dann", sagte Ulreich, "müssen wir natürlich eine andere Leistung an den Tag legen, viel konzentrierter und viel fokussierter spielen." Dann stehen ihm Neymar, Kylian Mbappe und Edinson Cavani gegenüber. Nicht Lukasz Teodorczyk.

Werbung

ENJOYED THIS STORY?

Add GOAL.com as a preferred source on Google to see more of our reporting

0