ONLY GERMANY Allianz Arena Bastian Schweinsteiger Abschied 28082018

Bastian Schweinsteiger sagt "Servus": Wenn Fußball-Götter Abschied nehmen


HINTERGRUND

Die Außenfassade der Münchner Allianz Arena ist bekannt für ihre Wandlungsfähigkeit. Am Dienstagabend strahlte das imposante Rund wie so oft im Rot des FC Bayern. Nichts Besonderes eigentlich, ist es doch Usus, dass das Stadion bei Heimspielen des Rekordmeisters derart fluoresziert. Diesmal dürften die zahlreichen Autofahrer auf der A9 sowie die U-Bahnreisenden, die die Haltestelle Fröttmaning passierten, allerdings über eine Besonderheit gestaunt haben. Inmitten der FCB-Klubfarben hatten einige der überdimensionalen Leuchtstoffröhren ein grelles Weiß angenommen, bildeten eine deutlich erkennbare 31, die Nummer eines Spielers, der sich einreiht in die Riege der ganz großen Vereinslegenden: Bastian Schweinsteiger.

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So lag die Vermutung – schon aufgrund der außergewöhnlichen Beleuchtung – selbst für weniger Fußballinteressierte nahe, dass im Inneren keine handelsübliche Partie ausgetragen wurde. Vielmehr bot sich dort eine Szenerie, die wohl jedem erfahrenen Arena-Gänger, demjenigen, der den Dauerdominator regelmäßig in dessen "Wohnzimmer" besucht und um die teils maue Stimmung bei herkömmlichen Bundesliga-Begegnungen weiß, eine deutlich sichtbare Gänsehaut bescherte. "Fußballgott, Fußballgott", schallte es durch die Ränge, die kurz vor Anpfiff feinsäuberlich platzierten, von den Zuschauern in der Ostkurve hochgehaltenen weiß-roten Schilder, zauberten ein "Basti is back" auf die Tribüne.

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Während die Protagonisten sich auf dem Rasen abmühten, um Schweinsteiger, der mit seinem aktuellen Arbeitgeber Chicago Fire in die Heimat gekommen war, gebührend zu verabschieden, machten gar mehrere Laola-Wellen die Runde, wofür sich die Anhänger mit lautem Applaus und "Oh, wie ist das schön"-Gesängen selbst bejubelten. Ein Fest, gegeben für einen, der mit 18 Jahren als Nobody sein Debüt im Olympia-Stadion, der alten Spielstätte der Bayern, feierte und sich Jahre später als Ikone ein letztes Mal die Ehre geben sollte.

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4:0 hieß es am Ende für den Gastgeber, dessen Trikot sich Schweinsteiger im zweiten Durchgang überstreifte, um noch einmal mit den alten Kollegen wie Arjen Robben, Thomas Müller, Franck Ribery oder Manuel Neuer zu wirbeln. Wie aus der Feder eines Star-Drehbuchautoren entsprungen, setzte der WM-Held von 2014 mit einer sehenswerten Volleyabnahme nach punktgenauer Flanke von David Alaba den Schlusspunkt und brachte das gutgelaunte Publikum kurz vor Schluss gänzlich in Ekstase.

Deutsche Sportgrößen verabschieden Bastian Schweinsteiger

Nachdem der Unparteiische das Ganze überpünktlich für beendet erklärt hatte, folgte dann noch die obligatorische Schlussrunde, die dem Hauptakteur, spätestens, als ein hochemotionales Video, in dem alle möglichen Sportgrößen der Bundesrepublik, beispielsweise Angelique Kerber, Dirk Nowitzki oder Felix Neureuther sowie die langjährigen Weggefährten Rudi Völler, Philipp Lahm und Lukas Podolski ein paar warme Worte an Schweinsteiger richteten, über die Leinwand lief, Tränen in die Augen trieb.

Schweinsteiger-Abschied FC Bayern Chicago Fire

"Ich bleibe einer von Euch“, verriet der mittlerweile im Mittelkreis angekommene, sichtlich berührte 34-Jährige seinen Fans und schob nach: "Meine Vergangenheit ist nur der FC Bayern und sonst keiner." Worte, die – vielleicht absichtlich, vielleicht auch nicht kalkuliert – als subtiler Seitenhieb gegen Jose Mourinho und Manchester United verstanden werden konnten, nachdem seine Zeit in England nach weniger als zwei Jahren wenig rühmlich, ja unangemessen, im März 2017 geendet hatte. Ein dunkles Kapitel in einer so unbefleckten Karriere, an das an diesem Abend niemand einen Gedanken verschwendete.

"Er war immer sehr beliebt bei seinen Mitspielern. Auch ich habe ihm einiges zu verdanken, weil er mich damals, als ich von Schalke zu Bayern gewechselt bin, sehr gut aufgenommen hat. Ich bin sehr froh, dass ich mit ihm zusammenspielen durfte", sagte Neuer im Anschluss in der Mixed-Zone, Alaba ergänzte: "Basti hat ein großes Herz, er ist mit der Zeit zu einem sehr, sehr guten Freund geworden." Auch Robben schwärmte über seinen Ex-Mitspieler in den höchsten Tönen: "Das war beeindruckend heute, ich hatte Gänsehaut. Es zeigt einfach, wie groß er ist. Diesen Abschied hat er sich verdient.“

Schweinsteiger FC Bayern Chicago Fire

Uli Hoeneß: "Basti steht für besondere Werte"

Lobeshymnen auf einen Fußballer, der eine erfolgreiche Ära, nicht nur bei den Bayern, sondern auch in der Nationalmannschaft geprägt hat, der, wie Präsident Uli Hoeneß später sagte, für besondere "Werte" steht, die viel zitierten Tugenden Respekt und Leidenschaft verkörpert.Ebenjenen Respekt zollte der ehemalige DFB-Kapitän abschließend dann auch den Menschen, die seinen Abschied zu diesem emotionalen Hochglanzevent mit Lichtershow und eigens für diesen Zweck entworfenen Choreografien, gemacht hatten: "Es war ein unglaublicher Abend für mich. Diesen Moment speziell mit diesen Fans zu teilen, war unvergesslich“, erklärte "Schweini" auf der Pressekonferenz nach Spielende, ehe er sich gehüllt in feinstem Zwirn gen Aftershowparty (wobei die Betonung auf Show liegt) aufmachte, die in der stadioneigenen Davidoff Lounge stieg.

Und so neigte sich ein Abend, der keinerlei sportliche Erkenntnisse zuließ, dem Ende zu. Obwohl Trainer Niko Kovac selbstredend nichts Bahnbrechendes mitnehmen konnte, Reservisten oder Jugendspieler, die zuhauf mitwirkten, sich nicht in die Startelf für das anstehende Bundesliga-Duell mit dem VfB Stuttgart am kommenden Samstag dribbelten: Wenn ein Fußball-Gott, ein Profi des Kalibers Schweinsteiger, kommt, zigtausende Menschen kurzzeitig alle Alltagssorgen vergessen, dann kann man von einem rundum gelungenen Event sprechen. In einer Zeit, in der immer wieder "echte Typen" gefordert werden, die Zunft der stets loyalen Fußballer merklich schrumpft, sollte man denjenigen, die es sich verdient haben, einen gebührenden Abschied gewähren. Ein pompöses Servus für eine Legende.

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